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# taz.de -- Migrationspolitik in Polen: Gibt es Lösungen?
> Migration ist ein globales Phänomen, mit dem nicht nur Polens
> Regierungsparteil Stimmung macht. Dabei hat das Land einen bizarren
> historischen „Bonus“.
Bild: EU-Außengrenze und Barriere für Migrant:innen: Polnische Grenzanlage zu…
Der Sommer in Europa ist rekordverdächtig heiß, die Temperatur in der
polnischen Politik erreicht ihren Zenit. Wir schauen uns einige der
Vorschläge der Politiker an und reiben uns die Augen. Die Regierungspartei
PiS organisiert anlässlich der Wahlen im Oktober ein [1][landesweites
Referendum], bei dem zwei von vier Fragen die illegale Migration betreffen.
Während die PiS ihre Muskeln spielen lässt und Ängste schürt, schreckt aber
auch der Chef der größten Oppositionspartei, Donald Tusk, nicht davor
zurück. So kopiert er die [2][Strategien skandinavischer Politiker], die
populistische Anti-Einwanderer-Parolen in den Mainstream bringen.
Aber hat denn irgendjemand in Europa eine gute Idee, wie man dieses Problem
lösen kann? Schauen wir uns die Fakten an. Es vergeht keine Woche ohne
Nachrichten über eine Migrantentragödie. Vor ein paar Tagen kenterte ein
Beiboot auf dem Weg nach Großbritannien, sechs Menschen ertranken im
Ärmelkanal. Allein in diesem Jahr haben mehr als 45.000 Menschen den
Ärmelkanal überquert. Das ist Rekord.
Es ist allgemein bekannt, dass Migration heute ein globales Phänomen ist.
Es braucht keine Ermutigung oder Manipulation durch russische und
weißrussische Satrapen, damit sich Menschen auf den Weg machen, um ein
besseres Leben in Europa zu suchen. Da sie in ihrem eigenen Land keine
Chancen für sich sehen, machen sie sich auf eigene Faust auf den Weg.
Einige fliehen vor bewaffneten Konflikten, während für andere die
natürlichen Bedingungen unerträglich geworden sind. Nach Schätzungen der
Vereinten Nationen vom November 2022 wird es in einem weiteren
Vierteljahrhundert 9,5 Milliarden Menschen auf der Erde geben. Das Phänomen
der Migration in die wohlhabenderen Gebiete der Welt wird nur noch
zunehmen.
Obwohl die Regierung in Warschau sich damit brüstet, wie effektiv die an
der polnisch-weißrussischen Grenze errichtete Barriere ist, sind in letzter
Zeit etwa 14.000 illegale Einwanderer durch Polen nach Deutschland
gekommen. Auch ein absoluter Rekord.
## Bizarrer Bonus
Polen profitiert derzeit noch von einem bizarren historischen „Bonus“.
Trotz großer materieller Fortschritte in den letzten 30 Jahren ist seine
Attraktivität im Vergleich zu Deutschland immer noch durchschnittlich. Die
Lösung liegt nicht in Polens „erfolgreicher“ Migrationspolitik, sondern in
den niedrigen Löhnen, dem schlechten Zustand des öffentlichen
Bildungswesens und des Gesundheitswesens. Das sind jedoch vorübergehende
Kriterien. Als in der Ukraine ein ausgewachsener Krieg ausbrach, erwies
sich Polen für Millionen von Menschen aus dem Osten als attraktiv. Auch der
Umfang der Arbeitsmigration aus anderen Ländern wird zunehmen.
Gibt es Lösungen? Betrachten wir das Problem von zwei Seiten: Auf der einen
Seite versprechen Populisten, dass sie die Krise im Handumdrehen lösen
werden. Auf der anderen Seite raten die politischen Gegner der Populisten
von einfachen Lösungen ab. Seit Jahren spinnen sie nebulöse Märchen über
die Stärkung von Frontex, einer gemeinsamen Grenzpolitik und so weiter.
Irgendwo dazwischen versuchen sich die Befürworter einer Politik der
„harten Mitte“, wie im Fall von Dänemark, zu positionieren. Das ist aber
immer noch keine Lösung für das Problem, dass immer mehr verzweifelte
Menschen vor bewaffneten Konflikten oder der Armut fliehen.
Den Kopf in den Sand zu stecken – ob in Polen oder anderswo – hat seine
Grenzen. Wenn Politiker jedoch keine klugen und langfristigen Lösungen
finden, werden wir am Ende mit etwas anderem dastehen. Keine Lösung würde
höchstwahrscheinlich innerhalb weniger Jahre den Zerfall des Schengenraums
bedeuten.
26 Aug 2023
## LINKS
[1] https://www.euractiv.de/section/wahlen-und-macht/news/polen-referendum-zur-…
[2] /Migrationspolitik-an-EU-Aussengrenze/!5805211
## AUTOREN
Karolina Wigura
## TAGS
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Politische Theorie
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