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# taz.de -- Die Wahrheit: Anders sein macht stark
> Lebenslänglich Bayer: Bayer sein, Mensch bleiben – geht. Geht sogar in
> Lederhose und Dirndl, auch wenn es dort zum Hirschhornknöpfeausreißen
> zugeht.
Stimmt schon. Es ist schlimm. Und lustig schon gar nicht. Kein Witz also an
dieser Stelle über das Möchtegernopfer Aiwanger. Kein Gag über diesen
Söder, der Leute wie Aiwanger für bürgerlich hält. Ja, es ist zum Kotzen,
dieses rechte Bayern mit seinem Himmel weiß und braun. Wem da nicht
speiübel wird, ist selber mit Vorsicht zu genießen.
Aber Obacht! Bayern ist nicht Gillamoos, oder wie der erbärmliche Flecken
bei Abensberg heißen mag, um den schon immer einen weiten Bogen gemacht
hat, wer seinen Anstand noch nicht ganz versoffen hat.
Da ist nämlich etwas anderes. Andere Leute sind da vor allem. Sie sind der
Grund dafür, weswegen ich immer noch gerne nach Bayern fahre. Sie waren
schon immer anders, auch damals, als Bayern unter Franz Josef Strauß schon
einmal so fürchterlich dahergekommen ist. Und die anderen, die damals noch
nicht gelebt haben, sind aus anderen guten Gründen anders geworden.
„Das sind ja lauter Wilde!“, hat meine Mutter gesagt, als ich ihr einmal
zwei meiner Freunde vorgestellt habe. Sie hatten lange Haare und haben auch
sonst nicht ausgesehen, wie jemand, mit dem ein Söder vom Bierzeltpodium
aus in die Menge winken würde. „Wenn sie sich wenigstens einen Zopf machen
würden!“ Meine Mutter war verzweifelt.
Mit diesen Unnormalen, wie sie ein Aiwanger wohl nennen würde, hat mir das
Bier immer besonders gut geschmeckt. Ich würde sie meinen Kreuzberger
Freunden gerne mal vorstellen, auch wenn die Schwierigkeiten hätten, die
beiden zu verstehen. Sie sprechen Bairisch. Und wie!
## Einer von den anderen sein
Und dann sind da die Kiffer, die mich immer haben ziehen lassen, auch wenn
ich nie so wirklich einer von ihnen geworben bin. Wer sein Leben lag
heimlich in irgendwelchen Hinterhöfen rauchen muss, weiß, wie es sich
anfühlt, einer von den anderen zu sein.
Anders sind auch all die Leute, die es sich nicht nehmen lassen, in
Flüchtlingen Menschen und nicht Probleme zu sehen. Ich kenne etliche im
München und im Oberland, die erst mal Babynahrung, Pampers und
Kinderkleidung organisieren, wenn die sogenannten Normalen aus Angst vor
einer Flüchtlingswelle den Untergang ihres Bayernlandes herannahen sehen.
Bayer sein und Mensch bleiben, das geht. Es geht sogar in Lederhose und
Dirndl, auch wenn ich die Hirschhornknöpfe meiner Trachtenjacke am liebsten
ausgerissen hätte, als dieser Merz im Janker die dümmsten
Bierzeltdimpfeleien von sich gegeben hat und sich dabei offensichtlich
besonders bayerisch vorgekommen ist.
Aber bevor ich beim Schreiben vor lauter Aufregung einen Herzkaschperl
riskiere, denke ich lieber an die guten Leute im Sechzger-Stadion, die sich
nicht einschüchtern lassen von den Nazis in der Kurve, und lege mir den
weiß-blauen Schal mit dem Logo der Löwenfans gegen rechts um, bevor ich ins
Stadion gehe. Anders sein kann ganz einfach sein. Anders bleiben wird
gerade schwerer. Ich glaube dennoch weiter an die anderen. Anders sein
macht stark.
15 Sep 2023
## AUTOREN
Andreas Rüttenauer
## TAGS
Landtagswahl Bayern
Hubert Aiwanger
Kolumne Die Wahrheit
Markus Söder
Bayern
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