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# taz.de -- Medien-Skandal in Italien: Giorgia Meloni nach Drama getrennt
> Nachdem belastende Aufnahmen von Melonis Partner auftauchten, trennt
> diese sich. Der perfekte Skandal fällt in einen Streit mit Marina
> Berlusconi.
Bild: Meloni und Giambruno bald nicht mehr zusammen auf dem roten Teppich zu se…
Rom taz | Vor zwei Wochen musste Giorgia Melonis Lebensabschnittsgefährte
Andrea Giambruno überstürzt die Koffer packen, nachdem Giorgia ihn, ganz
modern [1][per Instagram-Post], am 20. Oktober vor die Tür gesetzt hatte.
Seitdem bekommt ganz Italien eine Soap Opera mit politischen Weiterungen
geboten, in der es auch um das Verhältnis der italienischen
Ministerpräsidentin nicht nur zur Berlusconi-TV-Anstalt Mediaset, sondern
auch zu Forza Italia geht, der Berlusconi-Partei, die in Melonis Koalition
sitzt.
Nur zwei Tage vor dem großen Knall hatte der 42-jährige TV-Journalist mit
der beeindruckenden Haartolle einem Magazin der Regenbogenpresse ein
längeres Interview gegeben. Da ging es auch darum, wann die beiden endlich
heiraten, schließlich predigt die [2][Postfaschistin Meloni] ja immer
wieder „Gott, Vaterland, Familie“ und outet sich gerne als stramme
Katholikin der eher konservativen Sorte, war aber seit 2014 unverheiratet
mit Giambruno zusammen, mit dem gemeinsam sie eine uneheliche Tochter in
die Welt setzte.
Im Interview hatte der gemeinhin als Gutausseher durchgehende Anchorman
noch geraunt, vielleicht seien die zwei ja längst verheiratet und hätten es
bloß niemandem erzählt. Doch kaum war das Interview raus, folgte eine
Breitseite der satirischen Mediaset-Sendung „Striscia la notizia“, das
einen Mitschnitt Giambrunos aus dessen TV-Studio, in dem er, übrigens auch
bei Mediaset, seine tägliche Sendung „Diario del giorno“ moderierte.
## Predigerin von „Gott, Vaterland, Familie“
In dem Mitschnitt sieht man einen Giambruno, der – vor Start der
Live-Übertragung – eine junge Kollegin anbaggert, dabei durchs Studio
stolziert, sich ungeniert mit Macho-Prolo-Gehabe in den Schritt fasst und
derweil säuselt, „warum bloß habe ich dich nicht früher kennengelernt, das
ist unglaublich“.
Nur einen Tag darauf legte die Satireshow mit einem weiteren Mitschnitt
nach, in dem der offenkundig testosterongesteuerte Moderator erst recht als
übergriffiger Gockel rüberkommt, der eine andere Kollegin aufklärt, er habe
da was mit einer Mediaset-Journalistin laufen, und ob sie nicht dazustoßen
wolle, für einen „Threesome“, einen flotten Dreier? Oder auch einen Vierer?
Überhaupt, bei ihm bestehe der Eignungstest darin, „dass gebumst wird“.
Gleich am nächsten Morgen hatte er dann die Kündigung, nicht vom Sender,
sondern von Meloni. „Meine Beziehung mit Andrea Giambruno endet hier“,
verkündete sie in ihrem Post kategorisch und schob nach, „unsere Straßen
haben sich schon vor einiger Zeit getrennt, es ist Zeit, dass wir dies zur
Kenntnis nehmen“. Vor allem aber jammerte sie, wer immer glaube, sie zu
schwächen, indem er sie „zu Hause attackiert“, liege falsch.
Und damit war die politische Dimension in der Welt. Wer wollte sie treffen?
Die Familie Berlusconi vielleicht, die Mediaset kontrolliert? Antonio
Ricci, Chef es Satiremagazins, das Melonis Ex mit seinen verbalen sexuellen
Belästigungen vorgeführt hatte, dementierte entschieden. Er habe ganz
allein die Ausstrahlung beschlossen – und in der Tat gilt „Striscia la
notizia“ als unkontrollierbare und unkontrollierte Exklave im
Mediaset-Reich.
