Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Hinduistischer Tempel in Neukölln: Ganesha in der Hasenheide
> Seit 10 Jahren wird der Sri-Ganesha-Hindu-Tempel gebaut, wann er fertig
> wird, ist unklar. Die Gründe für die Verzögerung des Baus sind
> vielfältig.
Bild: Der 17 Meter hohe Torturm ist schon fertiggestellt – im Innern des Temp…
Berlin taz | Hinter dem Zaun am nordöstlichen Eingang des [1][Volksparks
Hasenheide] sind die Tempelbauer fleißig am Werkeln: Sie stehen auf dem
Gerüst, lassen Baumaterialien hinunter, hantieren an den hinduistischen
Gottheiten und schwitzen in der Sonne, ab und zu ertönt das Geräusch einer
Bohrmaschine. Zeit für ein Gespräch haben sie nicht, für Außenstehende ist
der Sri-Ganesha-Hindu-Tempel in Neukölln morgens ohnehin nicht zugänglich.
Das eingezäunte Gelände ist abgeschlossen, um reinzukommen, müsse man
später wiederkommen, ruft einer der Arbeiter vom Gerüst hinunter. Um 16
Uhr, wenn das seitliche Tor geöffnet wird, damit die Gläubigen in der
vorübergehenden Tempelhalle am anderen Ende des Geländes beten gehen
können.
Die Bauarbeiter werden dann immer noch auf der Baustelle arbeiten, wie
schon seit gut zehn Jahren. Seit acht Jahren kümmert sich Govindan Rewi
Shankar um den Bau des Sri-Ganesha-Hindu-Tempels. Er ist selbst Hindu und
zuversichtlich, [2][dass es nicht mehr lange dauert mit der Eröffnung] –
nächstes Jahr ist es endlich so weit, schätzt er. Shankar, der allein für
den Bau nach Deutschland gekommen ist, hat in Indien ein Diplom für
Tempelkünste gemacht. Das ist die Voraussetzung, um hinduistische Tempel
bauen zu dürfen, erzählt er.
Wie der Tempel später mal aussehen soll, ist jetzt schon gut zu erkennen.
Der 17 Meter hohe Torturm am Eingang ist bereits fertig gebaut und hat
sogar schon seinen Anstrich bekommen. Blau, golden und weiß schillert er in
der Sonne. Tempelbauer Shankar ist besonders stolz auf die vielen
hinduistischen Gottheiten, die dort angebracht sind. Der Tempel selbst, an
dem die indischen Arbeitskräfte zurzeit arbeiten und der nach seiner
Fertigstellung einer der größten Hindu-Tempel Europas sein wird, ist noch
gänzlich grau. Einige der Gottheiten stehen schon bereit und warten auf
ihre Farbe. Für die Bauarbeiten bräuchte es feinste Handarbeit, erklärt
Shankar, jeder Fehler sei gravierend.
## Holpriger Start
Der Start des Tempelbaus war allerdings zunächst holprig und hatte sich
immer wieder verzögert. Ursprünglich sollte bereits 2007 begonnen werden,
bis die ersten Bauarbeiten losgingen, dauerte es dann aber noch sechs
Jahre. Dass alles so lange dauert, liegt auch daran, dass der Bau komplett
spendenbasiert ist und es nicht immer genug Spenden gab, erklärt
Vilwanathan Krishnamurthy, Vorstandsmitglied des Sri Ganesha Hindu Tempel
Vereins. Zudem sei es gar nicht so einfach, die nötigen Fachkräfte zu
finden. „Der Bau des Tempels unterliegt genauen Vorschriften, und in Europa
findet man keine Tempelbauer“, sagt er.
In diesem Sommer arbeiten hier sechs Tempelbauer, die zu finden, habe lange
gedauert, sagt Krishnamurthy. Die Arbeiter brauchen eine
Aufenthaltsgenehmigung und die nötigen Papiere. Auch die Coronapandemie
habe den Bau des Tempels verzögert. In Pandemiezeiten habe niemand aus
Indien nach Deutschland kommen wollen, erst im vergangenen Jahr habe sich
die Lage entspannt und sie konnten wieder Leute für den Bau anwerben.
Shankar und seine fünf Kollegen auf der Baustelle gehen im Winter meistens
wieder zurück nach Indien. Denn die Arbeit am Tempel ist – je nach
Wetterlage – nur zwischen März und Oktober möglich. Die Tempelbauer können
beim Arbeiten keine Handschuhe tragen, dafür ist die Arbeit zu kleinteilig
und filigran. Da sie meist im Freien arbeiten, ist es im Winter einfach zu
kalt mit bloßen Händen. Auch Shankar geht in den kalten Monaten gewöhnlich
zu seiner Familie nach Indien und sucht sich dort für die Übergangszeit
eine andere Arbeit.
## Eröffnung sehnlichst erwartet
Trotz der anstrengenden Arbeit am Tempel mag er Berlin. Im Vergleich zu
indischen Großstädten sei das Leben hier ruhig und entspannt, sagt er. Ob
ihn seine Familie in der deutschen Hauptstadt schon mal besucht habe? Noch
nicht, sagt der Tempelbauer lächelnd, aber vielleicht, wenn der Tempelbau
endlich abgeschlossen ist.
Auch Krishnamurthy hofft, dass der Tempel bald fertig wird. Ein genaues
Datum zu nennen, sei jedoch unmöglich, vielleicht im Oktober, schätzt er.
