| # taz.de -- Flensburger Baupläne stocken: Das fehlende Formular | |
| > Flensburg will ein neues Stadtviertel bauen, muss dafür aber erst einen | |
| > Hafen verlegen. Das geht nicht so einfach, wie die Stadtverwaltung | |
| > dachte. | |
| Bild: Lässt sich nicht mal eben an einen anderen Ort verlegen: der Flensburger… | |
| Neumünster taz | Wohnen mit Blick aufs Wasser, Kleingewerbe und ein | |
| nachhaltiges Verkehrskonzept: Flensburg will auf der Ostseite der Förde ein | |
| neues Stadtviertel bauen. Es soll die Wohnungsnot der wachsenden Stadt | |
| lindern und aus dem heutigen Industriegebiet ein attraktives zweites | |
| Zentrum machen. [1][Doch noch befindet sich ein Wirtschaftshafen auf dem | |
| Gelände.] Für den besteht eine Betriebspflicht, und bevor die aufgehoben | |
| wird, hat das zuständige Wirtschaftsministerium in Kiel noch ein paar | |
| Fragen. | |
| Eigentlich sollten die Arbeiten für das neue Vorzeigeviertel bereits in | |
| diesem Frühjahr losgehen. Doch der Start verzögert sich: Erst im November | |
| 2022 stellte die Stadt beim Land einen Antrag, um den Hafen am jetzigen | |
| Standort aus der Betriebspflicht zu nehmen. | |
| Dass die Flensburger Verwaltung es schlicht verbaselt hat, diese | |
| entscheidende Formalität zu regeln, weist Rathaussprecher Clemens | |
| Teschendorf zurück: „Die Pläne waren immer mit dem Land abgestimmt“, sagt | |
| er. Die Frage der formalen Genehmigung sei aus Sicht der Verwaltung „Teil | |
| des Prozesses“ gewesen. „Wir waren davon ausgegangen, dass es einfach ist, | |
| den Hafen zu verlegen. Wir wollten erst den zweiten Standort vorbereiten, | |
| sodass ohne Pause weitergearbeitet wird.“ | |
| Dass die Stadt mit dieser Meinung nicht ganz richtig lag, stellte sich im | |
| vergangenen Herbst heraus. Damals wies das Verkehrs- und | |
| Wirtschaftsministerium, das seit Sommer 2022 vom parteilosen Minister Claus | |
| Ruhe Madsen geführt wird, auf das fehlende Formular hin. Insofern | |
| bestätigte Teschendorf: „Der Antrag – ja, der hätte früher gestellt werd… | |
| sollen.“ | |
| ## Warnungen aus dem Wirtschaftsministerium | |
| Die Stadt hatte das Gelände rund um den Hafen-Ost im Jahr 2020 zum | |
| Sanierungsgebiet erklärt. Es handelt sich um rund 54 Hektar, davon liegen | |
| knapp 40 an Land, der Rest ist Wasserfläche. Auf dem Gelände stehen alte | |
| Speicher, teilweise mit Werkstätten darin, außerdem Betriebe und | |
| Lagerstätten. | |
| Um dort bauen zu können, möchte die Stadt den kommunalen Hafen auf die | |
| andere Seite der Förde verlagern. Dort gibt es ebenfalls Kai-Anlagen und | |
| eine Fläche direkt am Wasser, auf der die Stadtwerke bisher Kohle für das | |
| Kraftwerk lagern. | |
| Wenn die Energieversorgung auf neue Wärmequellen umgestellt wird, braucht | |
| es das Kohlelager nicht mehr, die Fläche wäre frei, argumentiert die Stadt, | |
| deren Rat sich mehrheitlich für die Pläne ausspricht. „Die Verlagerung wäre | |
| machbar, die Stadt hatte schon immer mehrere Anlegeflächen“, sagt | |
| Teschendorf. Auch über diese Pläne sei die Stadt „seit Längerem mit dem | |
| Land im Dialog“. | |
| Bei diesem Dialog kamen aus dem Wirtschafts- und Verkehrsministerium | |
| regelmäßig ablehnende Töne. 2018, als der Stadtrat über das neue Viertel | |
| diskutierte, reiste der damalige Minister Bernd Buchholz (FDP) mehrfach | |
| nach Flensburg und warnte vor der Stilllegung der Fläche: „Häfen sind keine | |
| dekorativen Schmuckstücke einer Stadt, sie sind ein wichtiger | |
| Wirtschaftsfaktor.“ | |
| „Dass Herr Buchholz kein Fan ist, das war uns bewusst“, sagt Teschendorf. | |
| Doch auch der neue Minister Madsen sieht „viele offene Fragen“, heißt es | |
| auf Anfrage aus dem Ministerium. Der Antrag auf Aufhebung der | |
| Betriebspflicht ist „nicht beschieden“. | |
| Würde Kiel den Antrag ablehnen, könnten die Pläne der Flensburger | |
| Ratsmehrheit scheitern: „Wohnraum plus den Hafen wird es nicht geben“, sagt | |
| Sprecher Teschendorf. Denn der Lade- und Löschbetrieb verursacht zu viel | |
| Lärm, um direkt daneben Häuser zu bauen. „Wir hoffen, dass unsere Argumente | |
| überzeugen.“ | |
| Dabei sind nicht einmal in der Stadt alle überzeugt. Seit Jahren setzt sich | |
| eine Bürgerinitiative dafür ein, den Hafen am alten Platz zu erhalten. | |
| Deren Mitglieder befürchten mehr Verkehr rund um den neuen Standort und | |
| wirtschaftliche Verluste, wenn der Hafen künftig weniger Platz hat. Darüber | |
| hinaus sei der Plan ein „Millionengrab“. | |
| Ratsfrau Gabriele Ritter vom „Bündnis solidarische Stadt“ wies in einer | |
| Ratssitzung auf einen anderen Aspekt hin: „Wir müssen die | |
| Hafen-Infrastruktur ausbauen, um so viele Güter wie möglich [2][von der | |
| Straße zu holen].“ Auch die [3][Minderheitenpartei SSW] ist gegen den | |
| Umzug. | |
| CDU und SPD befürworten die Pläne hingegen. [4][Aus Sicht der SPD ist die | |
| „Bedeutung des Wirtschaftshafens verschwindend gering“.] Sie verweist auf | |
| die Möglichkeiten, die das Gelände auf der Ostseite bietet: „In | |
| attraktivster Lage liegen große Chancen brach – für eine Stadt, die bald | |
| aus allen Nähten platzt“, heißt es in einem Konzept der Partei. | |
| Bis Jahresende soll die Entscheidung fallen. Geht es schief, wäre es nicht | |
| das erste Mal, dass die Flensburger Verwaltung ein Großprojekt plant, ohne | |
| alle rechtlichen und formalen Hürden aus dem Weg zu räumen: Für den Bau | |
| einer Straße war ein Landwirt enteignet worden – [5][zu Unrecht, wie sich | |
| später herausstellte]. | |
| 30 Aug 2023 | |
| ## LINKS | |
| [1] https://wimikiel.com/2018/04/11/buchholz-bei-besuch-in-flensburg-hafenflaec… | |
| [2] /Buergerinnenbefragung-an-der-Kueste/!5783195 | |
| [3] /Kommunalwahl-in-Schleswig-Holstein/!5931871 | |
| [4] https://flensburg-hafen.de/wirtschaftshafen/wirtschaftshafen-am-westufer/%2… | |
| [5] /Landwirt-kaempft-gegen-Enteignung/!5867771 | |
| ## AUTOREN | |
| Esther Geißlinger | |
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