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# taz.de -- Abholzung des Akbelen-Walds in der Türkei: „Gehen Sie hin, höre…
> In der Türkei soll ein großer Wald dem Braunkohleabbau weichen. Die
> AnwohnerInnen leisten Widerstand. Nun gab es ein Sondertreffen im
> Parlament.
Bild: Polizisten im Einsatz gegen die Demonstrant:innen in Akbelen am 30. Juli
Istanbul taz | Erstmals in der Geschichte der türkischen Republik ist das
türkische Parlament am Dienstag zu einer Sondersitzung in der Sommerpause
zusammengekommen, um über einen Umweltkonflikt zu debattieren. Auf Antrag
der oppositionellen sozialdemokratischen CHP musste der von der AKP
gestellte Parlamentspräsident die Sitzung einberufen, um über die
[1][Abholzung eines großen Waldgebietes, unter dem Braunkohle abgebaut
werden soll], debattieren zu lassen.
Mehrere Busse voller AktivistInnen, vor allem DörflerInnen aus der
betroffenen Region, die sich seit Jahren gegen den Braunkohleabbau wehren,
waren nach Ankara gefahren und belagerten dann die Fraktionssitzungen der
verschiedenen Parteien, bevor es im Plenum zu einer Aussprache kam.
„Gehen Sie hin und hören Sie zu“, rief der [2][Vorsitzende der CHP, Kemal
Kılıçdaroğlu], im Parlament den VertreterInnen der Regierungsfraktionen zu,
die sich allerdings erwartungsgemäß stur gaben.
Als es am Ende einer emotionalen Aussprache zur Abstimmung darüber kam, ob
das Parlament das Thema für eine ausgiebige Befassung mit dem Ziel einer
Neubewertung des Braunkohleabbaus in der Türkei auf die Agenda setzen soll,
lehnte die Regierungsmehrheit den Antrag der CHP ab.
## „Kohle kann man nicht essen“
Dennoch werteten die AktivistInnen aus Akbelen die Sondersitzung des
Parlaments am Dienstag am Ende als Erfolg. „Wir haben uns sichtbar gemacht
und gezeigt, dass wir uns dagegen wehren, wenn der Staat und einige
Großunternehmer uns unsere Lebensgrundlage wegnehmen wollen“, sagte Nejla
İzci, Olivenbäuerin und Sprecherin des Widerstands, am Ende des Tages.
„Kohle kann man nicht essen, wir brauchen unsere Oliven und den Honig, von
dem wir leben.“
Die Auseinandersetzung schwelt seit Langem: Es geht um ein
Braunkohleabbaugebiet im Hinterland der Ägäisküste, das auf [3][Kosten des
Akbelen-Waldes und der Olivenplantagen] von vier Dörfern ausgeweitet werden
soll. Seit Jahren setzt sich die Mehrheit der DorfbewohnerInnen dagegen zur
Wehr, seit dem Sommer 2021 gibt es ein Widerstandscamp am Rande des
Akbelen-Waldes, wo DorfbewohnerInnen und AktivistInnen aus den umgebenden
Städten Bodrum, Milas und Muğla Wache gegen die Abholzung des Waldes
halten.
Vor zwei Wochen startete dann dennoch die Zerstörung des Waldes. Begleitet
von einem Großaufmarsch von Polizei und Gendarmerie wurde mit der Abholzung
begonnen. Mit massivem Einsatz von Wasserwerfern und Reizgas hinderte die
Gendarmerie die AktivistInnen daran, sich den Sägekolonnen
entgegenzustellen.
## Braunkohle gilt als heimischer Energieträger
Wie Oppositionsführer Kılıçdaroğlu in der Parlamentsdebatte sagte, geht es
aber nicht nur um die konkrete Auseinandersetzung in Akbelen. Überall in
der Türkei, sagte er, sei die Umwelt durch den Druck von Kohle- und
Bergbauunternehmen, die eng mit der Regierung zusammenarbeiten, gefährdet.
Dabei gibt es mit den erneuerbaren Energien durch Sonne und Windkraft
längst bessere und sogar billigere Alternativen. Speziell an der Ägäisküste
werden zwar auch viele Windkraftwerke gebaut, die Regierung will aus
Profitgründen, und weil sie die Abhängigkeit von Öl- und Gasimporten
möglichst schnell verringern will, dennoch an der besonders
umweltschädlichen Braunkohle als heimischem Energieträger festhalten.
9 Aug 2023
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## AUTOREN
Jürgen Gottschlich
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