Die Eröffnung sei für die Hindu-Community sehr wichtig. Schon jetzt werde
die Tempelhalle viel für hinduistische Feierlichkeiten und Hochzeiten
genutzt. Krishnamurthy ist 1975 als, wie er sagt, Gastarbeiter nach
Deutschland gekommen. Eigentlich habe er nicht lange bleiben wollen. Auch
die Gemeinde der Hindus war damals noch recht klein. Heute leben nach
Angaben der Tempelbaugemeinschaft etwa 6.000 Hindus in Berlin, viele
[3][aus Indien], aber auch aus Sri Lanka, Bangladesch und Afghanistan.
Zwischen 16 und 18 Uhr können Gläubige in den Tempel zum Beten kommen. Als
Erstes werden die Schuhe ausgezogen – ein Muss, um die Halle betreten zu
dürfen. Längere Öffnungszeiten könnten gerade nicht angeboten werden,
bedauert Krishnamurthy, denn sie machten das ehrenamtlich. „Wir arbeiten
alle tagsüber, müssen uns um die Familien kümmern und haben dazu noch
andere Sorgen“, erklärt er. Sobald der Tempel fertig ist, soll es aber
längere Öffnungszeiten sowie reguläre Mitarbeiter:innen geben.
Eine halbe Stunde vor der Schließung um 18 Uhr eilen noch schnell die
letzten Gläubigen in den Tempel. Sie sei schon viel zu spät dran, ihre
Pause sei fast vorbei, danach müsse sie wieder zur Arbeit, sagt eine Frau
und verschwindet durch den Eingang, vor dem sich bereits die Schuhe der
Besucher*innen stapeln. Ein junges Paar kommt mit ihrem kleinen Sohn
schnell durch die Hasenheide zum seitlichen Eingang des Tempels gelaufen.
Sie müssten sich beeilen, um es noch rechtzeitig zum Gebet zu schaffen,
sagen sie atemlos.
## Endlich ein „richtiger“ Tempel
Prashanthi und ihr Mann Rajprakash kommen aus Indien und wohnen seit fünf
Jahren Kreuzberg. Einmal im Jahr fliegen sie mit ihrem Sohn nach Indien zur
Familie, wo sie viele Tempel besuchen, erzählen sie.
In Berlin schafften sie es wegen der eingeschränkten Öffnungszeiten nur
einmal im Monat zum Tempel, da diese sich mit ihren Arbeitszeiten nur
schwer vereinbaren ließen, sagt Prashanthi. Dasselbe wie in ihrer alten
Heimat sei es aber ohnehin nicht. „Das hier fühlt sich nicht wie ein
richtiger Tempel an“, meint Rajprakash über die provisorische Halle.
Die Fertigstellung des Sri-Ganesha-Hindu-Tempels können sie dementsprechend
kaum erwarten. Mit längeren Öffnungszeiten könnten sie auch mal am
Vormittag kommen, sagt Prashanthi. Dann müssen sie schnell wieder los,
denn es ist der vierte Geburtstag ihres Sohns, weswegen sie überhaupt nach
Neukölln gekommen sind. Wann sie das nächste Mal Zeit finden für einen
Besuch, wissen sie noch nicht. Vielleicht ist der Tempel bis dahin ja sogar
fertig.
23 Aug 2023
## LINKS
[1] /Klimaresilienter-Volkspark-Hasenheide/!5886522
[2] /Hindu-Tempel-in-Neukoelln-bald-fertig/!5741825
[3] /Gruppenfeindlichkeit-in-Indien/!5950438
## AUTOREN
Anna Flörchinger
## TAGS
Hinduismus
Berlin-Neukölln
Tempel
Sri Lanka
Schwerpunkt Stadtland
Indien
Kolumne Fernsicht
Resilienz
Tempel
## ARTIKEL ZUM THEMA
Ergebnis der Parlamentswahlen: Sri Lanka steuert nach links
Sri Lankas linker Präsident Dissanayake erhält bei den Neuwahlen eine
Zweidrittelmehrheit im Parlament. Damit könnte er sogar die Verfassung
ändern.
Hindu-Tempel in Bremen: Von Kuh geprüft
Ein farbenfrohes Angebot für ein bisschen mehr kulturelle Aneignung:
Bremens Sri-Varasiththi-Vinayakar-Tempel feiert den „Entferner von
Hindernissen“.
Ganesh Chaturthi-Fest in Mumbai: Weniger Götterstatuen sollen ins Meer
Politiker:innen und Stars strömen zu den Feierlichkeiten für den
Elefantengott Ganesha in Westindien. Ökologisches Bewusstsein setzt langsam
ein.
Gruppenfeindlichkeit in Indien: Wo Muslime um ihr Leben fürchten
Indien ist eine Demokratie. Aber an der Spitze und in der Breite auch eine
islamophobe Gesellschaft.
Klimaresilienter Volkspark Hasenheide: Nicht alles, was ginge, geht
Die Hasenheide soll klimaresilient werden. Geld ist da, die Pläne sind
gefasst. Aber bestimmte Ideen lassen sich nicht ohne Weiteres
verwirklichen.
Hindu-Tempel in Neukölln bald fertig: Im Tempel Heimat finden
Seit zehn Jahren wird in der Hasenheide ein Hindu-Tempel gebaut. Noch fehlt
das Dach. Doch im Herbst soll der Tempel eröffnet werden – so Corona will.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.