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# taz.de -- Die Wahrheit: Plappertasche ausgeschnattert
> Gerade wollte der irische Fernsehsender RTÉ mit der Regierung über eine
> Aufstockung des Etats verhandeln, da werden ein paar geheime Zahlen
> bekannt.
Im irischen Fernsehen Raidió Teilifís Éireann (RTÉ) laufen
Sportnachrichten. Der Fußballer Karim Benzema, so erfahren wir, verdient
beim saudi-arabischen Klub Al-Ittihad 22.800 Euro. Pro Stunde. „Ich glaube
kein Wort“, kräht mein Nachbar Declan. „Die lügen sich die Zahlen doch
zurecht, der verdient bestimmt viel mehr.“
RTÉ ist nicht nur bei Declan in Verruf geraten, seit herausgekommen ist,
dass der Sender gern Geldbeträge manipuliert und Schwarzgeldkassen
unterhält. Der öffentlich-rechtliche Sender hat ab 2017 dem Moderator der
„Late Late Show“, Ryan Tubridy, 345.000 Euro mehr bezahlt als bisher
zugegeben. Dabei war sein Grundgehalt von deutlich über 400.000 Euro im
Jahr kein Hungerlohn.
Seit Mittwoch müssen die RTÉ-Verantwortlichen vor einem parlamentarischen
Untersuchungsausschuss Rede und Antwort stehen – ohne die
Oberverantwortliche allerdings. Generaldirektorin Dee Forbes ist einen Tag
zuvor zurückgetreten und konnte aus gesundheitlichen Gründen leider nicht
vor dem Ausschuss aussagen. Das ist misslich, ist sie doch laut einem
unabhängigen Bericht die einzige Person, die „über alle notwendigen
Informationen“ zu den Zahlungen verfügt.
Dass man die exorbitanten Zahlungen verheimlicht hatte, ist verständlich,
schließlich hat RTÉ wegen Sparmaßnahmen 200 Menschen entlassen und den
Topverdienern das Gehalt um 15 Prozent gekürzt – außer Tubridy, dem strich
man lediglich 5,5 Prozent. Aber warum hat man ihm überhaupt so viel
bezahlt? Der 50-Jährige war ein mittelmäßiger Moderator einer mittelmäßigen
Show.
Früher saß die Nation jeden Freitagabend vor dem Fernseher, was auch an Gay
Byrne lag, der die „Late Late Show“ 37 Jahre lang moderierte. Ohne ihn
hätte es in Irland keinen Sex gegeben. In den achtziger Jahren, als
Verhütungsmittel nur an Paare mit Trauschein abgegeben wurden, zog sich
Byrne ein Kondom über den Zeigefinger, um den staunenden Iren zu zeigen,
wie es gemacht wird. Fortan stülpten sich die Iren vor dem
Geschlechtsverkehr ein Präservativ über den Finger.
Tubridy war dagegen eine lahme Ente, genauso waren auch seine
Entschuldigungen: Er sei „überrascht“ und „enttäuscht“ über diese
„unglücklichen Fehler“. Aber das sei Sache von RTÉ, und er sei in die
Buchhaltung nicht involviert. Er hat fünf Jahre lang nicht bemerkt, dass
RTÉ die Politiker, die Mitarbeiter und die Öffentlichkeit über sein Gehalt
belogen hat? Dann sollte er nicht mal ein Kaffeekränzchen im Altenheim zur
schattigen Pinie moderieren.
Zum Glück hat die Plappertasche nun ausgeschnattert. Für RTÉ kam die
Enthüllung zur falschen Zeit, verhandelte der Sender mit der Regierung doch
gerade über Etaterhöhungen. Die kann man sich nun abschminken. „Aber das
macht ja nichts“, findet Declan. „Man kann ja die alten ‚Late Late Shows�…
mit Gay Byrne wiederholen. Das reicht für die nächsten 37 Jahre.“
3 Jul 2023
## AUTOREN
Ralf Sotscheck
## TAGS
Kolumne Die Wahrheit
Irland
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