# taz.de -- Die Wahrheit: Trauriges München | |
> Lebenslänglich Bayer: In der Innenstadt der oberbayerischen Metropole | |
> herrscht Tristesse pur. Prost Bauruinen, teuer Bier und | |
> Autobahnraststättenatmo! | |
Die Münchner Innenstadt gibt ein trauriges Bild ab in diesen Tagen. Die | |
leerstehenden Kaufhäuser und Bauruinen, die sich auf dem Weg von der | |
Großbaustelle Hauptbahnhof bis zum Marienplatz aneinanderreihen, sind eine | |
nicht zu übersehende Hinterlassenschaft der pleite gegangenen Unternehmen | |
der Signa-Gruppe. | |
An den Bauzäunen stehen noch die leeren Versprechungen, an die Banken und | |
Investoren viel zu lange geglaubt haben. „Retail als Gesamtkunstwerk“, | |
steht dann da oder irgend ein anderer Unsinn wie, dass da „ein neu | |
erlebbarer Stadtteil entsteht: besser vernetzt, modern, nachhaltig in der | |
Architektur und städtebaulich integriert“ zum Beispiel. | |
Wer sich bis zum Marienplatz durchgeschlagen hat, braucht angesichts dieses | |
ganzen Elends vielleicht eine Halbe Bier. Die kann er sich im | |
Restaurant-Café Wildmoser für 6,50 Euro kaufen. Klar, die Preise sind | |
hochgegangen in der Gastronomie, seitdem die temporäre | |
Mehrwertsteuersenkung abgelaufen ist. Die galt zwar nur für Speisen, aber | |
wer weiß das schon so genau? Immerhin kann man sich das Bier in einem | |
Ambiente schmecken lassen, das an eine mittelmäßig eingerichtete | |
Autobahnraststätte erinnert. | |
Zur Bauruinenlandschaft in der Innenstadt gehört auch die zentrale | |
Tunnelbaustelle hinter dem Rathaus. Ein zweite Röhre unter der Stadt soll | |
mal die dysfunktionale Münchner S-Bahn entlasten und wird vielleicht sogar | |
noch in diesem Jahrhundert eröffnet. Wen all das ermüdet, braucht | |
vielleicht einen Kaffee. Einen fast geschmacksneutralen Cappuccino aus dem | |
Vollautomaten gibt es am Marienplatz in einer Filiale des Münchner | |
Traditionsgroßbäckers Rischart für 5,20 Euro. Den bekommt man in einer | |
Tasse, die es sonst nur im Café Kaiserschmarrn auf dem Oktoberfest gibt, | |
was vielleicht die Erklärung für diesen irrwitzigen Preis ist. | |
## Trauerflor rund um die Mariensäule | |
Traurig sind auch die Menschen, die in diesen Januartagen rund um die | |
Mariensäule unterwegs sind. Vielen ist anzusehen, dass sie den Tod ihres | |
Kaisers noch nicht verwunden haben. Gut möglich, dass im zweiten Stock des | |
Rathauses landet, wer ihnen folgt. Dort im Treppenhaus hat die Stadt | |
München ein Kondolenzbuch für Franz Beckenbauer ausgelegt, in das vor allem | |
ältere Damen einen Abschiedsgruß hineinschreiben. | |
Trauernde Gestalten sind auch ein paar Meter weiter in den historischen | |
Gemäuern der Residenz zu finden. In der dortigen Hofkapelle hat die | |
bayerische Staatsregierung ein weiteres Kondolenzbuch ausgelegt, um zu | |
zeigen, dass der steuervermeidende Wahlösterreicher Beckenbauer nicht nur | |
Münchner, sondern auch Bayer war. Ministerpräsident Markus Söder scheint | |
das besonders wichtig zu sein. | |
Nachdem er im Dezember gesagt hatte, dass es „bayerische Staatsräson“ sei, | |
Solidarität mit Israel zu zeigen, sagte er nun über den „Begründer des | |
Mythos FC Bayern“ allen Ernstes: „Der FC Bayern ist quasi Staatsräson in | |
Bayern“. Es ist wirklich eine traurige Zeit in München. | |
19 Jan 2024 | |
## AUTOREN | |
Andreas Rüttenauer | |
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