# taz.de -- Verhandlungsversuche im Krieg in Sudan: Bis zum letzten Mann | |
> Die Vermittlung zwischen den Kriegsparteien in Sudan ist schwer, beide | |
> wollen weiter kämpfen. Doch nun bietet sich Südsudan als Mediator an. | |
Bild: Südsudans Präsident Salva Kiir Mayardit (mit Hut) beim Gipfel | |
KAMPALA taz | Mit einer engen Umarmung begrüßte Südsudans Präsident Salva | |
Kiir seinen Amtskollegen aus Sudan, General Al Burhan, in Südsudans | |
Hauptstadt Juba. Es ist der zweite Trip ins Ausland für den Chef der | |
sudanesischen Übergangsregierung und Oberkommandierender der Armee seit dem | |
Ausbruch des Bürgerkrieges im April. | |
Die Regierung in Juba hat sich nun angeboten, zwischen den | |
Bürgerkriegsparteien, der Übergangsregierung und den Rebellen der Rapid | |
Support Forces (RSF), in Sudan zu vermitteln. Über die Frage, wer als | |
Friedensvermittler in Sudan agieren könne, wurde in den vergangenen Wochen | |
in der Region heftig gestritten. | |
Schon kurz nach Ausbruch des Krieges im April hatte sich Kenias Präsident | |
William Ruto ans Mediator angeboten. Er ist im Rahmen der | |
Regionalorganisation IGAD Vorsitzender eines Komitees, der sogenannten | |
„Vierer-Gruppe“, die im Sudan-Konflikt vermitteln soll. Im Juli schlug Ruto | |
vor, eine regionale Friedenstruppe aufzustellen, die in Sudan zum Schutz | |
von Zivilisten stationiert werden solle – doch damit war der Vorsitzende | |
von Sudans Übergangsrat nicht einverstanden. | |
Der offensichtliche Grund: Kenia leitet bereits als Vermittler im | |
[1][Bürgerkrieg der Demokratischen Republik Kongo eine regionale | |
Eingreiftruppe]. Die soll dort einen Waffenstillstand überwachen. Doch | |
Kongos Präsident Felix Tschisekedi warf Kenia mehrfach vor, auf der Seite | |
der Rebellen zu agieren. | |
## Kein Deal mit der RSF | |
In Sudan warf Burhan seinem kenianischen Amtskollegen Ruto ebenso vor, mit | |
den Rebellen der RSF Geschäfte zu machen und bezeichnete die Stationierung | |
einer solchen Friedenstruppe als „Invasion“. | |
Ende August war Burhan in Ägypten zu Besuch, sein erster Auslandstrip seit | |
Kriegsbeginn. [2][Ägyptens Staatschef Abdel Fattah al-Sisi] hat sich ebenso | |
als Vermittler angeboten. Doch am Montag erklärte Burhan nun erneut, er | |
wolle zwar Frieden herstellen, aber seine Armee ziehe es vor, die RSF | |
„auszulöschen“ und er werde „niemals einen Deal“ mit der RSF unterzeic… | |
Jetzt bemüht sich also Südsudan um einen neuen Versuch, Burhan an einen | |
Verhandlungstisch zu holen. Die beiden Nachbarländer haben eine lange, | |
intensive Geschichte. | |
## Kriegsparteien wollen beide weiterkämpfen | |
2011 erst sagte sich Südsudan mittels eines Referendums von Khartum los. | |
Nachdem die verfeindeten Parteien einen jahrzehntelangen [3][blutigen | |
Bürgerkrieg 2005 durch Verhandlungen beendet hatten], erwuchs zwischen den | |
Ländern mittlerweile ein enges Verhältnis. „In Sudan sind wir der Meinung, | |
dass der Südsudan das Land ist, das sich am besten als Vermittler eignet, | |
weil wir schon so lange ein Land sind und uns kennen, wir kennen die | |
Probleme und wir kennen die Bedürfnisse beider Seiten“, so Ali al-Sadiq, | |
Sudans amtierender Vize-Außenminister. | |
Am Sonntag, parallel zum Treffen in Juba, traf sich der politische Berater | |
und RSF-Sondergesandte, Yousif Izzat, mit dem Vorsitzenden der Kommission | |
der Afrikanischen Union (AU), Moussa Faki Mahamat, in Äthiopiens Hauptstadt | |
Addis Abeba. Dort steht das AU-Hauptquartier. Sie besprachen eine mögliche | |
Beendigung des Krieges. | |
Doch RSF-Anführer General Mohamed Hamdan Dagalo, bekannt unter seinem | |
Kriegsnamen Hametti, hat im Juli Bedingungen für einen Friedensvertrag | |
gestellt: Er verlangt, dass Sudans Militärführung – also auch Burhan selbst | |
– vollständig abtritt. Sonst werde er bis zum letzten Mann weiterkämpfen. | |
## Vier Millionen Menschen auf der Flucht | |
Unterdessen ist [4][das Ausmaß des Kriegs] weiterhin dramatisch. In den | |
vergangenen Tagen wurde vor allem in der Hauptstadt Khartum heftig | |
gekämpft. Sudans Armee bombardiert die Millionenstadt aus der Luft. Bei | |
einem angeblich ungenauen Angriff auf eine RSF-Bastion starben am Montag 19 | |
Zivilisten. | |
Internationale Hilfsorganisationen warnen vor einer humanitären | |
Katastrophe. Mittlerweile sind laut Angaben des UN-Flüchtlingshilfswerks | |
UNHCR über vier Millionen Sudanesen im eigenen Land auf der Flucht, über | |
eine Million Geflüchtete suchen in den Nachbarländern Schutz: die meisten | |
im Tschad, Ägypten, aber auch in Südsudan. | |
Das gebeutelte Land hat kaum Kapazitäten, diese Flüchtlinge aufzunehmen. | |
Zumal rund 800.000 Südsudanesen, die bislang als Flüchtlinge in Sudan | |
lebten, ebenso vor den Kämpfen fliehen und wieder nach Hause kommen. | |
Die UN-Hilfswerke schätzen den Bedarf an Humanitärer Hilfe auf über eine | |
Milliarde Dollar. Hilfsorganisationen melden mittlerweile einen starken | |
[5][Anstieg von Hunger und Unterernährung] unter den Vertriebenen, | |
besonders schlimm betroffen seien Kinder. | |
6 Sep 2023 | |
## LINKS | |
[1] /Schwere-Kaempfe-im-Ostkongo/!5894651 | |
[2] /Kaempfe-in-Sudan/!5928876 | |
[3] https://peacemaker.un.org/node/1369 | |
[4] /Krieg-in-Sudan/!5957640 | |
[5] /UN-Vertreter-ueber-Lage-im-Sudan/!5953862 | |
## AUTOREN | |
Simone Schlindwein | |
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