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# taz.de -- Ron DeSantis will US-Präsident werden: Mit „Anti-Wokeness“ an …
> Mit beispiellosem Kampf gegen alles Liberale hat Floridas Gouverneur Ron
> DeSantis nationale Bekanntheit erreicht. Nun tritt er gegen Donald Trump
> an.
Bild: Tritt gegen seinen einstigen Gönner an: Ron DeSantis bei einer Rede im A…
Es war ein Fall, der weltweit für Aufsehen sorgte, als in dieser Woche das
Gedicht [1][„The Hill We Climb“ der jungen Schwarzen Dichterin Amanda
Gorman] an einer Grundschule in Miami Lakes, Florida, aus den Regalen
genommen wurde. Eine Mutter hatte sich per Formular über das Gedicht
beschwert.
Das Poem über die ungleich schlechteren Aufstiegschancen junger Schwarzer
Menschen hatte internationale Bekanntheit erlangt, als es die damals erst
22-jährige Gorman bei der Amtseinführung von Präsident Joe Biden im Januar
2021 vortrug. Für die konservative Mutter aus Miami aber dient das Gedicht
ausschließlich dazu, „Verwirrung zu stiften und zu indoktrinieren“, schrieb
die Mutter, die zuvor schon vier weitere Bücher aus der Schule hatte
verbannen lassen.
[2][Gorman zeigte sich empört über die Entscheidung der Schule.] „Kindern
die Gelegenheit wegzunehmen, ihre eigene literarische Stimme zu finden, ist
ein Verstoß gegen deren Recht auf freies Denken und freie
Meinungsäußerung“, schrieb sie auf Twitter.
Dass das überhaupt möglich ist, [3][ist Floridas republikanischem
Gouverneur Ron DeSantis zuzuschreiben]. Und genau der hat diese Woche
offiziell bekannt gegeben, sich um die republikanische
Präsidentschaftskandidatur zur Wahl im November 2024 zu bewerben.
## Der hart gefochtene Kulturkampf
[4][Von den bisher bekannten Kandidat*innen gilt der 44-Jährige als
einziger ernstzunehmender Gegner für Ex-Präsident Donald Trump]. Dabei ist
seine politische Laufbahn gerade einmal zehn Jahre alt. Fünf Jahre als
Kongressabgeordneter in der US-Hauptstadt und nun seit fünf Jahren als
Gouverneur von Florida. Aber die Coronapandemie und der von ihm hart
gefochtene Kulturkampf zwischen Republikanern und Demokraten haben ihn auf
die nationale Bühne katapultiert.
Mit seiner Aussage, Florida sei der Staat, in dem „Woke“-Ideologien
sterben, verdeutlichte DeSantis im Januar dieses Jahres anschaulich, wofür
seine Politik steht. Egal ob Anti-Rassismus-Unterricht an Schulen, die
Rechte von LGBTQ+-Menschen oder Abtreibung – alles, was nicht der
traditionellen, auf christlichen Werten basierenden Denkweise entspricht,
steht in Florida zur Debatte und dank DeSantis auch auf der politischen
Agenda.
Aufgrund der republikanischen Übermacht in Florida, wo die Partei nicht nur
den Gouverneur stellt, sondern auch die Mehrheit in beiden Kammern der
Legislatur besitzt, können auch umstrittene Gesetzesentscheidungen zügig
umgesetzt werden. Das kommt an, sagt der republikanische Stratege Scott
Jennings im Gespräch mit der taz. „Republikanische Wähler sehen DeSantis in
einem sehr positiven Licht und haben generell eine hohe Wertschätzung für
ihn.“
DeSantis’ erste vier Jahre als Gouverneur von Florida lassen sich in zwei
Abschnitte unterteilen – vor und nach Corona. Während viele
US-Bundesstaaten während der Pandemie die Schulen und Geschäfte schlossen
oder Schutzmasken und Impfverordnungen verhängten, ging DeSantis einen
anderen Weg. Was beide Teile jedoch vereint, ist das Thema Kulturkampf.
„DeSantis hat das Thema Kulturkampf für sich vereinnahmt. Er ist mit dieser
Plattform in Florida angetreten und gewann“, sagt die republikanische
Strategin Alice Stewart im Gespräch mit der taz.
## Schutz der Kinder vor liberaler Politik
Laut DeSantis geht es bei diesen Kulturkämpfen nicht nur um die Zukunft der
USA, sondern auch um den Schutz von Kindern. Unter anderem hat er es sich
zur Aufgabe gemacht, gegen die, seiner Meinung nach, liberale Politik von
Lehrkräften vorzugehen. Unter seiner Führung wurden Gesetze erlassen, die
vorschreiben, wie Lehrkräfte mit Themen wie Rassismus (Critical Race
Theory), Geschlechtsidentität und Sexualität im Unterricht umgehen dürfen.
