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# taz.de -- Behördlicher Umgang mit Reichsbewegten: Die ständige Gefahr
> Das Kreishaus Göttingen hat Ärger mit Reichsbewegten. Zuletzt führte eine
> dubiose Paketsendung dazu, dass rund 400 Angestellte evakuiert werden
> mussten.
Bild: Leider ernst gemeint: Diese Hemd trug Peter Fitzek 2019 vor dem Landgeric…
Blümchen und Schmetterlinge: Die farbigen Motive auf dem Paket kamen der
Poststelle des Kreishauses Göttingen verdächtig vor. Das ein Kilogramm
schwere Paket war an den Landrat Marcel Riething (SPD) adressiert. Die
Polizei wurde gerufen, an die 400 Kreishausangestellte evakuiert. Ein
Spürhund hatte bei der zweiten Kontrolle angeschlagen. Der Verdacht auf
Sprengstoff erhärtete sich schließlich aber nicht.
Die Absenderin sei ein Grund für die Vorsichtsmaßnahmen gewesen, auch weil
sie das Paket direkt an den Landrat adressiert hatte, sagt Nina Winter,
Pressesprecherin des Landkreises, der taz. Die Sendung kam von der neuen
Besitzerin des ehemaligen „Kneipp-Kur-Hotels Wiesenbecker Teich“. Vor
Kurzem hat Ute Kowalewski [1][das Hotel in Bad Lauterberg erworben], eine
Anhängerin des selbst proklamierten „Königreichs Deutschland“ (KRD). Der
Landkreis Göttingen ist auch für das Harz-Städtchen zuständig.
Schon länger hat das Kreishaus Auseinandersetzungen und Ärger mit
Reichsbewegten. Aus ehemaligen „Papier-Terroristen“, die Behörden mit
langen E-Mails und überbordenden Schreiben einzuschüchtern versuchten, sind
längst [2][bewaffnete Terroristen] geworden. Einzelne haben schon Menschen
ermordet, weitere planten einen „Tag X“ mit einem Sturm des Reichstags oder
der [3][Entführung von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach] (SPD). In
vielen Verwaltungen und Behörden wurden seitdem die Sicherheitsmaßnahmen
erhöht. Sobald Post von konfliktbehafteten Absendenden eingehe, würde sie
mit Vorsicht behandelt, erklärt Winter: „Wir sind sensibilisiert.“
In dem Paket befanden sich aber lediglich Aktenordner – ein kurzer Antrag
auf Akteneinsicht und sehr lange Ausführungen zum „Königreich Deutschland�…
sagt Winter. Mit der Post habe Kowalewski nur auf Anfragen des Landkreises
antworten wollen, heißt es.
Die Reichsbewegte könnte jedoch auch verstimmt sein: Am 30. August waren
Polizei, Zoll und Landkreis gegen ihr Bauprojekt vorgegangen. Sie suchten
das ehemalige Hotel auf. Bei dem Einsatz wurde überprüft, ob Schwarzarbeit
vorliege und ob Bau- und Abfallauflagen eingehalten würden, sagte Winter.
Kein unbegründeter Verdacht: Denn das KRD um dem selbsternannten König
[4][Peter Fitzek] akzeptiert weder die Staatsorgane noch die Rechtsordnung
der Bundesrepublik. Die von engen Vertrauten Fitzeks [5][erworbenen
Schlösser] und Höfe verstehen die Anhänger:innen als eigene
Hoheitsgebiete. In Wittenberg hatte sich Fitzek 2012 vor 600
Anhänger*innen [6][zum „Oberstern Souverän“ gekrönt]. Bis heute
unterhält Fitzek in der Lutherstadt den Hauptsitz des KRD.
In einen internen Konzept zum Aufbau von Regionalstellen heißt es,
„innerhalb der Regionalstelle“ sei eine „Schulung aller Beteiligten“
geboten. „Die Schöpfungsgesetze, Peters Bücher und Seminare sind als
Grundlage eines konsistenten Weltbildes und als Werkzeuge zur
Bewusstseinsentwicklung und Charakterveredlung vorrangig zu nutzen“, steht
dort, und weiter: Der „Regionalleiter“ soll um sich herum eine „starke und
loyale Kerngruppe bilden“. Die Leitung müsse auch führen und durchsetzen.
O-Ton: „Die postmoderne Vorstellung, dass ‚alle Menschen mitentscheiden
müssen und nur auf die Schwarmintelligenz gehört werden muss‘, ist eine
romantische und weltfremde Idee.“
Bei Fitzek erscheinen „die Juden“ als Agenten des Bösen. Keine
Überraschung: Das KRD hat Kontakte zu Rechtsextremen – auch in Bad
Lauterberg: Ein früherer NPD-Kader hilft auf der Baustelle. Die Radikalität
der Reichsbewegten vor Ort hat der Landkreis bereits erlebt: Von den
Ordnungskräften, die das frühere Hotel in Augenschein nahmen, hat das KRD
Bilder, Namen und Autokennzeichen im Internet veröffentlicht.
21 Sep 2023
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[4] /Reichskoenig-Peter-Fitzek-vor-Gericht/!5425181
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## AUTOREN
Andreas Speit
## TAGS
Reichsbürger
Rechtsextremismus
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Rechte Szene
Göttingen
Schwerpunkt Stadtland
Rechtsextremismus
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