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# taz.de -- Die Wahrheit: Nationaler Langsam-Tag
> Radarfallen-Abzocke gibt es auch in Irland. Unser Autor Schmidtchen
> Schleicher hatte Glück und wurde nicht geblitzt. Im Gegensatz zu vielen
> anderen.
Bild: Als Wegbereiter der Ordensschwemme gilt Konsul Weyer, der Ehren und Titel…
Noch mal Glück gehabt. Vorigen Montag, pünktlich zum Schulbeginn, war in
Irland „[1][National Slow Down Day]“ – der Tag, an dem die Autofahrer
langsam fahren sollten. Um der Sache Nachdruck zu verleihen, lauerte die
Polizei, bewaffnet mit Radarkameras, an den Straßenrändern.
Ich war auf der schmalen Landstraße im Westen der Insel auf dem Weg nach
Galway. Vor mir fuhr ein Wohnmobil aus den Niederlanden. Holländer gelten
als Schnecken, weil sie ihre Unterkunft stets dabeihaben und sich ähnlich
langsam fortbewegen. Diesmal war es mein Glück. Ich konnte dem
Uniformierten, der sein Radar wie ein Gewehr auf mich gerichtet hatte, beim
langsamen Vorbeifahren höhnisch zuwinken, diesmal bekam meine
Strafzettelsammlung keinen Neuzugang.
Andere hatten weniger Glück. Binnen zehn Stunden gingen den Beamten 250
Autofahrer in die Radarfallen. Einer war um 61 Kilometer pro Stunde zu
schnell, was ihn vorübergehend zum Fußgänger machen wird. Von den 100.000
Autos, die gemessen wurden, hielten sich 0,25 Prozent nicht an das
Tempolimit.
Das spülte einen Batzen Bußgeld in die Staatskasse. Deshalb soll die Zahl
der Radargeräte um 20 Prozent erhöht werden. Die Kosten amortisieren sich
im Handumdrehen, frohlockte [2][Justizministerin Helen McEntee], denn dank
der Aufrüstung könne man die Fallen 9.000 Stunden im Monat betreiben.
## Speed kills
Außerdem will sie das System der Strafpunkte reformieren. Zurzeit kann man
nur für ein Vergehen zur Rechenschaft gezogen werden. Wenn man nicht
angeschnallt zu schnell fährt und dabei telefoniert, wird man nur für die
Raserei bestraft. Künftig soll es für jedes Vergehen Punkte hageln, so dass
man im Nu den Führerschein los ist.
Auch sollen die Geschwindigkeitsbegrenzungen überprüft werden. Bisher
setzte man vor allem auf Warnschilder „Speed kills“, womit nicht die Drogen
gemeint sind. Bei uns auf der schmalen Landstraße darf man streckenweise
100 fahren, was den Einnahmen durch Radarfallen abträglich ist, denn wer
noch schneller fährt, landet im Meer und muss sich über Bußgelder keine
Gedanken mehr machen.
Die Gründe für den Langsam-fahren-Tag sind einleuchtend: Es gibt bereits
jetzt 25 Prozent mehr Verkehrstote als voriges Jahr und sogar 40 Prozent
mehr als 2021. Allein im August starben 25 Menschen bei Verkehrsunfällen.
Einer davon war unser Bekannter Jerry, der mit seinem Motorrad unterwegs
war, als ihm eine französische Kleinfamilie mit ihrem Auto auf der falschen
Straßenseite begegnete.
Der parteilose Abgeordnete Michael Healy-Rae, der aus einer ländlichen
Dynastie stammt, deren Familienwappen eine Schirmmütze und ein Paar
Gummistiefel enthält, schlug „weniger glamouröse Maßnahmen“ vor, um die
Zahl der Verkehrstoten zu senken: Man solle endlich die Hecken stutzen und
das Damwild erschießen.
11 Sep 2023
## LINKS
[1] https://www.westmeathexaminer.ie/2023/09/03/national-slow-down-day-has-incr…
[2] https://www.oireachtas.ie/en/members/member/Helen-McEntee.D.2013-03-27/
## AUTOREN
Ralf Sotscheck
## TAGS
Verkehrswende
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