Diese Beschränkungen hatten zur Folge, dass hunderte Bücher, die sich mit
diesen Themen beschäftigen, aus Schulbibliotheken entfernt wurden. Dank
einer erst kürzlich erlassenen Erweiterung dieser Bestimmung reicht
mittlerweile die Beschwerde eines einzigen Elternteils, um ein Buch zu
verbieten.
Der Organisation PEN America zufolge wurden im Schuljahr 2021/2022 an
Floridas Schulen 565 Bücher verboten. Doch es sind nicht nur Büchervorbote
und Unterrichtsbeschränkungen, mit denen DeSantis und Republikaner in
Florida im Kulturkampf agieren. Auch wurde es trans weiblichen Personen
verboten, in Mädchen- und Frauensportwettbewerben anzutreten. Und erst
letzten Monat verabschiedete DeSantis eines der strengsten
Anti-Abtreibungs-Gesetze in den USA. Dieses Gesetz verbietet Abtreibungen
bereits nach der sechsten Schwangerschaftswoche – zu einem Zeitpunkt, an
dem viele Frauen noch nicht einmal wissen, dass sie schwanger sind.
DeSantis weiß, dass diese Kulturkampfthemen nicht überall im Land punkten
werden. „Er wird seinen Ton in diesen Angelegenheiten mäßigen müssen, wenn
wir uns den republikanischen Vorwahlen und der Präsidentschaftswahl nähern.
Was in einem roten Bundesstaat wie Florida ankommt, findet nicht im
gesamten Land Anklang“, sagt Stewart, die den Fokus auf Kulturkampfthemen
als eine von DeSantis’ größten Schwächen sieht.
## Anhaltende Fehde mit Disney
Auch DeSantis’ anhaltende Fehde mit Disney könnte vor allem auf nationaler
Ebene zu einem Problem werden, da sich Unternehmen von einem
republikanischen Präsidenten weniger Bürokratie und mehr Unterstützung
erhoffen. Die Fehde startete mit DeSantis’ sogenanntem „Don’t Say
Gay“-Gesetz, welches es Lehrer:innen verbietet, Themen wie sexuelle
Orientierung und Geschlechtsidentität im Unterricht zu diskutieren.
Der Disney-Konzern kritisierte das Gesetz öffentlich und DeSantis
reagierte, indem er dem Unternehmen – das immerhin einer der größten
Arbeitgeber in Florida ist – Steuervorteile strich. Durch den Streit sind
dem Bundesstaat bereits neue Einkünfte flöten gegangen. Das Unternehmen
strich kürzlich Pläne für einen neuen Campus, der 2.000 weitere
Arbeitsplätze nach Florida gebracht hätte.
Trotzdem boomt der Sunshine State. Floridas Wirtschaft und der Tourismus
laufen auf Hochtouren. Die Arbeitslosenquote ist niedrig und die
Kriminalitätsrate ist weiter am Sinken. Es sind genau diese Punkte, auf die
sich DeSantis im Wahlkampf konzentrieren sollte, sagt Stewart. Seine
Befürworter sagen, dass es diese Qualitäten sind – die Dinge anzupacken –,
welche in Washington dringend gebraucht würden. Gegner befürchten hingegen,
dass sein autoritärer Führungsstil nichts anderes bedeuten würde als
weitere vier Jahre Trump.
## Ein Riesenschub von Trump
Dem Ex-Präsidenten hat DeSantis politisch viel zu verdanken. Als er 2018
als praktisch Unbekannter ins Rennen um das Gouverneursamt ging, erhielt er
vom damaligen Präsidenten Rückenstärkung. Es war ein Riesenschub für seine
Kampagne. Am Ende konnte sich DeSantis knapp durchsetzen.
„Seine größte Schwäche ist es, dass er ausgerechnet gegen Donald Trump
antritt“, sagt Jennings. Sich von seinem einstigen Gönner so gut wie
möglich zu unterscheiden, ohne dabei aber dessen Anhänger zu verlieren,
wird Ron DeSantis’ größte Herausforderung werden.
26 May 2023
## LINKS
[1] /Amanda-Gorman-ins-Deutsche-uebersetzt/!5761784
[2] https://twitter.com/TheAmandaGorman/status/1661131819717390336?s=20
[3] /Ron-DeSantis-Praesidentschaftskandidatur/!5933640
[4] /US-Praesidentschaftswahl-2024/!5936830
## AUTOREN
Hansjürgen Mai
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Joe Biden
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