# taz.de -- Tod von Heide Simonis: Als der Heide-Mörder zuschlug | |
> 2005 stellte sich Ministerpräsidentin Heide Simonis im Kieler Landtag | |
> viermal zur Wahl – einer verweigerte ihr jedes mal die Zustimmung. | |
Bild: Minderheitsregierung war fast abgenickt: Heide Simonis am 17. März 2005 … | |
Peter Harry Carstensen grinste auf die Frage der taz-Journalistin hin, wie | |
es sich denn so säße auf dem Platz des Oppositionsführers. „Och, wir wollen | |
mal sehen, wer am Ende wo sitzt“, sagte er – [1][an jenem 17. März 2005] im | |
Foyer des Kieler Landtags, kurz vor Beginn der Sitzung, bei der Heide | |
Simonis erneut zur Ministerpräsidentin gewählt werden sollte und viermal | |
scheiterte. | |
Es war der Höhepunkt eines spannenden, mit harten Bandagen geführten | |
Wahlkampfes. Die CDU hatte unter dem unbekannten Kandidaten Carstensen | |
aufgeholt und ihre Wunschkoalition mit der FDP nur knapp verfehlt. Simonis, | |
die bereits seit 1993 regierte, wollte ihre Koalition mit den Grünen | |
fortsetzen, besaß aber keine Mehrheit im Landtag. Der [2][Südschleswigsche | |
Wählerverband] (SSW) war bereit, Rot-Grün zu tolerieren – das wäre | |
bundesweit ein Novum gewesen. Doch besonders die CDU schoss gegen das | |
Experiment. In einer Schmutzkampagne, unter anderem mit Protestbriefen von | |
Mitgliedern der Jungen Union aus der ganzen Republik, protestierte sie | |
gegen die Rolle des SSW. | |
Trotz aller Gegenwehr schien das Bündnis an jenem 17. März fest | |
geschmiedet. Dass beim ersten Wahlgang eine Stimme fehlte – geschenkt: ein | |
Denkzettel eben, ein Hinweis, dass auch einige Sozialdemokrat*innen | |
Probleme mit der Minderheitenregierung hatten. Doch als der zweite Versuch | |
erneut scheiterte, kippte die Stimmung. Es gab Pausen, in denen die | |
Fraktionen versuchten, ihre Leute zusammenzubringen. Vergebens: Beim | |
dritten, selbst beim vierten Wahlgang blieb Heide Simonis ohne Mehrheit. | |
Es war eine politische Hinrichtung auf offener Bühne – mit feixenden | |
Gesichtern auf Seiten von CDU und FDP, mit zunehmend starren Mienen bei | |
SPD, Grünen und SSW. Wortlos und wie versteinert verließ Simonis | |
schließlich den Saal, während Carstensen sein Angebot an die SPD erneuerte, | |
eine Koalition zu bilden – unter seiner Führung, versteht sich. Einen Monat | |
später kam das Zweckbündnis zustande. | |
Ein Gerücht, das am Tag der gescheiterten Wahl im Landeshaus gestreut | |
wurde, beschuldigte den SPD-Linken und damaligen Finanzminister Ralf | |
Stegner, der „Heide-Mörder“ gewesen zu sein – doch das ist unglaubwürdi… | |
schließlich gehörte er neben Simonis zu den größten Verlierern: Er hätte | |
gute Chancen gehabt, die Ministerpräsidentin eines Tages zu beerben. Nun | |
musste er unter Carstensen das Innenressort übernehmen. | |
Zwischen beiden gab es von Anfang an Spannungen, am Ende brachte Carstensen | |
nicht einmal mehr Stegners Namen über die Lippen. Ein Streit um | |
Schulbuskosten führte 2007 fast zum Bruch der Koalition, Stegner verließ | |
das Kabinett und wurde Fraktionsvorsitzender. Die Koalition währte bis 2009 | |
weiter. Dann erzwang Carstensen ein Misstrauensvotum gegen sich, um eine | |
Neuwahl im Herbst, parallel zur Bundestagswahl, zu erreichen. Im Anschluss | |
regierte die CDU mit der FDP. | |
13 Jul 2023 | |
## LINKS | |
[1] /Nachruf-auf-Heide-Simonis/!5947151 | |
[2] /Kommunalwahl-in-Schleswig-Holstein/!5931871 | |
## AUTOREN | |
Esther Geißlinger | |
## TAGS | |
SPD | |
Schleswig-Holstein | |
Politikerin | |
Ministerpräsidentin | |
Abwahl | |
SPD | |
Landtagswahl in Schleswig-Holstein 2022 | |
Landtagswahl in Schleswig-Holstein 2022 | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Nachruf auf Heide Simonis: Keine Knickse vor Thronen | |
Im Alter von 80 Jahren ist die ehemalige Ministerpräsidentin von | |
Schleswig-Holstein, Heide Simonis, gestorben. Ein Nachruf. | |
Handball in Schleswig-Holstein: Jarpwed, Glümu, Tawa | |
In Schleswig-Holstein liebt man Handball. Spitzensport gibt es in Kiel und | |
Flensburg, die Basis spielt in den Dorfvereinen mit lustig klingenden | |
Namen. | |
Phänomen SSW in Schleswig-Holstein: Rückenwind aus Berlin | |
Seit Herbst sitzt Stefan Seidler für den Süd-Schleswigschen Wählerverband | |
im Bundestag. Wird die Partei in Kiel bald wieder mitregieren? |