# taz.de -- Torhüterin über Einsätze bei den Männern: „Ich habe dafür ge… | |
> Torhüterin Jana Dierkes spielt in der Dritten Fußballliga der Frauen und | |
> in einer Männermannschaft. In ihrem Fall ist das trotz DFB-Reform ein | |
> Problem. | |
Bild: Problematische Konstellation: Jana Dierkes inmitten der Herren-Mannschaft… | |
taz: Frau Dierkes, wie haben Sie den Moment erlebt, als Sie im vergangenen | |
Dezember das erste Mal bei einem Punktspiel im Tor einer Männer-Mannschaft | |
standen? | |
Jana Dierkes: Ich hatte Tränen in den Augen, als ich für meine aktuelle | |
Herrenmannschaft Blau-Weiß Bookholt auf dem Platz einlief. Nach vielen | |
Jahren, in denen ich immer genau das wollte, war ich endlich angekommen. | |
Auch meine Mannschaftskollegen und die Trainer kamen auf mich zu und | |
sagten: „Jana, wie schön, dass wir endlich mit dir auf dem Platz stehen | |
können.“ | |
Schon lange spielen Sie nicht nur in Frauen-Teams. | |
Mein Leben lang habe ich immer mit meinen Freunden zusammengespielt. Seit | |
ich drei Jahre alt bin, stehe ich für sie im Tor. Auch in der Jugend hatte | |
ich immer samstags ein Spiel mit den Jungs aus meinem Heimatverein, am | |
Sonntag hütete ich das Tor für die Mädels-Mannschaft vom Osnabrücker SC. | |
Schon damals musste ich mir meine Spielgenehmigung für die B- und A-Jugend | |
der Jungs erkämpfen. Als ich dann aber 18 Jahre alt wurde, durfte ich nur | |
noch bei Punktspielen meines Frauen-Teams mitspielen. | |
Damit haben Sie sich aber nicht zufriedengegeben. | |
Ich fand es blöd, nicht mehr mit meinen Freunden zu kicken. Also habe ich | |
immer wieder an den Niedersächsischen Fußballverband und den [1][Deutschen | |
Fußball-Bund] geschrieben, wann ich endlich bei den Herren meines | |
Heimatvereins auch in Punktspielen das Tor hüten kann. Trainiert habe ich | |
trotzdem weiter in beiden Mannschaften und auch bei Testspielen lief ich | |
für die Herren auf. Mit der neuen niedersächsischen Spielordnung hatte ich | |
die Hoffnung, dass es mir jetzt endlich erlaubt wird, wieder bei den Herren | |
zu spielen. Doch bis heute ist das nicht der Fall. | |
Wie kann das sein? Die [2][neue Spielordnung] ist genau für Spielerinnen | |
wie Sie angelegt. | |
Die Spielordnung sieht vor, dass ich nur in dem Verein meiner | |
Frauen-Mannschaft bei den Herren mitspielen darf. Wenn ich aber im Tor vom | |
Blau-Weiß Bookholt stehen möchte, brauche ich ein Zweitspielrecht. Das wird | |
mir derzeit nicht genehmigt. Die Begründung: Die beiden Vereine würden 97 | |
Kilometer auseinanderliegen – das sind drei Kilometer zu wenig, als für ein | |
Zweitspielrecht nötig ist. Mittlerweile habe ich das Gefühl, es werden | |
einfach Gründe gesucht, um mir das Spielen zu verbieten. | |
Bei dem Vorwärts-Hallenturnier in Nordhorn im Dezember haben Sie trotzdem | |
mitgespielt – und damit doch ein Punktspiel absolviert. Hatte das | |
Konsequenzen? | |
Im Vorfeld habe ich die Genehmigung von dem austragenden Verein eingeholt. | |
Von allen bekam ich grünes Licht, sie haben sich sogar sehr gefreut, dass | |
ich endlich mitspiele. Nach dem Turnier bekam mein Heimatverein Bookholt | |
eine Strafe von etwa 35 Euro vom niedersächsischen Verband, weil ich nicht | |
spielberechtigt gewesen sei. | |
Eigentlich haben Sie Ihr Frauen-Team bei der TSG Burg Gretesch. Was | |
motiviert Sie, unbedingt weiter bei den Herren in Bookholt zu spielen? | |
Für mich ist es normaler, bei den Männern zu spielen. Natürlich ist das | |
Niveau bei der TSG Burg Gretesch höher. Aber wenn ich auf dem gleichen | |
Niveau bei den Herren spielen könnte, würde ich dahin wechseln. Zudem ist | |
der Bedarf an Torhütern überall groß, da springe ich gerne ein. | |
Wie findet es Ihre Frauenmannschaft, dass Sie sich so dafür einsetzen, bei | |
den Männern eines anderen Vereins zu spielen? | |
Von offiziellerer Seite bekomme ich zu hören, dass es sich nicht | |
durchsetzen sollte, dass Frauen bei den Männern mitkicken. Die | |
Argumentation, dass es im Spiel zwischen Männern eine kräftigere Statur | |
braucht, um sich durchzusetzen, teile ich durchaus. Aber bei Torhütern | |
kommt es auf diese Körperlichkeit nicht an. Ob ich einen harten Schuss von | |
einer Frau oder einem Mann halte, ist egal – die haben ähnlich viel Wumms. | |
Meinem Trainer geht es da viel mehr um die Gefahr, dass ich mich in einem | |
Spiel für die Herren verletze und dann in seinem Team ausfalle. | |
Spieler der gegnerischen Teams schießen in Testspielen also genauso | |
kräftig, wenn Sie im Tor der Blau-Weiß-Bookholt-Männer stehen? | |
Im Spiel nimmt niemand Rücksicht auf mich als Frau, da wird geschossen wie | |
sonst auch. Es kommt eher vor, dass die Gegner beim Aufwärmen genau | |
beobachten, was ich drauf habe. Dann wird getuschelt: „Mist, die haben | |
einen guten Keeper“, nicht aber: „Oh Gott, da steht ja eine Frau im Tor.“ | |
Als Torhüterin ist es auch Ihre Aufgabe, die Abwehr zu dirigieren. Nehmen | |
die Spieler Ihre Ansagen an? | |
Wenn ich auf dem Platz etwas sage, wird darauf gehört. Oft freuen sich die | |
Spieler auch über meine Erfahrung, die ich aus dem [3][Frauenfußball] | |
mitbringe. Wie jeder andere, werde ich aber auch bei Fehlern angemotzt. Wir | |
behandeln uns alle gleich. | |
Werden Sie beim nächsten Vorwärts-Hallenturnier wieder im Tor der Männer | |
stehen? | |
Das ist gesetzt. Schon jetzt haben sich alle Vereine dafür ausgesprochen, | |
dass ich mitspiele. Gemeinsam nehmen wir dafür auch eine Strafe in Kauf. | |
Trotzdem setze ich mich weiterhin für meine Spielgenehmigung bei Blau-Weiß | |
Bookholt ein. Als erste Frau in Deutschland habe ich erkämpft, auch in der | |
A-Jugend bei den Herren zu spielen – auch dieses Mal werde ich Erfolg | |
haben. | |
14 Aug 2023 | |
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## AUTOREN | |
Lea Scholz | |
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