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# taz.de -- Einsatz nach Abtreibungspille in Polen: Mit der Polizei ins Kranken…
> „Ausziehen!“, forderten zwei Beamtinnen in Polen von einer jungen Frau.
> Sie hatte um psychologische Hilfe gebeten. Nun will sie die Polizei
> verklagen.
Bild: Pille danach
Warschau taz | „Zwei Polizistinnen forderten mich auf, mich nackt
auszuziehen, Kniebeugen zu machen und dabei zu husten“, erzählt Joanna,
eine junge Polin, im Fernsehsender TVN24. „Den Slip habe ich anbehalten, da
ich nach der Frühgeburt immer noch blutete. Aber es war so demütigend!“
Der Fernsehmoderator ist fassungslos – und mit ihm sind es wohl Millionen
von TVN24-Zuschauern vor den Bildschirmen. „Aber haben die Ärzte Ihnen
nicht geholfen?“, fragt der Moderator entgeistert. Die zierliche Frau mit
den langen schwarzen Haaren schüttelt den Kopf: „In der Notaufnahme des
Militär-Krankenhauses in Krakau haben mich die Ärzte noch gegen die vier
Polizisten verteidigt, die bei der Untersuchung dabei sein wollten. Doch
später im Narutowicz-Spital hatte ich keinerlei Unterstützung mehr.“
Passiert ist das Ganze schon Ende April, doch Joanna entschloss sich erst
jetzt, mit ihrer Geschichte an die Öffentlichkeit zu gehen. Die Polizei
veröffentlichte nämlich nicht nur ihre Version der Geschehnisse in den
Krankenhäusern, sondern auch intime Details zu Joannas Patientengeschichte
bei einer Psychologin. „Manchmal leide ich unter innerer Unruhe und
Angstzuständen“, sagt die junge Frau nervös in die Kamera. „Dann brauche
ich Zuspruch oder auch mal ein Beruhigungsmittel.“
Am 27. April habe sie abends bei ihrer Psychologin angerufen und gesagt,
dass sie sich schlecht fühle – physisch und psychisch. Ein paar Tage zuvor
habe sie eine Abtreibungspille genommen, um eine Frühgeburt auszulösen.
Jetzt durchlebe sie wieder einen Zustand der Angst. Sie wolle sich nichts
antun, brauche aber psychologische Hilfe.
## „Abtreibung“ und „Suizidabsichten“ gemeldet
Doch die Psychologin habe, so die Version der Krakauer Polizei, beim Notruf
112 angerufen, [1][eine „Abtreibung“ gemeldet] sowie vor „Suizidabsichten…
ihrer Patientin gewarnt. Daraufhin hätten ein Notarztteam und ein
Streifenwagen mit vier Polizisten die junge Frau zu Hause abgeholt und in
die Notaufnahme des Militärkrankenhauses gebracht. Dort konfiszierten sie
Joannas Laptop und Handy, um die „Straftatbestände aufklären zu können“ …
ließen sie allein zurück. „Ich war völlig verzweifelt“, erzählt Joanna …
Fernsehen. „Ich hatte kein Geld mitgenommen und konnte niemanden
kontaktieren. Ich habe nur noch geheult.“
Die Staatsanwaltschaft nahm aufgrund des Polizeiberichts ein
Ermittlungsverfahren gegen unbekannt aufgrund der Artikel 151 und 152,
Paragraph 2 des Polnischen Strafgesetzbuches auf. Die Artikel betreffen
Beihilfe zum Suizid und Beihilfe zur Abtreibung. [2][In beiden Fällen
drohen Gefängnisstrafen bis zu drei Jahren].
„Die Polizisten haben in Anwesenheit der Ärzte [3][ständig von einer
‚Straftat‘ Joannas gesprochen]“, erklärt Kamila Ferenc, Rechtsanwältin …
Stiftung für Frauen und Familienplanung Federa gegenüber der linksliberalen
Gazeta Wyborcza. „Dabei ist in Polen ein selbst herbeigeführter
Schwangerschaftsabbruch straffrei.“ Die Polizei habe durch ihr
unangemessenes Verhalten die Angst der Patientin noch gesteigert, statt ihr
zu helfen. „Wir werden Schadenersatz vom Staat einfordern und auch die
Psychologin verklagen“, so Ferenc. „Notfalls gehen wir bis vor den
Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte.“
20 Jul 2023
## LINKS
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## AUTOREN
Gabriele Lesser
## TAGS
Abtreibungsgegner
Polen
Frauenrechte
Polizeigewalt
Menschenrechte
Verhütung
Polen
Schwerpunkt Abtreibung
Polen
Polen
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