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# taz.de -- Arbeitskampf im Einzelhandel: Unauffällig auffällig
> Erst die Demo, dann der Flashmob: Am dritten Tag des Warnstreiks setzt
> die Gewerkschaft Verdi auf kreative Protestformen.
Bild: Eine Streikende fordert auf der Kundgebung am Dienstag mehr Lohn
Berlin taz | Auf einem Poller vor dem Wasserklops am Breitscheidplatz in
Charlottenburg sitzen bereits kurz vor 10 Uhr drei Teilnehmer*innen des
geplanten Flashmobs. Einer sortiert die Streikkarten, die sie in den
kommenden Stunden verteilen wollen. Die anderen beiden rauchen eine
Zigarette.
Es ist der dritte Tag des Warnstreiks, zu der die Gewerkschaft Verdi
Berliner und Brandenburger Beschäftigte im Einzel- und Großhandel
aufgerufen hat. [1][Bereits am Dienstag fand auf dem Breitscheidplatz eine
große Kundgebung statt]. Im Gegensatz zu dieser Protestaktion tragen die
Teilnehmer*innen an diesem bewölkten Donnerstagvormittag keine gelben
Warnwesten. Auch laute Streikparolen sind nicht geplant. Stattdessen ein
Flashmob.
Immer neue Streikwütige kommen hinzu. Jedem Gruppenzuwachs reicht
Organisator Roman Galesky einen Verdi-Sticker und einen
Streikkartenstapel. Auf den Karten werden Kund*innen des Einzelhandels
aufgefordert, die Streikenden in ihrem Kampf gegen Reallohnverlust und
Altersarmut zu unterstützen.
Bevor es losgeht, wendet sich Galesky an die Gruppe, die mittlerweile aus
15 Personen besteht. „Wir sind die Guten“, sagt er. Und: „Wir bleiben
positiv, auch wenn wir aus einem Laden geschmissen werden.“
## Protest zwischen Pullovern, Taschen und Hosen
Laut der zweiten Mitorganisatorin Verena Weber sind Flashmobs als
Streikaktion nur erlaubt, solange der Arbeitsbetrieb nicht gestört wird.
Sonst könne vom Hausrecht Gebrauch gemacht werden. Und nicht nur in
Charlottenburg finde heute ein Flashmob statt, sagt Weber. „Wir haben uns
in mehrere Gruppen aufgeteilt und gehen heute in Geschäfte am
Alexanderplatz, am Potsdamer Platz, in Tempelhof, Schöneweide und
Waltersdorf.“
Um 10.30 Uhr läuft die Gruppe gemeinsam zu ihrem ersten Ziel. „Seid
kreativ, wo ihr die Karten anbringt“, sagt Galesky zu den Streikenden,
bevor sie den H&M direkt neben dem Breitscheidplatz betreten. An der
Rolltreppe am Eingang teilen sie sich auf. Einzeln laufen sie durch das
Geschäft und befestigen die Protestkarten an Werbereklamen und an die
Schaufenster, legen sie zwischen Pullover, in Taschen und unter gefaltete
Hosen.
Teilnehmerin Ramona sagt, sie erhoffe sich von der Aktion mehr
Aufmerksamkeit, um der Arbeitgeber*innenseite in [2][der nächsten
Verhandlungsrunde] ein besseres Angebot abzuringen. Mitstreiterin Bianka
drückt es drastischer aus: „Um mit Kind zu überleben, muss ich mir neben
meinen Vollzeitjob noch einen Nebenjob suchen.“ Damit wolle sie sich nicht
mehr zufriedengeben.
Insgesamt fünf Charlottenburger Geschäfte beglückt die 15-köpfige Gruppe am
Donnerstag mit ihrem Flashmob. Dann sind die Streikkarten verteilt.
17 Aug 2023
## LINKS
[1] /Warnstreik-im-Einzelhandel/!5950064
[2] /Tarifauseinandersetzungen-2023/!5905820
## AUTOREN
Elena Kirillidis
## TAGS
Streik
Einzelhandel
Verdi
Arbeitskampf
Lieferdienste
Streik
Frank Werneke
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