# taz.de -- Wenn eine Zusage wie ein Rauswurf klingt: Kieler Kommunikationsdesa… | |
> Das Kieler Innenministerium wollte neu ausgebildeten Polizist*innen | |
> mitteilen, dass sich ihr Job-Einstieg verschiebt. Die Briefe verstand | |
> niemand. | |
Bild: Da gab's noch kein Brief-Problem: Ministerin Sabine Sütterlin-Waack 2020… | |
„Wir müssen Ihnen leider mitteilen“ – trotz aller Klagen über sinkende | |
Lesekompetenz dürften die meisten Menschen diesen Satz klar verstehen: So | |
beginnt eine schlechte Nachricht. Aber was sonst überall gilt, gilt noch | |
nicht in Schleswig-Holstein: Mit diesem „leider“ beginnt ein Brief des | |
Kieler Innenministeriums, in dem Anwärter*innen für den Polizeidienst | |
die verbindliche Zusagen für eine Dienststelle erhalten. Äh, geht’s noch? | |
Zur Ehrenrettung des Ministeriums sei gesagt: Die Sache ist nicht ganz | |
einfach. Weil in den vergangenen Jahren rund 20 Prozent der angehenden | |
Polizist*innen die Ausbildung abbrachen, stellte das Land dieses Mal | |
mehr Anwärter*innen ein. Von denen traten zwar 58 erst gar nicht in der | |
[1][Polizeischule Eutin] an, aber der Rest des 2023er-Jahrgangs ist gut. | |
Mehr Kandidat*innen als erwartet erreichten den Mindest-Notenschnitt, | |
viele waren deutlich besser. | |
Aufgrund des [2][Fachkräftemangels] will das Land nun gern alle halten – | |
kann nur nicht alle sofort einstellen, schließlich muss es ja freie Spinde, | |
Schreibtische und Dienstwagen für die Neuen geben. Also: Ja, es gibt Jobs, | |
aber halt erst in einigen Monaten. | |
Blöderweise erklärt das Land das nicht so, dass die Betroffenen es | |
kapieren. Einen Brief, den das Innenministerium im Juli an | |
Anwärter*innen schickte, verstanden viele so, als rate das Land ihnen | |
davon ab, bei der Polizei anzufangen: Sie könnten doch nach der Ausbildung | |
einfach ein Jahr Pause machen, hieß es dort sinngemäß. | |
Wie sie die Leerlaufphase finanzieren, was sie in der Zeit anfangen | |
könnten, dazu gab es keinen Vorschlag. Die Gefahr, dass die frisch | |
ausgebildeten Kräfte in andere Bundesländer abwandern, war daher groß. Nach | |
Protesten musste Innenministerin Sabine Sütterlin-Waack (CDU) dann zugeben, | |
dass das „unglücklich“ sei. | |
## Die Opposition freut sich | |
Auf die Kommunikationspanne im Juli setzt das Ministerium noch einen drauf, | |
den „leider“-Brief, der sich an Anwärter*innen für den mittleren und | |
höheren Dienst richtet. Das Problem: Ihnen war zugesagt worden, dass sie im | |
Februar anfangen könnten. Nun wurden sie auf August 2024 vertröstet – und | |
das Ganze ist so schräg formuliert, dass die meisten wohl mehrfach lesen | |
mussten, um zu begreifen, dass sie keine Ab-, sondern eine Zusage erhalten | |
haben. Wieder gab es keinen Vorschlag, wie sie die Zwischenzeit überbrücken | |
sollten. | |
Dieses Mal entschuldigte sich Staatssekretärin Magdalena Finke im Innen- | |
und Rechtsausschuss des Landtags: Die Schreiben seien „sehr unglücklich“. | |
Beim nächsten in den Sand gesetzten Brief dürfte wieder die Ministerin dran | |
sein. Formulierungsvorschlag: Sie könnte die Aktion „richtig, richtig doll | |
unglücklich“ nennen. | |
Dass Behörden sich schwer tun in der Kommunikation mit dem Volk, ist | |
altbekannt. Aber ein Schreiben, mit dem ein Ministerium junge Fachkräfte an | |
sich binden will, klingen zu lassen wie einen Rauswurf, dürfte einmalig | |
sein. | |
Immerhin freut sich die Opposition über die Chance, den missglückten | |
Behördensprech zu kritisierten: „Enttäuschend“ und „schräg“ nennt Ni… | |
Dürbrook (SPD) den Vorgang. Die [3][Gewerkschaft der Polizei] beklagt, die | |
Debatten hätten zu Verunsicherungen geführt, und fordert, das Land möge die | |
Anwärter*innen nun rasch einstellen. Und möglichst so, dass die | |
Betreffenden es auch verstehen. | |
6 Oct 2023 | |
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## AUTOREN | |
Esther Geißlinger | |
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