| # taz.de -- Die Wahrheit: Headshot hauen einen raus | |
| > In der Braunschweiger Metal-Szene gibt es eine Gruppe, deren fulminante | |
| > Sängerin zur Freude aller Metal-Ratten Orks zum Frühstück futtert. | |
| Ben ist Bassist bei der Thrash-Metal-Band Headshot und macht gerade seine | |
| Abschlussprüfung als Tontechniker. Sein Meisterstück soll eine fertige | |
| EP-Produktion werden. Dafür darf er ein paar Stunden das formidable, die | |
| allerneuesten Recording-Schweinereien auffahrende Tonstudio der Hochschule | |
| nutzen. | |
| „Man kann Steuergelder eben auch sinnvoll verschwenden“, feixen die Profs, | |
| die hier normalerweise ihren avantgardistischen Quadratquatsch | |
| ausbaldowern. Ben fragt seinen Schlagzeuger Till, ob er mal eben schnell | |
| die Rhythmusspur einholzen könne. „Zwei, drei Songs, für mehr reicht die | |
| Zeit nicht.“ – „Zwei, drei?“, fragt Till, „dafür baue ich doch gar n… | |
| erst auf.“ | |
| Man verabredet sich trotzdem. Ab Mittag hat Ben das Studio gebucht, zum | |
| Vier-Uhr-Tee hat Till zwölf Tracks unauslöschlich auf die Festplatte | |
| genagelt. „Ranhaltefuchs“, meint das sympathische Urviech. Man kann das | |
| sogar sehen, es sind richtig tiefe Dellen auf der Platine. Aber dann muss | |
| er auch schon wieder weiter, er hat seiner Familie Königsberger Klopse zum | |
| Abendessen versprochen und braucht dafür zwei Kilo Gehacktes. „Wenn die | |
| Schlachterei keins mehr da hat, kein Problem, dann mache ich es schnell | |
| selber. Kapern werden überbewertet.“ | |
| Olaf ist Leadgitarrist und der Gesichtsälteste bei Headshot, trägt also die | |
| Häuptlingsfedern. „Wir machen jetzt ein richtiges Album“, bestimmt er. Max, | |
| der zweite Leadgitarrist, schaut ihn ehrfürchtig an. „Du hast geredet wie | |
| ein Löwe!“ Ein paar Monate später ist CD-Release-Party im Kufa-Haus, und da | |
| kommen die Braunschweiger Metall-Ratten zur Gänze aus ihren verwanzten | |
| Löchern gekrochen. | |
| Es passen etwa 300 XXL-Metalheads hinein in den Saal, Jonas der | |
| Veranstalter will keinen im Regen stehen lassen und verkauft 400 Karten. | |
| Die beiden Security-Hoschis erleben ihr Armageddon, sie drücken und | |
| schieben nach, aber nach 350 Kuttenträgern ist einfach Schluss. Der Rest | |
| trinkt sich einen in der Cafeteria und nach urkommunistischem | |
| Rotationsprinzip wird halbstündlich durchgetauscht. Headshot spielen dann | |
| zwei Sets, damit wirklich alle von Daniela Karrer die Leviten gebrüllt | |
| bekommen. | |
| Dani ist ja keine Sängerin im herkömmlichen Sinne, sie futtert einen Ork | |
| zum Frühstück und spült mit Batteriesäure nach – könnte ja ein schlechter | |
| Tag werden. Wenn man sie da oben wüten sieht, war der heutige ziemlicht | |
| schlecht. Aber die Braunschweiger Untertanen liegen ihrer Metal Queen zu | |
| Füßen. Kein Wunder, es ist zu zwei Dritteln Verehrung und mindestens zu | |
| drei Vierteln schlichte, unvermischte Scheißhausangst. | |
| Später höre ich, der Veranstalter Jonas sei vor dem Konzert ins Westand | |
| gegangen, gleich nebenan. Der Laden ist dreimal so groß, aber die heute zum | |
| Tanz aufspielende Dire-Straits-Coverband hat kaum Karten verkauft. „Wollen | |
| wir nicht lieber Plätze tauschen“, schlägt Jonas ihnen vor, wird aber mit | |
| unqualifizierten Äußerungen des Feldes verwiesen. Er hätte besser Queen | |
| Dani mitgenommen. | |
| 9 Jan 2024 | |
| ## AUTOREN | |
| Frank Schäfer | |
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