## Jede Entscheidung abgeklopft
Dennoch schossen die Spekulationen ins Kraut. Hatte nicht Marina
Berlusconi, älteste Tochter des im Juni verstorbenen Patriarchen Silvio,
die Regierung Meloni noch vor wenigen Wochen hart kritisiert, weil die eine
Übergewinnsteuer für Banken einführen wollte, die dem Berlusconi-Clan mit
seiner Beteiligung an der Banca Mediolanum mehr als sauer aufstieß?
Seitdem wird in den Kommentarspalten der Zeitungen ungefähr jede zweite
Entscheidung des Kabinetts Meloni darauf abgeklopft, ob sie nicht eine
Retourkutsche gegen Mediaset, gegen die Familie Berlusconi und deshalb
gegen die Partei Forza Italia sei. Gerade berät die Rechtskoalition über
den Staatshaushalt 2024, und da sind einige Kröten für Forza Italia, aber
auch für Mediaset drin, angefangen bei Steuererhöhungen für B&B-Betreiber,
die die Steuersenkungspartei Forza Italia um keinen Preis will.
Unschöner für den politisch-unternehmerischen Berlusconi-Clan ist jedoch
die geplante Absenkung des Rundfunkbeitrags für die [3][staatliche Anstalt
RAI] von bisher 90 Euro auf 70 Euro jährlich – mit der Folge, dass die RAI
in Zukunft als härtere Konkurrentin von Mediaset beim Kampf um
Werbeeinnahmen auftreten wird. Jedenfalls verlor die Mediaset-Aktie in den
zwei Wochen seit dem Ausbruch des Giambruno-Gate an der Börse schon rund
13%.
## Giambruno von nun an nur im Off
Einigermaßen ohne weitere Blessuren kommt dagegen Giambruno selbst davon.
Ursprüngliche Gerüchte, er könne nicht nur zu Hause, sondern auch beim
Sender rausfliegen, haben sich nicht bestätigt. Als Moderator soll er zwar
nicht mehr auftreten – doch er bliebt „Koordinator“ der täglichen
Nachmittagssendung. Das ist womöglich besser für ihn, denn nicht nur im
Off, sondern auch vor der Kamera war er in den letzten Monaten für diverse
Peinlichkeiten gut.
Im Juli hatte er angesichts der extremen Hitzewelle kommentiert, heiße Tage
zu dieser Jahreszeit seien doch „keine große Nachricht“. Und den deutschen
Gesundheitsminister Karl Lauterbach, der auf Toskanabesuch mitgeteilt
hatte, das Extremwetter werde langfristige Folgen für Italiens Tourismus
haben, hatte er mit dem Rat abgefertigt, Lauterbach solle halt lieber „in
den Schwarzwald“ fahren.
Im August fiel Giambruno zu einem [4][Vergewaltigungsfall] nur ein, die
Frauen sollten sich gefälligst nicht betrinken, sonst „stoßen sie auf ihren
Wolf“. Und im September bezeichnete er die Überfahrten von Migrant*innen
übers Mittelmeer als „transumanza“, als „Herdenwanderung aus Afrika“.
## Meloni werde dem Satiriker dankbar sein
Solche Entgleisungen gehören für Giambruno der Vergangenheit an, während
Meloni sich samt Familie weiter in der Opferrolle gefällt. Die ältere
Schwester Arianna, gerade zur Organisationssekretärin der
postfaschistischen Fratelli d’Italia befördert und damit hinter Giorgia zur
zweitmächtigsten Frau in der Partei geworden, giftete gegenüber
Journalist*innen, sie trieben doch bloß „Gossip“.
Anders sieht Antonio Ricci, der Chef des Satiremagazins, das Giambrunos
sexistische O-Töne publik gemacht hatte, den Fall. Eines Tages werde
Giorgia ihm „dankbar“ sein, schließlich sei es „nicht Schuld des Klempne…
wenn er auf einen Wasserschaden aufmerksam macht“.
2 Nov 2023
## LINKS
[1] https://www.instagram.com/p/CynFXCVMUSM/
[2] /Ein-Jahr-Meloni/!5959210
[3] /Pressefreiheit-in-Italien-bedroht/!5918833
[4] /Nach-Vergewaltigungsfaellen-in-Italien/!5952861
## AUTOREN
Michael Braun
## TAGS
Giorgia Meloni
Italien
Medien
Satire
Rechtspopulismus
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