# taz.de -- Die Wahrheit: Hunderennen mit Saufaus | |
> Treten Tier und Mensch gegeneinander an, geht das eher nicht gut für Homo | |
> Sapiens aus. Besonders blamabel fällt die Blamage aus, ist Alkohol im | |
> Spiel. | |
Mein Vater war kein besonders professioneller Trinker. Das zeigten seine | |
Totalabstürze. „Er denkt immer, er verträgt wunder was“, schüttelte meine | |
Mutter am nächsten Tag streitlustig den Kopf, „dabei kann er gar nix ab. | |
Wie so ’n Baby!“ | |
Sie gab vor, mit mir zu reden, aber sie meinte natürlich ihn. Meistens | |
flüchtete er vor der Diskussion mit einem Abwinken, wenn er allerdings ein | |
wenig stolz war auf den Bock, den er da letzte Nacht wieder geschossen | |
hatte, zwinkerte er mir zu und hob den Zeigefinger an die Lippen. „Psssst!“ | |
Sie waren mit ein paar befreundeten Paaren „nach dem Tanzen“ bei uns | |
eingekehrt, um einer guten Flasche Asbach Uralt oder, furchtloser noch, dem | |
Kutscherschluck den Garaus zu machen. Schließlich kam man überein, den | |
grandiosen Abend mit einem kleinen Ausnüchterungsspaziergang abzurunden. | |
Allein, mein Vater kam nicht mehr hoch aus dem Sessel, partielle | |
Schnapsparalyse. | |
Davon allerdings wollte die Zechgemeinde nichts wissen. Sie holte aus dem | |
Garten die Schubkarre, half meinem Vater hinein und dann ging es los zu | |
einer Prozession durchs Dorf. Alle 500 Meter wechselten die Männer sich | |
beim Schieben ab und nahmen zur Motivation einen Schluck. | |
Mein Vater auch, weil ihm so langweilig war da vorn. Und zum Frischmachen. | |
Als sie ihren Rundgang beendet hatten, stieg er aus der Karre und bedankte | |
sich per Handschlag bei seinen Schiebern. „Ein Wunder“, riefen die | |
Ehefrauen. | |
## Spaziergang auf der Agenda | |
Einige Jahre davor oder danach kam er mit seinem Freund Alfred vom Fußball. | |
Die Alte Herren hatten die Elf aus dem Nachbardorf mit einem seriösen 3:1 | |
vom Feld geschickt, so dass sein Versprechen, nach dem Spiel sofort | |
heimzukommen, Runde um Runde gebrochen wurde. Alfred und er konnten sich | |
schließlich doch loseisen, es standen Spaziergänge auf der sonntäglichen | |
Agenda, Alfred mit seinem Schäferhund, mein Vater mit seiner Frau. | |
Enttäuscht darüber, den Kelch nicht bis zum Boden leer gelutscht zu haben, | |
gerieten die beiden auf dem Heimweg in einen Dissens. Ausgehend von einer | |
despektierlichen Bemerkung über den Fitnesszustand der Töle, stritten sie, | |
wer schneller sei – mein Vater oder das Tier. Ein Wettlauf wurde | |
verabredet. | |
Alfred holte seinen fellnasigen Freund aus dem Zwinger, ein Nachbar wurde | |
rekrutiert als Startsignalgeber und dann sah man, wie ein erwachsener Mann | |
von gut vierzig Jahren das Rennen seines Lebens lief gegen einen deutschen | |
Schäferhund. Selbst stocknüchtern hätte es kaum gereicht für meinen Vater, | |
aber so knallvoll war er chancenlos – der alternde Vierbeiner zog locker | |
vernichtend an ihm vorbei. | |
„Wir müssen deinen Vater in die Klapse bringen“, begrüßte mich meine Mut… | |
am nächsten Morgen. „Jetzt läuft er schon mit einem Hund um die Wette.“ Er | |
aber war mit seiner gestrigen Performance so im Reinen, dass er die | |
Garstigkeiten meiner Mutter überlegen weglächelte. | |
21 Sep 2022 | |
## AUTOREN | |
Frank Schäfer | |
## TAGS | |
Kolumne Die Wahrheit | |
Alkoholismus | |
Alkohol | |
Wettbewerb | |
Fußball | |
Kolumne Die Wahrheit | |
Kolumne Die Wahrheit | |
Kolumne Die Wahrheit | |
Kolumne Die Wahrheit | |
Kolumne Die Wahrheit | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Die Wahrheit: Der wilde zwölfte Mann | |
Er hat seinen Platz im Stadion dort, wo die Ecken getreten werden, und wird | |
gefürchtet für seine Gemeinheiten, die Spielern den letzten Nerv rauben. | |
Die Wahrheit: Ach & Krach | |
Nach der mehrjährigen Seuchenpause erstrahlt die vierte Ausgabe des | |
Metallfestivals Steel Held High in frisch poliertem Schwerterglanz. | |
Die Wahrheit: Schorse der Coach | |
Ein scheinbar übermotivierter Übungsleiter, eine kolossale Standpauke und | |
ein Fußballteam, das vor Scham schier im Boden versinken will. | |
Die Wahrheit: Teuer wie Metallica | |
Wer bei einem der relevanten deutschen Krachmaten-Labels aufkreuzt, der | |
muss sich auf was gefasst machen – auch auf hammerartige, drollige | |
Gesichter. | |
Die Wahrheit: Romantisches Schwermetallwochenende | |
Endlich wieder ein Konzert. Von der die Marmel durchpustenden harten Sorte. | |
Mit Shoutern, Anhimmlern und Zulötern. | |
Die Wahrheit: Metallköpfe wirbeln wieder | |
Endlich gibt es wieder Heavy-Metal-Konzerte. Manchen Fans stehen die | |
Kullertränen in den Augen, andere lassen einfach die Kopffransen fliegen. |