| # taz.de -- Parlamentswahl in Montenegro: Europa dominiert im Balkanstaat | |
| > Nach der Wahl in Montenegro stellt die Partei "Europa jetzt" die Mehrheit | |
| > im Parlament und den Präsidenten. Doch die Reformliste für den | |
| > EU-Beitritt ist lang. | |
| Bild: Nach dem Sieg seiner Partei „Europa jetzt“ will Milojko Spajić wiede… | |
| Sarajevo taz | Die Partei Europa jetzt ist die Siegerin der Parlamentswahl | |
| im kleinen Balkanstaat Montenegro, wo am Sonntag 540.000 Wähler aufgerufen | |
| waren, die Richtung des Landes zu bestimmen. Die zum Jahreswechsel in | |
| Erscheinung getretene und als proeuropäisch charakterisierte Partei erhielt | |
| nach Auszählung von 90 Prozent der abgegebenen Stimmen 25,5 Prozent und | |
| wurde damit stärkste Partei. | |
| Dicht auf ihren Fersen bleibt mit 23,8 Prozent die Demokratische Partei der | |
| Sozialisten, die jahrzehntelang das Land regiert hat und jetzt immerhin | |
| noch als zweitstärkste Kraft in das Parlament einziehen wird. Den dritten | |
| Platz belegte mit 14,7 Prozent die proserbische Partei Für die Zukunft | |
| Montenegros, die damit weit hinter den Erwartungen zurückblieb. | |
| Die Koalition aus URA und dem Demokratischen Montenegro, die einmal als | |
| Umwelt- und Demokratieparteien angetreten waren, erreichten mit 12,3 | |
| Prozent immerhin einen Achtungserfolg. | |
| Unter der Führung des scheidenden Premierministers und ethnischen Albaners | |
| Dritan Abazović und der ehemaligen Parlamentspräsidentin Aleksa Bećić haben | |
| diese Parteien trotz ihrer Kompromissbereitschaft gegenüber serbischen | |
| Nationalisten bei der Kernwählerschaft aus ethnischen Albanern und | |
| Umweltaktivisten nichts eingebüßt. Das Bild rundet eine bosniakische Partei | |
| ab, die 6,8 Prozent der Stimmen erzielte. | |
| ## Niedrigste Wahlbeteiligung bisher | |
| Als Zeichen der Frustration über die politische Szenerie sank die | |
| Wahlbeteiligung auf ein Rekordtief von 56,4 Prozent, verglichen mit 73,4 | |
| Prozent bei der Parlamentswahl 2020 und 70,2 Prozent bei der | |
| Präsidentschaftsstichwahl im vergangenen April. Das ist ein immenser | |
| Einbruch, der nicht mehr mit Wahlmüdigkeit allein zu erklären ist. Keiner | |
| der politischen Kräfte sei es gelungen, eine Euphorie zu entfalten, meinen | |
| die lokalen Zeitungen. Es kam zu keinen ethnisch motivieren Zwischenfällen. | |
| Das Ergebnis bestätigte die Dominanz von Europa jetzt, die Montenegro – | |
| seit 2010 offiziell Beitrittskandidat – in die Europäische Union (EU) | |
| führen will, aber gleichzeitig mit dem benachbarten Serbien einen Modus | |
| Vivendi sucht. Unter der Führung des ehemaligen Finanzministers Milojko | |
| Spajić will diese Partei nun die Regierung bilden. | |
| Da nach [1][der Präsidentschaftswahlen im vergangenen April], die sein | |
| Parteifreund Jakov Milatović gewonnen hatte, jetzt die stärkste Partei im | |
| Parlament und der Präsident eng zusammenarbeiten werden, ist immerhin der | |
| bisher jegliche Fortschritte lähmende Konflikt Regierung-Präsident | |
| beseitigt. | |
| Spajić wünscht sich eine schnelle Regierungsbildung, um die von Brüssel | |
| angeforderten Reformen beschleunigen zu können. „Wir werden mit denen | |
| verhandeln, die unsere Werte teilen – keine Verhandlungen mit der | |
| Demokratischen Partei der Sozialisten“, sagte er auf der Pressekonferenz. | |
| ## Flirt mit Serbien passt | |
| „Lange und harte Verhandlungen stehen bevor und das Potenzial politischer | |
| Erpressung wird größer“, sagte der politische Analyst Predrag Zenović | |
| gegenüber dem montenegrinischen Vijesti TV. | |
| Die nächste Regierung muss sich mit einer hohen Staatsverschuldung | |
| auseinandersetzen, die nicht zuletzt durch eine mit Geld aus China gebaute | |
| Autobahn angehäuft wurde. Sie müsse auch die Korruption bekämpfen und unter | |
| anderem das Justizsystem reformieren, gibt Zenović zu bedenken. Dazu | |
| brauche sie einen starken Rückhalt im Parlament. | |
| Positiv für die Bildung einer neuen Regierung des Nato-Landes könnte sich | |
| der Politikschwenk der USA und der EU gegenüber Serbien auswirken. Das | |
| Profil der neuen Regierung, die Mitgliedschaft in der EU anzustreben und | |
| gleichzeitig mit Serbien zu flirten, passt dazu. | |
| 12 Jun 2023 | |
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| ## AUTOREN | |
| Erich Rathfelder | |
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