# taz.de -- Italienischer Supercup in Saudi-Arabien: Zwei Clubs zaudern | |
> Der SSC Neapel und AC Florenz wollen nach der Eskalation im Nahen Osten | |
> nicht beim Supercup in Saudi-Arabien antreten. Ersatz steht schon bereit. | |
Bild: 2022 empfing Lautaro Martinez von Inter Mailand die Trophäe aus saudisch… | |
Der Krieg in Israel kommt Neapels Patron Aurelio De Laurentiis entgegen. | |
Der Filmproduzent war nie ein großer Freund der italienischen Supercups im | |
Ausland. Selten genug war sein Team dafür auch qualifiziert. J[1][etzt ist | |
Neapel aber Meister] und automatisch dabei. | |
De Laurentiis nutzt jedoch die militärischen Auseinandersetzungen in Israel | |
für eine Infragestellung des Supercup-Projekts in Saudi-Arabien: „Seht ihr | |
denn nicht, was gerade in Israel passiert, womöglich mit Flugverbot in der | |
Region? Und dann bringen wir mit 4 Fliegern 120 Spieler dorthin? Alles nur | |
für ein paar Milliönchen mehr?“ Der durch die gerade erlittene Niederlage | |
seines Teams gegen den AC Florenz recht aufgewühlte Präsident machte seinem | |
Herzen Luft. | |
23 Millionen Euro soll das neue Format den vier beteiligten Teams bringen. | |
Vier der nächsten sechs Supercup-Finals sind bereits an Saudi-Arabien | |
vergeben, das mit seiner Sportoffensive weiter voranschreitet. De | |
Laurentiis gehört zu den wenigen prominenten Sportmanagern, die ganz offen | |
die ethischen Probleme dabei benennen. „Die arabischen Länder müssen sich | |
den Regeln anpassen, was Frauenrechte und Arbeitsrechte angeht“, forderte | |
er. | |
Und der eigenen Branche schrieb er ins Stammbuch: „Wenn man vom Sport | |
redet, geht es um Gesundheit und Wohlbefinden. Und wenn das nicht befördert | |
wird, muss mich das in Sorge versetzen.“ Mit dieser Haltung wünscht man | |
sich den oft vogelwild argumentierenden Vereinsboss vom Vesuv geradezu in | |
die Chefsessel von Fifa und IOC. | |
## Supercup in Libyen | |
Die graue Masse an Spitzenfunktionären im Sport folgt aber weiter stur dem | |
Lockruf des Geldes. Die italienischen Vertreter des Fußballs waren früh | |
dabei. Schon 2002 waren beim Supercup Petrodollars im Spiel. Juventus Turin | |
und AC Parma trafen in der libyschen Hauptstadt Tripolis aufeinander. Die | |
Gründe waren selbsterklärend. Der Sohn [2][vom Staatschef Muammar | |
al-Gaddafi war leidenschaftlicher Fußballer.] Außerdem war der Staatsfonds | |
des an Erdöl reichen Landes – kaum etwas anderes als die Privatschatulle | |
des neun Jahre später getöteten Herrschers – Minderheitsaktionär bei | |
Juventus und beim Mutterkonzern Fiat. | |
Der Ausflug war politisch äußerst umstritten und sportlich ein großes | |
Debakel, was vor allem am Spielfeld lag. „Es glich eher einer Partie | |
Beachsoccer“, blickte die Gazzetta dello Sport spöttisch zurück. Kaum | |
besser muss der Rasen beim Ausflug ein Jahr später in die USA gewesen sein. | |
Und auch der nächste Expansionstrip war bizarr. Als „Kartoffelacker mit | |
Schlammpfützen“ ging das Braungrün des Pekinger Nationalstadions im Jahr | |
2009 in die Supercup-Annalen ein. Über die Stadionlautsprecher wurde auch | |
nicht die Hymne vom Finalisten Lazio Rom, sondern die des AS Rom | |
eingespielt. In Peking fehlte es an der nötigen Sachkenntnis für solche | |
Feinheiten. | |
Das nächste Kapitel wurde mit den historisch schlecht besuchten Ausflügen | |
nach Doha (2014 mit 14.000 Besuchern, 2016 mit 11.356) aufgeschlagen, bevor | |
2019 die Hafenstadt Dschidda die saudische Phase dort einleitete. | |
Das Geld nehmen die teilnehmenden Klubs gern entgegen. Für Neapel und den | |
ebenfalls zaudernden AC Florenz brachten italienische Medien als Ersatz | |
schon den AC Mailand und Atalanta Bergamo (4. und 5. der letzten Saison) | |
ins Spiel. Meister Inter Mailand und Pokalsieger Lazio ließen bisher keine | |
Unlust am Trip in die Wüste erkennen. | |
Für Stirnrunzeln sorgt immerhin der dichte Kalender. Der ursprüngliche | |
Termin zwischen dem 4. und 8. Januar 2024 wurde auf Bitte der saudischen | |
Organisatoren drei Wochen nach hinten verlegt. Er kollidierte [3][mit dem | |
spanischen Supercup] und der Fifa Klub-WM Ende Dezember. Für den neuen | |
Zeitraum müssen aber Ansetzungen der Serie A sowie Achtel- und | |
Viertelfinale der Coppa Italia verlegt werden. Die allgemeine | |
Sicherheitslage könnte den Ausflug nun komplett platzen lassen – und zu | |
einer Neubewertung auch anderer Sportgroßveranstaltungen in der Region | |
führen. | |
11 Oct 2023 | |
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## AUTOREN | |
Tom Mustroph | |
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