| # taz.de -- Umweltaktivistin über Mehrwegpflicht: „Die Kontrolle funktionier… | |
| > Die Mehrwegpflicht ist gut, doch die Kontrolle funktioniert nicht, sagt | |
| > Caroline Kraas, Projektmanagerin bei der Umweltorganisation WWF. | |
| Bild: Picknick mit Mehrweg | |
| taz: Seit Anfang des Jahres müssen Bistros, Läden und Cafés Lebensmittel to | |
| go in Mehrwegverpackungen anbieten. Klappt das? | |
| Caroline Kraas: [1][Der Ansatz ist gut, die Kontrolle funktioniert nicht]. | |
| Wir haben eine Umfrage unter Verbraucher:innen gemacht. Dabei ist | |
| herausgekommen, dass viele diese Pflicht des Handels und der Gastronomie | |
| kennen, aber wenn sie an der Theke stehen, kriegen sie den Unterschied zur | |
| Situation vorher nicht mit. Außerdem gibt es ein Informationsdefizit bei | |
| den Gastwirten und Händlern. Viele wissen gar nicht, was sie wie genau | |
| machen sollen. So gilt die Pflicht nur für Läden mit einer Verkaufsfläche | |
| ab 80 Quadratmetern. Da fragen sich Gastronomen, ob jemand messen kommt | |
| oder ob die Behörden das nicht so eng sehen. Außerdem ist die Rückgabe | |
| kompliziert. Nicht überall können alle Behältnisse zurückgegeben werden. | |
| Auch die Reinigung muss gewährleistet werden. Und drittens brauchen wir | |
| offenbar mehr Anreize für die Konsument:innen, die Angebote auch wirklich | |
| anzunehmen. | |
| Vor dem Start des Gesetzes hatte der WWF eine „Umsetzungsallianz“ mit | |
| gegründet, um als Umweltverband nicht nur zu meckern, sondern am Erfolg | |
| mitzuarbeiten. Wirkt ’s? | |
| Wir erreichen etwa 200 Leute aus der Branche mit unseren Newslettern. Viele | |
| sind sehr aktiv, die Lernkurve ist steil. Wir haben einen geschützten Raum | |
| geschaffen für diejenigen, die in Städten und Kommunen zuständig sind. Das | |
| sind vor Ort häufig Einzelkämpfer, bei uns können sie sich austauschen, wir | |
| suchen gemeinsam nach Themen und Referenten. Von diesem Ansatz und anderen | |
| bin ich überzeugt. | |
| Was haben Sie bisher schon angeschoben? | |
| Beim Berliner Halbmarathon haben wir mitgeholfen, eine Station | |
| einzurichten, an der Mehrwegbecher angeboten wurden. Normalerweise bekommen | |
| die Läufer:innen Becher in die Hand, die halten sie zehn Sekunden in den | |
| Händen, dann sind sie Müll. Die bereitgestellten Mehrwegbecher konnten in | |
| große Container eingeworfen werden. Das lief gut und soll ausgebaut werden. | |
| Außerdem haben wir den Mehrwegreporter auf den Weg gebracht, eine | |
| interaktive Deutschlandkarte, auf der man sehen kann, wo welche | |
| Mehrwegbehältnisse zurückgegeben werden können. | |
| Auf der Seite finde ich bislang allerdings kaum Einträge… Ist das Interesse | |
| der Öffentlichkeit doch nicht so groß? | |
| Es gibt noch nicht viele Einträge, das ist richtig, aber es gibt deutlich | |
| mehr Menschen, die die Seite aufrufen, um nach „Mehrwegstellen“ zu suchen | |
| als solche, die welche eintragen. Das Ziel ist aber, eine Überblickskarte | |
| zu Mehrwegsystemen in Deutschland zu schaffen. Dafür werden wir im Herbst | |
| mit den Mehrweganbietern auch noch selbst Daten einspeisen | |
| Wie wichtig wäre eine gemeinsame Logistik des Handels für Rücknahme und | |
| Reinigung von Gefäßen? | |
| Sehr wichtig. Das Konzept „return anywhere“ – dass also die Rückgabe jed… | |
| Gefäßes überall möglich sein muss – wäre entscheidend, ist aber sehr | |
| komplex. Ich denke, die perfekte Logistiklösung gibt es nicht. Wir müssen | |
| jetzt Probeversuche starten, wir haben gerade mit einem begonnen. In | |
| Pilotprojekten wird es in ausgewählten Unternehmen am Empfang die | |
| Möglichkeit geben, Gefäße zurückzugeben, egal, von welchem Anbieter. Von | |
| dort werden sie mit Lastenrädern zurückgebracht. | |
| Wäre es besser gewesen, das Gesetz hätte ein einheitliches Poolsystem | |
| vorgeschlagen, also einen Becher, ähnlich der gepunkteten Wasserflasche | |
| oder der braunen Bierflasche? | |
| Wenn es harmonisierter wäre, wäre es natürlich einfacher. Andererseits | |
| unterscheiden sich die Kommunen sehr stark. Wir haben ja bestehende | |
| Strukturen, etwa Pfandrücknahmen in Supermärkten, da gibt es eine Logistik, | |
| die läuft. Vielleicht können wir die nutzen, vielleicht auch nicht. Wir | |
| müssen das jetzt ausprobieren. | |
| Muss man auch an dem Gesetz selber noch etwas ändern? | |
| [2][Der Fokus auf Kunststoff] bei Essensverpackungen ist schlecht. Einige | |
| Gastronomen und Händler weichen auf alternative Einwegmaterialien aus und | |
| entgehen der Pflicht Mehrweg anzubieten. Dieses Schlupfloch sollten wir | |
| stopfen. | |
| 7 Sep 2023 | |
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| ## AUTOREN | |
| Heike Holdinghausen | |
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