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# taz.de -- Die Wahrheit: Nummern im Vollrausch
> Wenn die Prüfungen abgelegt sind, feiern die irischen Abiturjahrgänge.
> Schöngeister sollten in dieser Zeit lieber daheim bleiben.
In Irland herrschte am Wochenende wieder Lockdown! Erwachsene mussten zu
Hause bleiben. Schuld war diesmal keine neue Corona-Variante. Am Freitag
wurden die landesweiten Ergebnisse der schriftlichen Abiturprüfungen
veröffentlicht. Sie waren, wie immer, anonymisiert. Prüflinge sind Nummern,
damit die Prüfer nicht wissen, mit wem sie es zu tun haben. Die Insel ist
ziemlich klein, deshalb wäre die Chance recht groß, dass sich Prüfer und
Prüfling kennen oder gar verwandt sind.
Bei den Feiern war niemand mehr anonym. Die Medien berichteten wie immer
genüsslich und mit Fotos über Schlägereien, Alkoholleichen, vollgekotzte
Innenstädte und Sachbeschädigungen. Die Notaufnahmen der Krankenhäuser
waren seit Freitagnachmittag in höchster Alarmbereitschaft, denn Pubs und
Clubs lockten die Teenager mit Abitur-Partys und Sonderangeboten.
Da nützten all die Warnungen im Vorfeld nichts. Seit Wochen waren die
Zeitungen und das Internet voller Horrorgeschichten über den
unkontrollierten Genuss von Alkohol. Wohltätigkeitsorganisationen,
Abstinenzlerverbände, besorgte Politiker und die Gesundheitsämter erhoben
mahnend den Zeigefinger. Auch die „Drogen-Initiative der irischen Bischöfe“
mischte sich ein: Menschen unter Alkoholeinfluss könnten sich auf offener
Straße paaren, schüttelten sich die Männer mit den ulkigen Hüten
angewidert.
Die Abiturprüfung im Fach Deutsch war bereits auf die kommenden Ereignisse
ausgerichtet. Die Prüflinge sollten die Vor- und Nachteile einer
Verlängerung der Kneipenöffnungszeiten bis sechs Uhr morgens abwägen. So
lange hält kein Teenager durch. Ab 22 Uhr glitschte man in den Innenstädten
auf Erbrochenem aus. Bevor sie ins Delirium fielen, posteten die
Abiturienten schnell noch ein paar Fotos und prahlten mit den Unmengen
Alkohol, den sie bereits intus hatten, bevor der Mantel des Vergessens sie
umhüllte.
Darf man in Irland überhaupt in der Öffentlichkeit Alkohol trinken? Die
Antwort ist typisch irisch: Ja und nein. Es ist nicht generell verboten,
aber es kommt darauf an, wo man sich betrinkt. Im Umkreis von 100 Metern
von dem Laden, in dem man das Zeug gekauft hat, darf man es nicht
konsumieren. Will man es den Trinkern erschweren, Nachschub zu beschaffen,
indem man sie zwingt, ein paar Schritte zu laufen?
Man darf sich auch nicht so gründlich besaufen, dass man „eine Gefahr für
sich selbst oder andere“ darstellt. Die Polizei kann einem den Alk in dem
Fall wegnehmen. Sagt man ihnen einen falschen Namen, muss man Strafe
zahlen. Das gilt auch, wenn man seinen Namen nicht mehr weiß.
Warum werden die Abiturergebnisse eigentlich zum Wochenende verkündet und
nicht an einem Montag oder Dienstag? Befürchtet man, dass den Berufstätigen
die Lust auf Arbeit vergeht, wenn sie über die Überreste der Abi-Feiern
klettern müssen?
28 Aug 2023
## AUTOREN
Ralf Sotscheck
## TAGS
Kolumne Die Wahrheit
Irland
Schule
Abitur
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Verkehrswende
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