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# taz.de -- Kommentar Globalisierter Fußball: Madrid oder London? Amerika!
> Spaniens La Liga will Pflichtspiele in den USA austragen. Eine neue Stufe
> der fußballerischen Globalisierung wird erklommen.
Bild: Nur ein Vorgeschmack: Spiel des FC Barcelona gegen Inter Mailand in Santa…
Spaniens jüngstes Supercup-Finale zwischen Atlético und Real Madrid wurde
in Tallinn ausgetragen. Der italienische Supercup fand 2009 in Peking statt
und seither an wechselnden Orten wie Doha, Schanghai und 2019 in Riad,
Saudi-Arabien. Viel Expansion also, doch die spanische Liga ist der
Konkurrenz jetzt mit dem nächsten Schritt globaler Vermarktung
zuvorgekommen: Regelmäßig soll es ein Ligaspiel in den USA geben.
Es ist der bisher ernsthafteste Versuch der Spanier, die weltweite Dominanz
der englischen Premier League zu brechen. Der neue Ableger heißt La Liga
North America, und dessen Pläne sind durchaus umfassend: Neben dem
Ligaspiel soll es etwa neue Jugendakademien, Ausbildung von
Nachwuchstrainern und Marketing in den USA und Kanada geben.
Die USA mit ihrer großen lateinamerikanischen Population sind ein sinniger
Markt. Unternehmenschef Boris Gartner kommt vom mexikanischen
Medienunternehmen Televisa; er weiß also vielleicht, was Latinos wollen.
Während in Europa und den USA der Widerstand der Verlierer der
Globalisierung blüht, fängt diese im Fußball gerade richtig an. La Liga
macht es konsequenter, aber auch die Premier League diskutiert über
Pflichtspiele in den USA. Und Pre-Season-Games gibt es schon seit Jahren.
## Koloniale Logik
Längst ist denkbar, dass die Ligen weltweit stattfinden. Wintereröffnung in
Katar, dann zwei Spiele im Heimatland, dann Japan, und das Pokalfinale in
Mexiko. Wird es ein Proletariat der Heimatklubs geben, die sich
trumpistischen Ansichten zuwenden, ein fußballerischer Rust Belt? Und die
alten ersten Ligen als kleine Ligen für die Heimfans, überschattet von der
europäischen Weltliga? Die heimischen Märkte sind nahezu gesättigt, es
bleiben nur die weißen Flecken auf der Weltkarte.
Die Premier League dürfte schnell nachziehen. Die Bundesliga wird sich die
Frage stellen müssen, wie lange sie sich dieser Dynamik mit halbgaren
Promoreisen durch Asien oder die USA noch entziehen kann. Es ist eine
koloniale Logik von Plätzen an der Sonne, die sich teils in den alten
Bahnen bewegt.
Süd- und Mittelamerika sind qua sprachlicher und kultureller Nähe das
Territorium der spanischen Vereine, die englischen Klubs dominieren in
Afrika. Italien indessen, einst einer der Vorreiter dieser Expansion, hat
durch den Niedergang der Serie A den Anschluss verloren.
## Spitzenfußball wird gerechter verteilt
Dass Spanien die Vormachtstellung der Briten angreifen kann, ist zurzeit
aus mehreren Gründen unwahrscheinlich. Zunächst existieren trotz des
Aufstiegs von Atlético international nur Real und Barcelona. Zum Zweiten
ist dieses Duell vor allem auf die Rivalität zwischen Messi und Ronaldo
gegründet, die beide im November ihrer Karriere stehen, und einer ist schon
weg.
Die Premier League hat dagegen eine Dominanz, die sich an Vereinen
orientiert, nicht an Einzelpersonen. Sie hat das stabilere wirtschaftliche
Fundament im Vergleich zu den hoch verschuldeten spanischen Riesen, die
besseren Trainer und den spannenderen Wettbewerb. Solange die Ligen in
Deutschland, Frankreich und Spanien so vorhersehbar sind, kommt niemand an
England vorbei.
Diese Expansion muss man nicht nur beklagen. Spitzenfußball wird jetzt
gerechter verteilt. Europa verliert sein Monopol auf Live-Spitzenfußball.
Investitionen, Internate, Akademien im Ausland schaffen Chancen. Und bei
einer Weltliga kommt womöglich ein findiger Geschäftsmann auf die Idee,
viel Geld in einen lokalen FC Africa zu stecken.
Der grundsätzliche Fehler dieser Entwicklung aber ist der, dass sie nicht
zur Teilhabe geschieht – sondern in tiefer Verachtung der jeweiligen
Länder, die als Märkte betrachtet werden, nicht als Partner. Wo man nur so
viel ausgibt, wie nötig ist, um sich das Maximum zu nehmen. Wo man zum
Finale in Riad vorbeischaut, und ganz sicher nie in Gambia. Die dürfen nur
Trikots kaufen.
17 Aug 2018
## AUTOREN
Alina Schwermer
## TAGS
Fußball
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Spanien
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Zinedine Zidane
FC Barcelona
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