# taz.de -- Prozess nach Aktion an der Hamburger Uni: Strafminderung für Klima… | |
> Ein Aktivist der Letzten Generation wehrte sich vor dem Hamburger | |
> Amtsgericht erfolgreich gegen einen Strafbefehl. Sein Vortrag | |
> beeindruckte den Richter. | |
Bild: Wurde im Frühjahr 2022 von der Letzten Generation besetzt: das Audimax a… | |
HAMBURG taz | Das Bild des Aprikosenbaums gefiel auch dem Richter. In der | |
Abschlussrede des Angeklagten Kristoffer K. steht er sinnbildlich für die | |
Verbindung von Insekten und Pflanzen, Menschen und Tieren. Aber schon jetzt | |
gibt es überall zerstörte Natur. Die Menschen jedoch, so K., sehen sich die | |
Zerstörung gemütlich an, im Dunkel eines Theaters, und wissen doch, es ist | |
schon jetzt real. „Wir konsumieren als Zuschauer das Unglück, das wir | |
selbst verursachen“, sagte der Angeklagte. | |
Die Hamburger Staatsanwaltschaft warf K vor, zusammen mit anderen | |
Aktivist*innen der Letzten Generation im vergangenen Frühjahr das | |
Audimax der Hamburger Uni mit Farbe und Sprüchen bedeckt und damit einen | |
Sachschaden von über 18.000 Euro verursacht zu haben. Zwei der beteiligten | |
Aktivist*innen wurden schon im März zu Geldstrafen verurteilt ([1][taz | |
berichtete]) – nun auch Kristoffer K. zu einer Geldstrafe, 40 Tagessätze | |
mit einer Gesamthöhe von 280 Euro. | |
Damit fällt seine Strafe geringer aus als ursprünglich gedacht: Die | |
Verhandlung am Mittwoch vor dem Amtsgericht kam zustande, weil sich K. | |
gegen einen Strafbefehl über 60 Tagessätze wendete. | |
Denn ihre Aktion sei richtig gewesen, da die Universität ihrer | |
Verantwortung nicht gerecht werde, sagte der Angeklagte. Mit Verweis auf | |
ihre wissenschaftliche Neutralität entziehe sie sich ihrer notwendigen | |
politischen Positionierung. „Die Forschung ist jedoch nicht neutral, wenn | |
man bis Ende des Jahrhunderts [2][vier Grad Erderwärmung prognostiziert]“, | |
sagte K. Sie müsse im Gegenteil Forderungen an den Bundestag richten. Die | |
proklamierte Neutralität sei hinzu rassistisch, da vor allem [3][Menschen | |
im globalen Süden darunter leiden würden.] | |
Als Reaktion besetzten die Aktivist*innen das Audimax. Doch auch diese | |
Aktion hatte zunächst nicht den gewünschten Effekt. „Wenn Protest kein | |
Gehör bekommt, ist es kein Protest mehr“, sagte K. Deshalb entschieden die | |
Aktivist*innen, mit oranger Farbe die Glasfassade und die Wände des | |
Hörsaalgebäudes mit „schönen Sprüchen“ zu besprühen. „Folgt der | |
Wissenschaft“ und „Lebensgrundlagen erhalten“ prangte dort, nachdem die | |
Aktivist*innen die in Feuerlöscher gefüllte Farbe versprüht hatten. | |
Der 22-Jährige gebürtige Däne habe sich in Dänemark für [4][Fridays for | |
Future] und danach in Deutschland für die [5][Letzte Generation] engagiert, | |
erzählte er dem Richter. Inzwischen sei er nicht mehr Teil der Gruppe und | |
er wolle auf seine Gesundheit achten. Stattdessen besuche er jetzt eine | |
internatsähnliche Schule. Dort bekomme er für seine soziale Tätigkeit ein | |
Taschengeld von 300 Euro. Das Strafmaß basiert auf diesem Einkommen. | |
Der Anwalt des Angeklagten forderte am Ende der Verhandlung 30 Tagessätze, | |
die Staatsanwaltschaft 50. Zugute hielt das Gericht dem Angeklagten | |
abschließend, dass die Feuerlöscher der Universität nicht beschädigt | |
wurden, wie die Staatsanwaltschaft behauptete, sondern von den | |
Aktivist*innen selbst mitgebracht waren. Auch habe sich der Angeklagte | |
ruhig und einsichtig gezeigt. Ob es überhaupt notwendig ist, jemanden in | |
diesem Fall zu bestrafen, beschäftige ihn als Strafrichter und bringe ihn | |
an seine Grenzen. | |
Mit dem Protest gerade die Uni als Raum für diesen Diskurs zu treffen, | |
gebiete jedoch eine Strafe. Dennoch habe er einen so durchdachten Vortrag | |
noch nie erlebt. Er verstehe die Bedenken der jungen Menschen, sagte er | |
auch den Zuschauer*innen zugewandt, unter ihnen die Eltern des | |
Angeklagten und eine Schulklasse. | |
7 Sep 2023 | |
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## AUTOREN | |
Jonas Frankenreiter | |
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