# taz.de -- UNESCO-Welterbe: Erfurts jüdisches Erbe ist Weltkultur | |
> Die UN-Kulturorganisation zeichnet Bauten in der Erfurter Altstadt sowie | |
> den antiken Tell es-Sultan bei Jericho als kulturelles Erbe der | |
> Menschheit aus. | |
Bild: Moderne Architektur steht über dem 2007 entdeckten mittelalterlichen Rit… | |
ERFURT/RIAD/JERICHO/BONN dpa/ap/epd | Die Unesco hat das | |
jüdisch-mittelalterliche Erbe in Thüringens Landeshauptstadt Erfurt als | |
neues Welterbe ausgezeichnet. Das entschied die UN-Kulturorganisation am | |
Sonntag auf ihrer laufenden Sitzung im saudi-arabischen Riad. Ausgezeichnet | |
wurden unter anderem mehrere Bauten der Altstadt, darunter ein vor rund 16 | |
Jahren durch Zufall entdecktes mittelalterliches Ritualbad (Mikwe), das | |
vermutlich um 1250 errichtete sogenannte Steinhaus sowie Erfurts Alte | |
Synagoge. In Deutschland gibt es damit nun 52 Welterbe-Stätten. | |
„Die Aufnahme des Jüdisch-Mittelalterlichen Erbes in Erfurt als neue und | |
zweite jüdische Stätte in die Liste des Unesco-Welterbes leistet einen | |
weiteren, wichtigen Beitrag, die gemeinsamen Wurzeln von Juden und Christen | |
in Deutschland und Europa sichtbar zu machen und für die Zukunft zu | |
bewahren“, sagte Deutschlands Botschafterin bei der Unesco, Kerstin | |
Püschel. Die [1][neue Welterbestätte] fördere das Verständnis für die | |
kulturelle Vielfalt in Deutschland und den gegenseitigen Respekt für das | |
vielschichtige historische Erbe. | |
Vor zwei Jahren hatte die Unesco erstmals jüdisches Kulturgut in | |
Deutschland ausgezeichnet. Die sogenannten Schum-Stätten in Mainz, Worms | |
und Speyer erhielten damals als eine Wiege des europäischen Judentums den | |
Welterbe-Titel. | |
Erfurts Alte Synagoge gilt als eine der ältesten, bis zum Dach erhaltenen | |
Synagogen in Mitteleuropa. Nach einem Pogrom in der Stadt im Jahr 1349, bei | |
dem quasi die gesamte jüdische Gemeinde ausgelöscht wurde, wurde die | |
Synagoge zunächst zu einem Lagerhaus umfunktioniert und später als | |
Gaststätte sowie Tanzsaal genutzt. Die Stadt vermutet, dass das Gebäude aus | |
diesem Grund später vor der Zerstörung durch die Nazis bewahrt wurde. | |
Heute befindet sich in der Alten Synagoge, deren älteste Bauspuren um 1094 | |
datiert werden, ein Museum. Ausgestellt werden Zeugnisse des jüdischen | |
Lebens im mittelalterlichen Erfurt. Dazu gehören mehrere Tausend | |
Silbermünzen und –barren sowie Gold- und Silberschmiedearbeiten aus dem 13. | |
und 14. Jahrhundert. Als bedeutendstes Stück gilt ein goldener | |
Hochzeitsring. | |
Forscher vermuten, dass dieser sogenannte Erfurter Schatz während des | |
Pogroms 1349 vergraben wurde. Entdeckt wurde er bei archäologischen | |
Untersuchungen 1998 nahe der Alten Synagoge. Bei dem Pogrom wurde das | |
jüdische Viertel um die Synagoge herum in Brand gesetzt, fast alle der rund | |
1000 Mitglieder der jüdischen Gemeinde starben. Forscher gehen, wenn | |
überhaupt, nur von wenigen Überlebenden aus. | |
Rund 15 Jahre lang arbeitete Erfurt an der Bewerbung um eine Anerkennung | |
als Weltkulturerbe. Die Stadt übertrug die Auszeichnung am Sonntag bei | |
einem Public Viewing. | |
Die 45. Sitzung des Welterbekomitees der Unesco sollte eigentlich im Juni | |
2022 in Russland stattfinden. [2][Wegen des russischen Angriffskriegs auf | |
die Ukraine] wurde sie jedoch verschoben und wird nun in Riad nachgeholt. | |
