# taz.de -- Rekordspiel im Hamburger Frauenfußball: Freie Plätze am Millerntor | |
> Die Frauen des FC St. Pauli und des HSV treffen zu einem ungleichen Derby | |
> aufeinander. Erwartet werden deutlich mehr als 10.000 Fans. | |
Bild: Zwischen Feldstraßen-Bunker und Millerntorstadion: Training auf der „F… | |
HAMBURG taz | Es wird wohl das [1][größte Frauenfußballspiel], das Hamburg | |
je gesehen hat: Am kommenden Freitag treffen die ersten Frauenteams des FC | |
St. Pauli und des HSV aufeinander. St. Pauli hat seinen Frauen dafür | |
ausnahmsweise das Millerntorstadion geöffnet und schon jetzt ist klar, dass | |
über 10.000 Zuschauer:innen kommen werden, der Gästeblock ist schon | |
ausverkauft. Vielleicht könnten es sogar 20.000 Fans werden, hofft man beim | |
Club. | |
Es ist die zweite Runde des DFB-Pokals, und schon das ist für die St. | |
Pauli-Frauen, die in der Dritten Liga, der Regionalliga Nord, spielen, ein | |
Riesenerfolg. Sie haben in der ersten Runde den Magdeburger FFC im | |
Elfmeterschießen niedergerungen. Magdeburg spielt in der Regionalliga | |
Nordost, also auf Augenhöhe. | |
Nun kommt ein anderes Kaliber: [2][Die HSV-Frauen] sind gerade in die | |
Zweite Bundesliga aufgestiegen. Statt Büppel, Barmke und Henstedt-Ulzburg | |
stehen plötzlich Borussia Mönchengladbach und Eintracht Frankfurt auf der | |
anderen Seite – wenn auch nur die zweite Mannschaft, im Falle der | |
Eintracht. Dort siegte der HSV am zweiten Spieltag 4:1, nachdem der | |
Saisonstart im Sportpark Eimsbüttel gegen die Gladbacherinnen eine Woche | |
zuvor schon Lust auf mehr gemacht hatte: Dem 2:2 waren 1.100 | |
Zuschauer:innen gefolgt. | |
Die zweite Bundesliga soll nur eine Durchgangsstation sein für die Frauen, | |
die der HSV noch 2012 aus Kostengründen aus der ersten Liga abgemeldet | |
hatte. Treibende Kraft dahinter ist Horst Hrubesch. Er setzt sich enorm für | |
die HSV-Frauen ein, um die nötige Finanzierung, den nötigen Rahmen zu | |
ermöglichen. Gedacht ist dabei eher [3][an „Equal Play“ als an „Equal | |
Pay“.] | |
## Bei den Männern herrscht mehr Rivalität | |
Als Managerin verantwortet die 33-jährige Catharina Schimpf als | |
„Koordinatorin Frauenfußball“ den Aufschwung mit Blick in Richtung | |
Bundesliga. Erster wichtiger Schritt war der Aufstieg Mitte Juni. | |
Im Juli dann gab es Misstöne. Der HSV entließ ziemlich überraschend | |
Aufstiegstrainer Lewe Timm. Sein Assistent Marwin Bolz übernahm. Bolz ist | |
Catharina Schimpfs Lebenspartner, was die Frage aufwarf, ob das der | |
Hauptgrund für den Aufstieg vom Assistenten zum Chef gewesen sein könnte. | |
Der HSV e.V. verneinte dies gegenüber dem Hamburger Abendblatt und betonte, | |
Schimpf sei nicht Vorgesetzte von Bolz. Wie zu hören ist, soll Hrubesch | |
Hauptverantwortlicher für den Trainerwechsel von Timm zu Bolz gewesen sein. | |
Unter anderem soll Hrubesch für eine Verjüngung im Trainerteam gewesen sein | |
– Bolz ist 25, Timm 47. Bisher rechtfertigt der Erfolg diese Entscheidung. | |
Das 0:1 im Heimspiel gegen den FC Ingolstadt am Sonntag war die erste | |
Niederlage. | |
St. Paulis Frauen haben sich eine Liga tiefer nach zwei Auftaktniederlagen | |
am Sonnabend immerhin schon mal für das Pokalderby warmgeschossen: Beim FC | |
Jesteburg-Bendestorf siegten sie locker mit 4:0. Ob es in dieser | |
Konstellation überhaupt ein echtes Derby werden kann? „Doch, klar“, sagt | |
Ilijana Kljajić, Abteilungsleiterin für den Frauen- und Mädchenfußball. Sie | |
