# taz.de -- Künstler reagieren auf Absage in Chemnitz: Bloß keine Apfelbäume… | |
> Das Projekt "We Parapom!" für Chemnitz 2025 wurde abgesagt. Bürgerwille? | |
> Oder weicht man da Unbequemlichkeiten der Kunst aus? | |
Bild: Asphalt aufhacken für Apfelbäume: Beitrag von Folke Köbberling für �… | |
Derzeit kursiert ein offener Brief in der Kunstszene. [1][Chemnitz ist 2025 | |
Kulturhauptstadt Europas], und der Intendant dieses riesigen EU-geförderten | |
Vorhabens, der Kulturmanager Stefan Schmidtke, will die Erzgebirgsstadt mit | |
viel Bürgerbeteiligung als Machermetropole präsentieren. Doch ein | |
partizipatives Kunstprojekt hat er abgesagt. | |
Unter dem Titel „We Parapom!“ sollten 4.000 Apfelbäume quer durch die | |
asphaltierte Stadt gepflanzt werden. Sie sollten im von Kriegszerstörung | |
und DDR-Stadtplanung gezeichneten Chemnitz einen vegetativen | |
Aufmarschboulevard bilden, auch wenn die empfindlichen Bäume unter | |
Aufhitzung und Wassermangel vielleicht nicht gedeihen können. Entlang | |
dieser fragilen Anti-Parade plante die Kuratorin dieses Projektes, die | |
österreichische Künstlerin Barbara Holub, künstlerische Interventionen: Das | |
britische [2][Architekturkollektiv Assemble] etwa wollte mit Jugendlichen | |
eine Spielsituation entwickeln, Künstlerin [3][Folke Köbberling] hatte | |
bereits 2021 für die Pflanzung mit Schüler:innen einen Parkplatz | |
freigelegt. Rund 20 solcher Beiträge sollte es geben. | |
Doch Bäume scheinen in der Öffentlichkeit ein empfindliches Thema zu sein, | |
vor allem in der Stadt, in der Auflagen und begrenzte Mittel der häufig | |
klammen Behörden schnell die Grenzen zwischen Vision und Praktikabilität | |
aufweisen. Komplikationen tauchten auf, in der „Stadtgesellschaft gab es | |
schließlich wenig Akzeptanz für den künstlerischen Aspekt dieses Projekts“, | |
verkündete am 26. Mai Stefan Schmidtke in einer Pressemitteilung und | |
cancelte das Vorhaben. Die Apfelbäume sollen jetzt unter Bürgerbeteiligung | |
andernorts gepflanzt werden. | |
Man verhindere, beklagen nun in jenem offenen Brief die Künstler:innen | |
von „We Parapom!“, dass [4][Chemnitz mit seinem Ruf „als ‚NeoNazi‘-St… | |
auch ein Ort sein kann, an dem relevante Ideen für eine gemeinsame Zukunft | |
produziert werden können“. Es kursierten gar Spekulationen, die Absage sei | |
eine Zensur von rechts. Dem widerspricht die Pressesprecherin der | |
Kulturhauptstadt Europas Chemnitz 2025 GmbH, Mareike Holfeld, heftig. | |
Trotzdem scheint man in Chemnitz offenbar demokratische Werte der Kunst | |
nicht verteidigen zu wollen. Denn ist es nicht sie, die losgelöst von | |
Pragmatismus und stadtgesellschaftlichen Stimmungsschwankungen auch | |
unbequeme Fragen stellen kann, vielleicht jene Stellen öffentlich aufdeckt, | |
an denen Wunsch und Wirklichkeit clashen? | |
11 Jun 2023 | |
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## AUTOREN | |
Sophie Jung | |
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