# taz.de -- AfD als Verdachtsfall: Neuer Eilantrag wegen Haldenwang | |
> Noch wird geprüft, ob die AfD Extremismus-Verdachtsfall ist. Wegen des | |
> Verfassungsschutzpräsidenten hat die Partei nun einen neuen Antrag | |
> gestellt. | |
Bild: Solange das Verfahren läuft, dürfen sie vom Verfassungsschutz als Verda… | |
FREIBURG taz | Die [1][AfD] hat am 11. Juli 2023 einen neuen Eilantrag | |
gestellt, mit dem sie wieder erreichen will, dass der Verfassungsschutz die | |
AfD nicht als Verdachtsfall bezeichnen darf. Nach taz-Informationen beruft | |
sich die AfD darauf, dass BfV-Präsident Thomas Haldenwang inzwischen offen | |
eingeräumt habe, dass er seine Aufgabe darin sieht, die Umfragewerte der | |
AfD zu senken. Dies zeige, dass er politisch agiere und das Amt seine | |
Kompetenzen überschreite. | |
Tatsächlich hat Haldenwang am 20. Juni 2023 nach der Vorstellung des | |
aktuellen Verfassungsschutzberichts im heute-Journal gesagt, „Nicht allein | |
der verfassungsschutz ist zuständig dafür, die Umfragewerte der AfD zu | |
senken, aber wir können die Bevölkerung wachrütteln, wir können Politiker | |
wachrütteln.“ | |
Der Hintergrund des neuen Eilantrags ist komplex: Im Januar 2021 wurde | |
bekannt, dass das Bundesamt für Verfassungsschutz beabsichtigte, die AfD | |
als „Verdachtsfall“ einer extremistischen Bestrebung einzustufen. Dagegen | |
klagte die AfD auf Unterlassung. Zugleich stellte die AfD schon damals | |
einen ersten Eilantrag, dass sie bis zur Entscheidung in der Hauptsache | |
nicht als „Verdachtsfall“ bezeichnet werden darf. Dieser Eilantrag hatte | |
teilweise Erfolg. Am 5. März 2021 entschied das Verwaltungsgericht (VG) | |
Köln in einem so genannten Hängebeschluss, dass die AfD bis zur | |
Entscheidung über den Eilantrag nicht als Verdachtsfall bezeichnet werden | |
darf. | |
Allerdings entschied das VG Köln dann am 8. März 2022, dass die Einstufung | |
der AfD als Verdachtsfall rechtmäßig ist. Zwei Tage später lehnte das VG | |
auch den parallelen Eilantrag der AfD ab. Seitdem kann die AfD vom | |
Bundesamt für Verfassungsschutz öffentlich als Verdachtsfall bezeichnet | |
werden. | |
## Urteil noch nicht rechtskräftig | |
Das Kölner Urteil ist allerdings noch nicht rechtskräftig. Die AfD hat | |
dagegen Berufung eingelegt. Zuständig ist das Oberverwaltungsgericht (OVG) | |
Münster. Auf den Ausgang dieses Verfahrens warten AfD, Verfassungsschutz | |
und die anderen Parteien mit großer Spannung. | |
Allerdings lässt dieses Berufungsurteil noch lange auf sich warten. Das OVG | |
will noch keinen Termin für ein Urteil nennen. Die Berufungsbegründung der | |
AfD war erst Ende 2022 eingegangen, nachdem die entsprechende Frist auf | |
Antrag der Partei verlängert wurde. Erst im Juli 2023 war die Erwiderung | |
des Bundesamts fertig. Nun hat die AfD wieder Zeit bis September, um zu | |
antworten. Anschließend will der zuständige OVG-Senat mit der „vertieften | |
Bearbeitung“ beginnen, teilte Gerichtssprecherin Gudrun Dahme auf Nachfrage | |
der taz mit. „Die Gerichtsakten umfassen derzeit cirka 10.000 Seiten“, so | |
Dahme, „Hinzu kommen mehrere hundert Beiakten, die im | |
Oberverwaltungsgericht einen ganzen Raum füllen.“ | |
Solange das Verfahren läuft, darf der Verfassungsschutz die AfD weiter als | |
„Verdachtsfall“ bezeichnen. Die Berufung hat keine aufschiebende Wirkung. | |
Die AfD hatte auch die Ablehnung des ursprünglichen Eilantrags durch das VG | |
Köln nicht angegriffen, sondern rechtskräftig werden lassen. | |
## Endgültige Entscheidung wohl erst nächstes Jahr | |
Nun, nach Haldenwangs neuen Äußerungen versucht es die AfD also erneut. Das | |
OVG will sich mit diesem neuen Eilantrag direkt befassen und vielleicht | |
noch im August eine Entscheidung treffen. | |
Das Gericht hat im wesentlichen drei Möglichkeiten: Es kann Haldenwangs | |
Äußerung für zulässig halten, dann ist der AfD-Eil-Antrag abgelehnt. Oder | |
es hält Haldenwangs Äußerung zwar für unzulässig, aber für irrelevant für | |
die Einstufung der AfD als Verdachtsfall, auch dann wäre der AfD-Antrag | |
abgelehnt. Erfolg hätte der AfD-Antrag nur, wenn die Richter den Schluss | |
der AfD mitvollziehen, dass der Verfassungsschutz als parteipolitisches | |
Instrument enttarnt wurde. Das ist eher unwahrscheinlich. | |
Umso wichtiger ist die Entscheidung des OVGs in der Hauptsache, mit der | |
aber wohl erst 2024 zu rechnen ist. Da die AfD eine Unterlassung der | |
Einstufung beantragt hat, kommt es bei der Entscheidung über das Wesen der | |
AfD auf den Zeitpunkt des Urteils an. Oder anders gesagt: [2][Jede weitere | |
Radikalisierung] schadet der Partei im Berufungsverfahren und macht die | |
Einstufung als Verdachtsfall nachvollziehbarer. | |
10 Aug 2023 | |
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## AUTOREN | |
Christian Rath | |
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