# taz.de -- Syriens Diktator zu Besuch in China: Xi macht Assad wieder salonfä… | |
> Jahrelang musste er fernbleiben, nun hat Syriens Präsident Assad wieder | |
> China besucht. Das Treffen zeigt Pekings wachsenden Einfluss in Nahost. | |
Bild: Chinesisch, bunter Empfang für den Diktator | |
PEKING taz | Es ist bisweilen befremdlich, wem die Volksrepublik China den | |
roten Teppich ausrollt: Seit Baschar al-Assad am Donnerstag in einer | |
Air-China-Maschine in Hangzhou gelandet ist, werden der syrische Präsident | |
und seine First Lady wie Superstars gefeiert. Alle öffentlichen | |
Programmpunkte, darunter der Besuch eines buddhistischen Tempels, finden | |
unter dem Blitzlichtgewitter der euphorischen Staatsjournalisten und unter | |
ständigen Applaus jubelnder Zuschauer statt. | |
Am Freitag ist Assad mit Staatschef Xi Jinping zu Gesprächen | |
zusammengekommen. Auch hier waren ausschließlich positive Signale zu | |
vernehmen. Xi sprach laut Angaben der Nachrichtenagentur Xinhua von einer | |
„stärker gewordenen“ Freundschaft zwischen den zwei Ländern. China sei | |
zudem weiterhin bereit, Syrien dabei zu unterstützen, „Einmischung von | |
außen“ abzuwehren. Nicht zuletzt haben die zwei Staatsoberhäupter eine | |
gemeinsame „strategische Partnerschaft“ beschlossen, ohne jedoch konkrete | |
Inhalte der Abmachung bekannt zu geben. | |
Für den syrischen Präsidenten ist es der erste China-Besuch seit fast | |
zwanzig Jahren. Aus Sicht Assads ist offensichtlich, warum es überaus | |
gewinnbringend ist, sich mit einem solch politisch mächtigen und | |
wirtschaftlich potenten Staat wie China gut zu stellen. So dürfte China | |
eine wichtige Rolle beim [1][Wiederaufbau des zerrütteten Landes] spielen | |
und auch dabei helfen, dessen Isolation zu durchbrechen. | |
Mehr noch: Assad, der vom Westen weitgehend als Paria behandelt wird, | |
dürfte durch Chinas Avancen wieder salonfähig auf dem internationalen | |
Parkett werden. Im Mai wurde Syrien bereits wieder in den Reihen der | |
Arabischen Liga begrüßt, nachdem diese das Land 2011 wegen der | |
Niederschlagung von Protesten suspendiert hatte. | |
Warum jedoch Peking „den Schlächter aus Damaskus“ derart hofiert, liegt | |
weniger auf der Hand. Rein wirtschaftlich ist die Volksrepublik zwar | |
mittlerweile mit jährlichen Exporten von über 420 Millionen US-Dollar der | |
wichtigste Handelspartner Syriens, doch für chinesische Verhältnisse sind | |
das eher Peanuts. Und bislang agieren auch die Unternehmen eher | |
zurückhaltend: Ein zwei Milliarden Dollar teurer Industriepark, den man in | |
Syrien errichten wollte, hat sich bislang als leeres Versprechen | |
herausgestellt. Die Angst, gegen westliche Sanktionen zu verstoßen, ist | |
größer als kurzfristige Renditen. | |
Was Syrien aus chinesischer Sicht dennoch wirtschaftlich attraktiv macht, | |
ist die geografische Lage des Landes: Syrien hat Zugang zum Mittelmeer und | |
könnte für den chinesischen Warenverkehr eine zunehmend wichtige | |
Transitrolle spielen. | |
Bedrohung durch ehemalige IS-Kämpfer | |
Vor allem jedoch ist es China wichtig, eine Regierung zu unterstützen, die | |
Pekings Bemühungen zur Terrorismus-Bekämpfung teilt. Denn laut Pekings | |
Angaben haben sich in den letzten Jahren tausende Uiguren – die muslimische | |
Minderheit aus der nordwestchinesischen Region Xinjiang – radikalisiert und | |
auf Seiten des sogenannten „Islamischen Staats“ (IS) in Syrien gekämpft. | |
Dass die Islamisten nun möglicherweise als Unabhängigkeitskämpfer zurück | |
nach Xinjiang kommen könnten, wertet die Parteiführung in Peking als | |
elementare Bedrohung. | |
Nur in diesem Kontext ist zu verstehen, warum China nach Kriegsbeginn in | |
Syrien und trotz der fürchterlichen Verbrechen der Assad-Regierung stets zu | |
Damaskus gehalten hat. Im UN-Sicherheitsrat etwa stimmte Peking konsequent | |
gegen wirtschaftliche Sanktionen. | |
Mit seiner pragmatischen, langfristigen, aber auch moralisch indifferenten | |
Perspektive ist die Volksrepublik China längst zum wichtigen Player in der | |
arabischen Welt geworden. Am eindrücklichsten hat Peking dies demonstriert, | |
[2][als es im März die Normalisierung diplomatischer Beziehungen zwischen | |
Iran und Saudi-Arabien vermittelte] – sehr zum Ärger der Vereinigten | |
Staaten, deren Einfluss in der Region abnimmt. China hingegen ist es | |
gelungen, zu allen Staaten der Region vergleichsweise gute Beziehungen zu | |
unterhalten, vor allem aufgrund seiner wirtschaftlichen Macht als Investor | |
und Käufer von Öl. | |
22 Sep 2023 | |
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## AUTOREN | |
Fabian Kretschmer | |
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