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# taz.de -- Nach Mord im Wahlkampf in Ecuador: Doch ein anderer Neuer
> In Ecuador hatte zunächst Andrea Gonzáles Náder den ermordeten
> Villavicencio ersetzt. Wegen juristischer Bedenken soll nun Christian
> Zurita antreten.
Bild: Der neue Kandidat Christian Zurita mit Andrea Gonzalez, die kurzzeitig al…
Hamburg taz | Die Partei Construye hat nach der Ermordung ihres
Präsidentschaftskandidaten Fernando Villavicencio erneut einen Nachfolger
nominiert. Statt der zuerst vorgestellten Andrea González Náder soll der
Investigativjournalist Christian Zurita am kommenden Sonntag bei der
Präsidentschaftswahl in Ecuador antreten. Formaljuristische Bedenken und
der Protest konkurrierender Parteien haben den Ausschlag für die Kehrtwende
gegeben.
Der erste Auftritt von Christian Zurita war wegweisend: „Wir werden an
unserer politischen Agenda, der Agenda von Fernando, zur Bekämpfung von
Terror, Korruption und Mafia festhalten“, sagte Zurita auf seiner ersten
Pressekonferenz an der Seite von Andrea González Náder Sonntagabend in
Quito.
Sie ziehen am kommenden Sonntag als Duo für die Partei Construye (ins
Deutsche übersetzt „Baue!“) in die Wahl. Er als Präsidentschaftskandidat,
sie als Vize. Dabei setzen sie auf ein engagiertes Programm, das Ecuadors
Drogenkartellen Paroli bieten will. Je nach Quelle gibt es davon neun bis
fünfundzwanzig. „Wir werden uns mit keiner Mafia an einen Tisch setzen“,
betonte Zurita, der mehr als fünfzehn Jahre lang mit Fernando Villavicencio
zusammengearbeitet hatte.
Der 53-Jährige ist ein ausgewiesener investigativer Journalist. Er wurde an
der Zentraluniversität, der größten und ältesten Ecuadors, als
Kommunikationswissenschaftler ausgebildet. Seit 2014 hat er mehrere
digitale Portale gegründet, zuletzt „Periodismo de Investigación“. Das
Portal mit dem schlichten Titel „Investigativer Journalismus“ leitete er
bis zu seiner Nominierung als Kandidat für die Präsidentschaft.
## Bisher noch ohne politische Erfahrung
Als Experte für die Auswertung von Daten wurde Zurita 2018 von der
Interamerikanischen Pressegesellschaft (SIP) 2018 ausgezeichnet. In Ecuador
bekam er zweimal, 2009 und 2019, den nationalen Journalistenpreis. An der
parteipolitischen Agenda von Fernando Villavicencio hatte er ebenfalls
seinen Anteil, denn die beiden waren eng befreundet und Zurita war auch in
seinem Wahlkampfteam.
Aber Christian Zurita hat bisher keine Erfahrung in politischen Ämtern –
anders als Villavicencio, der Abgeordneter war, bis das Parlament am 17.
Mai aufgelöst wurde. Vielleicht ist das auch der Grund, weshalb seine
Partei zunächst Andrea González Náder als Präsidentschaftskandidaten
nominierte. Sie griffen erst auf Zurita zurück, nachdem rechtliche Bedenken
bei der Nominierung González Náders aufgekommen waren, weil sie bereits
Vizepräsidentschaftskandidatin war.
„Formaljuristisch“, so der Dekan der juristischen Fakultät der Päpstlichen
katholischen Universität von Quito, Mario Melo, „kann ein Kandidat oder
eine Kandidatin für die Vizepräsidentschaft nicht ihre Kandidatur
stornieren und anschließend für das höchste Staatsamt kandidieren. Das
sieht die Wahlgesetzgebung nicht vor.“
Das hatten auch mehrere der konkurrierenden Parteien moniert und wohl
deshalb hat die Parteiführung von Construye ihre Kehrtwende vollzogen. Man
wollte kein rechtliches Risiko eingehen. Das wäre immens gewesen. Es ist
wahrscheinlich, dass jeder Schwachpunkt angegangen worden wäre, denn Zurita
und Villavicencio haben sich mit ihren Recherchen und mehreren Anzeigen
wegen Korruption gegen Politiker der „Bürgerrevolution“, Partei von
Ex-Präsident Rafael Correa (2007-2017), mächtige politische Feinde gemacht.
Noch einen Tag vor seiner Ermordung hatte Villavicencio bei der
Staatsanwaltschaft Anzeige wegen Unregelmäßigkeiten bei Ölverträgen
erstattet. Politisch verantwortlich war demnach Ex-Präsident Correa, der
Schaden für das Land wird laut Anzeige auf rund neun Milliarden Dollar (8,2
Milliarden Euro) beziffert. Für die harten Fakten war wie so oft Christian
Zurita verantwortlich, der nun im Scheinwerferlicht steht. Ob er eine
Chance bei der Wahl hat, ist fraglich. Zurzeit führt Luisa González, die
Kandidatin der linken „Bürgerrevolution“, alle Umfragen an.
14 Aug 2023
## AUTOREN
Knut Henkel
## TAGS
Ecuador
Präsidentschaftswahl
Schwerpunkt Korruption
Journalismus
Wahlkampf
Drogenkartell
Reiseland Ecuador
Ecuador
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