# taz.de -- Wahlen in Montenegro: Ein bisschen mehr Serbien | |
> In Montenegro ist ein demokratischer Machtwechsel geglückt. Aber | |
> gleichzeitig dürfte der serbische Nationalismus im Land Auftrieb | |
> bekommen. | |
Bild: Wahlsieger Jakov Milatovic am Sonntag | |
Wenn auf der Feier nach dem Sieg des künftigen Präsidenten [1][Jakov | |
Milatović] junge Männer mit serbischen Flaggen, in Tschetnikuniform und dem | |
Gruß der nationalistischen Serben – den gespreizten drei Fingern – zu | |
tanzen beginnen, dann muss das jene verwundern, die von einem Sieg der | |
Demokratie in Montenegro und einem Bekenntnis der Wähler zu Europa | |
sprechen. | |
Der mit 37 Jahren junge Neupräsident Milatović hat mit seiner Partei Europa | |
jetzt [2][den seit 1990 regierenden Milo Ðukanović] geschlagen. Wer aber | |
davon ausgeht, Milatović könnte das Land schnell an die EU heranführen, | |
könnte sich täuschen. Montenegrinische, serbische und | |
politisch-intellektuell wache Leute aus der gesamten Region sind alarmiert: | |
Milatović wird dem Wunsch der serbisch-orthodoxen Kirche und der | |
Nationalisten, das „Brudervolk“ Montenegro nach Serbien zurückzuholen, | |
zumindest teilweise entgegenkommen müssen. Weil die Kirche und der | |
serbische Nationalismus Ðukanović dafür hassen, dass dieser Montenegro in | |
den vergangenen 30 Jahren von Serbien gelöst und sogar in die Nato geführt | |
hat, verspricht Milatović schon jetzt, das Land näher an Serbien zu rücken. | |
Montenegro solle sich an Europa, aber auch an Serbien anlehnen, erklärte er | |
im Wahlkampf. Dass er die Geschichtsversion Serbiens übernommen hat und | |
Kroatien und Bosnien für den Krieg der 90er Jahre verantwortlich macht, | |
aber über die serbischen Verbrechen von Vukovar, Dubrovnik und Srebrenica | |
nicht spricht, gehört zu dieser Strategie. Die serbische Kirche und die | |
serbischen Nationalisten von deren historischer Schuld reinzuwaschen, ist | |
die Voraussetzung dafür, Montenegro für die „serbische Welt“ zu gewinnen. | |
Noch gibt es das promontenegrinische Lager. Wahlverlierer Ðukanović hat | |
immerhin 40 Prozent der Stimmen gewonnen. Der Machtkampf zwischen den | |
beiden Lagern ist noch nicht entschieden. Falls Milatović einen Eiertanz | |
vollzieht, könnte seine Partei bei den anstehenden Parlamentswahlen auch | |
scheitern. Aber ein Machtgleichgewicht hat er schon jetzt erreicht. | |
3 Apr 2023 | |
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## AUTOREN | |
Erich Rathfelder | |
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