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# taz.de -- Die Wahrheit: Neununddreißig Stufen in die Hölle
> Gassen mit krimineller Vergangenheit findet man in Irlands Hauptstadt
> leicht. Schwieriger scheint es, die Stufen in diesen Mördergassen zu
> zählen.
Es sind nur 39 Stufen. Ich bin zur Sicherheit zwei Mal hochgestiegen und
habe sie gezählt. Warum heißt die enge, steile Gasse neben dem Dubliner
Schloss umgangssprachlich aber „40 steps“? Ihr offizieller Name ist Hoey’s
Court, hier kam 1667 der irische Satiriker Jonathan Swift auf die Welt.
Auch die zweite Gasse mit dem Spitznamen „40 steps“ hat nur 39 Stufen.
Früher hieß sie „Murdering Lane“, und man fragt sich, wie viele Morde dort
geschahen, bis sie den Namen erhielt. Parallel verlief die Cutthroat Lane,
die Gasse der Halsabschneider, von denen es noch immer sehr viele in Dublin
gibt.
Stadtrat McSwiney ließ die Mördergasse vor rund 160 Jahren in Cromwell’s
Quarters umbenennen, was bei der Bevölkerung nicht gut ankam, obwohl es
passend schien. Schließlich hatte Oliver Cromwell zwischen 1649 und 1653
eine mörderische Schreckensherrschaft in Irland errichtet. McSwiney
versicherte aber, dass er Cromwells Sohn Henry meinte. Der war Kanzler des
Trinity College und residierte in der Vice-Regal Lodge, von wo er auf die
Murdering Lane auf der anderen Seite des Flusses blicken konnte. Heutzutage
residiert Irlands Präsident Michael D. Higgins in der Lodge.
Es gibt in Dublin noch eine dritte Gasse, die „40 steps“ genannt wird. Auch
sie hat nur 39 Stufen. Können die Dubliner nicht bis 40 zählen? Diese Gasse
neben der Christ Church Cathedral, einer der beiden protestantischen
Kathedralen Dublins, führt geradewegs hinab in die Hölle, wenn man den
alten Erzählungen glauben kann. Manchmal taucht auf den Stufen eine grüne
Lady auf. Das ist der Geist von Darkey Kelley, die das Bordell The Maiden
Tower neben der Kathedrale betrieb.
Einer ihrer Kunden war der Sheriff Simon Luttrell. Der schwängerte Darkey
Kelley, und als sie ihn um finanzielle Unterstützung bat, bezichtigte er
sie der Hexerei. Sie wurde 1761 auf dem Scheiterhaufen verbrannt. Später
fand man im Kellergewölbe unter dem Bordell fünf männliche Leichen. War
Kelley Irlands erste Serienmörderin?
Im Gewölbe unter der Kathedrale war hingegen ein Wirtshaus untergebracht.
Die Gegend bis hinunter zur Fishamble Street, in deren Music Hall Georg
Friedrich Händel 1742 seinen Messias uraufgeführt hat, war das
Höllenzentrum der Verkommenheit.
Das Manual der Orgel, das Händel damals spielte, steht heute in der
nahegelegenen St. Michan’s Church. In der Gruft unter der Kirche liegen
zahlreiche Leichen, die wegen der gerbsäurehaltigen Luft nicht verwesen.
Ein Kreuzritter, der seit 800 Jahren dort wohnt, sieht mit Haut,
Fingernägeln und Haaren noch recht frisch aus. Früher musste man ihm die
Hand schütteln, weil es angeblich Glück brachte. Ich habe es fünf Mal
getan, aber dann klaute jemand den Schädel des Kreuzritters. Der Dieb wurde
gefasst, der Ritter bekam den Kopf zurück, aber die Hand darf man ihm
seitdem nicht mehr schütteln.
10 Jul 2023
## AUTOREN
Ralf Sotscheck
## TAGS
Kolumne Die Wahrheit
Irland
Dublin
True Crime
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