relativiert jedoch gleich: „Aber diese Rivalität wie bei den Männern gibt | |
es überhaupt nicht. Wir werden dort immer total nett empfangen.“ | |
## Begrenzte finanzielle Mittel bei St. Pauli | |
Solche [4][großen, publikumsträchtigen Spiele] haben den Frauenfußball | |
insgesamt schon häufig vorangebracht. Kljajić will die Erwartungen aber | |
nicht zu hoch treiben. „Für uns zählen vor allem die Erfahrungen, die wir | |
jetzt sammeln“, sagt sie. Man wolle vor allem eine solide Drittligasaison | |
spielen, ohne in Abstiegsnot zu geraten. Natürlich wünsche sie sich eine | |
Weiterentwicklung. | |
Und auch das Trainerduo aus Kim Koschmieder und Ex-Profi Jan-Philipp | |
Kalla, die auch privat ein Paar sind, arbeite an der Professionalisierung. | |
Aber dazu fehle es an vielem, sogar so banalen Dingen wie Trainingsplätzen | |
und -zeiten. „Damit haben fast alle Hamburger Vereine Schwierigkeiten.“ | |
Die St.-Pauli-Frauen, allesamt Schülerinnen, Studentinnen oder | |
Berufstätige, trainieren derzeit viermal pro Woche vor dem | |
Millerntorstadion auf einem Kunstrasenplatz, den sie liebevoll „Feldarena“ | |
nennen. Tribünen hat die allerdings nicht. „Nur zwei, drei Bänke“, sagt | |
Kljajić. Dennoch finden hier auch die Heimspiele statt. Die meisten der | |
normalerweise rund 200 Fans stehen dann einfach am Spielfeldrand. | |
Mittelfristig ist Besserung in Sicht: Wenn das neue Stadion vom Nachbarn | |
Altona 93 am Diebsteich fertig ist, würde St. Pauli es gern für seine U23 | |
und die Erste Frauen mitnutzen. „Wir sind da in guten Gesprächen“, sagt | |
Kljajić. | |
Zunächst wird den St.-Pauli-Frauen das Geld helfen, das sie im Pokal | |
einspielen – bei Ticketpreisen zwischen 10 und 20 Euro eine ordentliche | |
Summe. Davon können sie mehr als die Pokaltrikots finanzieren, um deren | |
Kosten es zuletzt Wirbel gegeben hatte. „Dass die Abteilungen so was | |
bezahlen, [5][ist im Amateurbereich völlig normal]“, sagt Kljajić. Stimmt | |
ja, noch geht es um Amateursport. | |
3 Sep 2023 | |
## LINKS | |
[1] /Luis-Rubiales-nach-der-Frauen-WM/!5952784 | |
[2] /Frauenfussball-beim-Hamburger-SV/!5930148 | |
[3] /Torhueterin-ueber-Einsaetze-bei-den-Maennern/!5952566 | |
[4] /Wolfsburg-Chef-zur-Champions-League/!5846709 | |
[5] /Die-DFB-Auswahl-nach-der-WM/!5954416 | |
## AUTOREN | |
Frank Heike | |
Jan Kahlcke | |
## TAGS | |
Fußball | |
Frauenfußball | |
DFB-Pokal | |
FC St. Pauli | |
HSV | |
Fußball | |
Kolumne Der rote Faden | |
Martina Voss-Tecklenburg | |
Fußball | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Sieg gegen Holstein Kiel in der 2. Liga: St. Pauli entwirrt sich | |
Gegen starke Kieler gelingt dem FC St. Pauli ein 5:1-Befreiungsschlag. Die | |
zuletzt verpflichteten Stürmer wurden dafür nicht gebraucht. | |
Luis Rubiales nach der Frauen-WM: Verbotene Liebe überall | |
Frauenfußball mag aufholen und doch mündete auch die Weltmeisterschaft in | |
Machismo. Leider haben noch immer die falschen Männer zu viel Macht. | |
Die DFB-Auswahl nach der WM: Keine Breite ohne Spitze | |
Für den DFB war die Frauenfußball-WM ein Desaster. Doch das große Aufräumen | |
bleibt aus – dabei ist das Nationalteam so wichtig. | |
Torhüterin über Einsätze bei den Männern: „Ich habe dafür gekämpft“ | |
Torhüterin Jana Dierkes spielt in der Dritten Fußballliga der Frauen und in | |
einer Männermannschaft. In ihrem Fall ist das trotz DFB-Reform ein Problem. |