| # taz.de -- Die Wahrheit: Der wilde zwölfte Mann | |
| > Er hat seinen Platz im Stadion dort, wo die Ecken getreten werden, und | |
| > wird gefürchtet für seine Gemeinheiten, die Spielern den letzten Nerv | |
| > rauben. | |
| Freund Nikolaus – ich ändere seinen richtigen Namen besser ab, weil ich | |
| nicht weiß, ob er diese vorzeitige Würdigung seines Lebenswerks mit vollem | |
| Klarnamen genießen kann, – mag Fußball und Heavy Metal. Und Frauen, aber | |
| darum geht es jetzt mal ausnahmsweise nicht, wir sind doch nicht bei | |
| Rammsteins unterm Sofa. | |
| Freund Nikolaus ist im echten Leben ein dienstbeflissener Angestellter bei | |
| irgendeinem Amt für Bezüge und Versorgung. Das heißt, er sorgt mit vollem | |
| Einsatz seiner Murmel dafür, dass wir alle nur so viel Geld bekommen, wie | |
| wir verdienen! Er ist freundlich, konziliant, alles bleibt im Rahmen. Nach | |
| Feierabend aber gilt das Gesetz des Dschungels. | |
| Nikolaus hat einen natürlichen Feind: den Mann, der gegen Eintracht | |
| Braunschweig die Ecken tritt. Deshalb steht er im Stadion ganz unten in | |
| Block 5, wo er Blickkontakt aufnehmen und dem Schützen nach alter | |
| ostwestfälischer Verbalinjurienart und -kunst „die Hammelbeine langziehen | |
| kann“, wie er selbst seine Tätigkeit umschreibt. | |
| Es sind kleine Ad-hominem-Gemeinheiten dabei wie „Ey, Rektalfrettchen, | |
| schöööön Auflaufprämie abfressen!“ oder „Du Strafraumgespenst spielst … | |
| heimlich Klarinette, wer braucht denn so was, wi-der-lich!“ Er kann aber | |
| auch richtig mies werden. „Eins steht fest, du warst kein niedliches Baby.“ | |
| Nikolaus’ Vorteil ist, und da kommt der Metal ins Spiel, dass er sein Organ | |
| durchs viele „Slayer“-Gegröle auf Katastrophensirenenniveau hochgejazzt | |
| hat. Er verschafft sich Gehör. Man sieht immer wieder, wie der etatmäßige | |
| Standardspezialist beim ersten Mal erschrocken den Kopf einzieht, um sich | |
| danach nur mehr widerwillig in Richtung Eckfahne zu bewegen. Er weiß nun, | |
| gleich wird es hässlich. Und das wirkt. Man redet immer gern davon, die | |
| Fans seien der zwölfte Mann, aber das ist Quatsch. Freund Nikolaus ist es, | |
| denn von seiner Ecke aus fallen im Eintracht-Stadion keine Tore. | |
| Landesweit bekannt wurde vor einiger Zeit Nikolaus’ freundschaftliche | |
| Warnung an den Gegner, den außerehelichen Verkehr der Ehefrau mit dem | |
| Bofrost-Mann betreffend. Weil in den zuschauerarmen Coronazeiten der | |
| allgemeine Geräuschpegel so niedrig war, konnte man seinen gutgemeinten | |
| Mahnruf klar und deutlich in der „Sportschau“ hören. Irgendwann, befürcht… | |
| wir, wird er vor unseren Augen einfach so weggefangen. Nicht von der | |
| Polizei, sondern von einem Förster, der ihn im Wald auswildert. | |
| Das wäre schade, denn eigentlich ist er ein Poet. Neulich zum Beispiel beim | |
| mal wieder souverän gewonnenen Derby mit unserem Lieblingsgegner Hannover. | |
| Die Mittelfeldmaschine läuft für ein winziges Momentchen wie geschmiert. | |
| „One-Touch-Fußball“, ruft ein Irrer euphorisiert von soviel Schönheit. Ab… | |
| dann geht der Ball durch den üblichen Stockfehler ins Aus. Nikolaus am Zaun | |
| dreht sich zu uns um mit düsterem Gesicht und erhobenem Zeigefinger. „One | |
| touch too much!“ | |
| 15 Jun 2023 | |
| ## AUTOREN | |
| Frank Schäfer | |
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