## Ruinen bei Jericho als UNESCO-Welterbestätte eingestuft | |
Ruinen in der Nähe der Stadt Jericho im Westjordanland werden von der | |
UN-Kulturorganisation Unesco als Welterbestätte in Palästina anerkannt. | |
Dafür wurde am Sonntag bei einem Treffen des zuständigen UN-Komitees in | |
Riad gestimmt. Der Schritt dürfte Israel verärgern, das das Westjordanland | |
kontrolliert und keinen palästinensischen Staat anerkennt. | |
Jericho ist eine der ältesten kontinuierlich besiedelten Städte der Welt. | |
Die Stadt befindet sich in einem Teil des von Israel besetzten | |
Westjordanlands, der von der international anerkannten Palästinensischen | |
Autonomiebehörde verwaltet wird. Heute ist Jericho auch wegen seiner Nähe | |
zum Toten Meer ein beliebtes Touristenziel. Als Welterbe eingestuft wurde | |
die archäologische Stätte Tell es-Sultan, in der sich Ruinen aus dem 9. | |
Jahrtausend vor Christus befinden. | |
Israel trat 2019 aus der Unesco aus. Das Land warf der Organisation | |
Voreingenommenheit vor. Die Unesco schränke die israelischen Verbindungen | |
zum Heiligen Land ein, hieß es. Zudem lehnte Israel es ab, dass die Unesco | |
2011 Palästina als Mitgliedsstaat aufgenommen hatte. Allerdings gehört | |
Israel noch zur Welterbe-Konvention. Es entsandte eine Delegation zu dem | |
Treffen in Saudi-Arabien. | |
Israel hatte das Westjordanland 1967 im Nahost-Krieg eingenommen. Die | |
Palästinenser wollen das Gebiet für einen eigenen Staat. Für Israel ist das | |
Westjordanland das biblische und kulturelle Zentrum des jüdischen Volks. | |
Der palästinensische Präsident Mahmud Abbas sagte, die Anerkennung von Tell | |
es-Sultan zeige die „Authentizität und Geschichte des palästinensischen | |
Volks“. Er sagte weiter, „der Staat Palästina setzt sich für den Erhalt | |
dieser einzigartigen Stätte zum Wohle der Menschheit ein“. | |
## Vulkane auf Martinique und Waldmassiv im Kongo | |
Das Unesco-Welterbekomitee hat bei seiner Sitzung im saudi-arabischen Riad | |
zwei neue Welterbestätten in Afrika und in der Karibik ausgezeichnet. Neben | |
einzigartigen Vulkanen und Wäldern auf Martinique sei das Waldmassiv | |
Odzala-Kokoua in der Republik Kongo in die Liste des Kultur- und Naturerbes | |
der Welt aufgenommen worden, teilte die Deutsche Unesco-Kommission am | |
Samstag in Bonn mit. Außerdem sei beschlossen worden, zwei Welterbestätten | |
in Madagaskar und Vietnam zu vergrößern. | |
Die neue Naturerbestätte auf der zu Frankreich gehörenden Insel Martinique | |
umfasst den Angaben zufolge den Gebirgszug Pitons du Carbet und den Vulkan | |
Mont Pelée sowie die umliegenden Wälder. Dort seien über 1.000 Pflanzen- | |
und mehrere nur dort bekannte Tierarten wie der Martinique-Lanzenotter oder | |
das Martinique-Mausohr beheimatet, hieß es. | |
Das Waldmassiv Odzala-Kokoua im gleichnamigen Nationalpark in der Republik | |
Kongo weist laut Unesco eine außergewöhnliche Vielfalt an seltenen | |
Ökosystemen auf. Das Gebiet sei die Heimat zahlreicher Tierarten, darunter | |
einer seltenen Population von Tüpfelhyänen. | |
Das Welterbekomitee tagt noch bis zum 25. September in Saudi-Arabiens | |
Hauptstadt Riad. Auf der Liste des Unesco-Welterbes stehen derzeit mehr als | |
1.100 Kultur- und Naturstätten in 167 Ländern. 56 davon gelten als bedroht. | |
[3][Deutschland verzeichnet 51 Welterbestätten.] | |
17 Sep 2023 | |
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