| # taz.de -- Energieschulden in Berlin: Härtefallfonds wird kaum genutzt | |
| > Nur wenige Berliner:innen haben bislang Hilfen bei Energieschulden | |
| > beantragt. Der Senat rechnet dennoch damit, dass deren Zahl bald steigt. | |
| Bild: Alles halb so wild? Folgt man den Zahlen des Senats, war Energiearmut bis… | |
| Berlin taz | Die Anfang des Jahres aufgelegte Unterstützung für | |
| Berliner:innen, die von Strom- oder Gassperren bedroht sind, wird kaum | |
| genutzt. Bis Ende Juli wurden lediglich 608 Anträge auf Gelder aus dem | |
| Härtefallfonds Energieschulden gestellt, wobei nur in 178 Fällen auch | |
| tatsächlich Geld floss. Das geht aus einer Antwort der Senatsverwaltung für | |
| Soziales auf eine Schriftliche Anfrage der Grünen im Abgeordnetenhaus | |
| hervor. Zuerst hatte die Tageszeitung nd berichtet. | |
| Die Zahlen überraschen insofern, als nach offiziellen Angaben bereits im | |
| Jahr 2021 rund 14.000 Berliner Haushalte von Strom- oder Gassperren | |
| betroffen waren. Vor dem Hintergrund der gestiegenen Energiepreise musste | |
| davon ausgegangen werden, dass sich die Situation für von Energiearmut | |
| betroffene Berliner:innen massiv verschärft. | |
| Der vom rot-grün-roten Vorgängersenat [1][Ende vergangenen Jahres] | |
| aufgesetzte Härtefallfonds sollte und soll dabei „Sicherheit im Ernstfall“ | |
| bieten, sagt Stefan Strauß, der Sprecher von Sozialsenatorin Cansel | |
| Kiziltepe (SPD). 20 Millionen Euro wurden für den Härtefallfonds im Rahmen | |
| des letzten [2][Nachtragshaushalts] locker gemacht, nur 280.000 Euro sind | |
| bisher geflossen. Waren die Befürchtungen vor massenhafter „Energiearmut“ | |
| also übertrieben? | |
| Wohl kaum, heißt es von den Grünen. „Angesichts der Vielzahl von | |
| Berliner:innen, die von explodierenden Energiepreisen betroffen sind, sind | |
| gerade einmal 608 Antragsstellende ein Beleg dafür, dass der Härtefallfonds | |
| nicht genügend Menschen mit Energieschulden erreicht“, sagt Taylan Kurt, | |
| der sozialpolitische Fraktionssprecher zur taz. | |
| ## Grüne fordern aufsuchende Beratung | |
| Kurt verweist zudem auf die hohe Quote abgelehnter Anträge. Über die Hälfte | |
| davon betraf Haushalte, die, so Kurt, zwar „keine konkret terminierten | |
| Sperrandrohungen, aber schon konkrete Strom- und Gasschulden“ hatten. „Es | |
| bleibt offen, was aus diesen Personen in finanzieller Not geworden ist“, | |
| sagt der Grünen-Abgeordnete. | |
| Auch ansonsten liege bei der praktischen Umsetzung Hilfsmaßnahme vieles im | |
| Argen. Kurt ist überzeugt: „Damit der Härtefallfonds seinen Zweck erfüllt, | |
| muss der Senat den Fonds mit aufsuchender Beratung weiterentwickeln.“ | |
| Anders gesagt: Viele Berliner:innen mit mittleren, niedrigen oder gar | |
| keinem eigenen Einkommen wüssten entweder nichts von der möglichen | |
| Unterstützung oder scheiterten an der Beantragung. | |
| Kein Grund zur Panik, erwidert die Sozialverwaltung. „Der Härtefallfonds | |
| ist breit bekannt“, sagt Sprecher Stefan Strauß. Nur der Run auf die Hilfe | |
| sei letztlich niedriger ausgefallen als befürchtet. Auch sei das Ende der | |
| Fahnenstange möglicherweise noch gar nicht erreicht. „Die hohen | |
| [3][Betriebskostennachzahlungen] könnten auch noch kommen“, sagt Strauß zur | |
| taz. | |
| Fonds soll verstetigt werden | |
| So sind nach seinen Angaben seit Ende Juli dann auch bereits zahlreiche | |
| neue Anträge eingegangen. Stand Mittwoch dieser Woche komme man bereits auf | |
| eine Gesamtzahl von 811 Anträgen, „Tendenz stark steigend“. Inzwischen | |
| ziehe die Zahl der „Sperrandrohungen“ folglich sichtbar an. | |
| Immerhin: „Der Berliner Senat plant eine Verstetigung des Härtefallfonds“, | |
| heißt es in der jetzt veröffentlichten Antwort der Sozialverwaltung auf die | |
| Grünen-Anfrage. Im 4. Quartal 2023 wolle man die Entlastungsmaßnahme | |
| evaluieren. Dann sei es Sache des Abgeordnetenhauses, die entsprechenden | |
| Mittel zu beschließen und in den Doppelhaushalt 2024/25 einzustellen. | |
| Bislang befindet sich an der entsprechenden Stelle des vom Senat | |
| vorgelegten Haushaltsgesetzentwurfs lediglich ein sogenannter Merkposten – | |
| in Höhe von 1.000 Euro pro Jahr. | |
| 7 Sep 2023 | |
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| ## AUTOREN | |
| Rainer Rutz | |
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