# taz.de -- Prozess gegen Coronaleugner Bhakdi: Im Zweifel für den Schwurbler | |
> „Querdenken“-Ikone Sucharit Bhakdi war wegen Volksverhetzung angeklagt. | |
> Davon hat ihn das Gericht am Dienstag freigesprochen. | |
Bild: Skurrile Szene am Amtsgericht Plön: Eine Frau kniet vor dem Angeklagten … | |
PLÖN taz | Der Prozess gegen den Coronaleugner Sucharit Bhakdi vor dem | |
Amtsgericht Plön in Schleswig-Holstein hat am Dienstag mit einer | |
Überraschung begonnen. Richter Malte Grundmann deutete an, dass die gegen | |
den pensionierten Professor für Mikrobiologie vorgebrachten Beweise | |
möglicherweise nicht ausreichen, um ihn wegen Volksverhetzung zu | |
verurteilen. So kam es: Am späten Nachmittag sprach ihn der Richter frei. | |
Die Staatsanwaltschaft erklärte gegenüber der taz anschließend, gegen die | |
Entscheidung Rechtsmittel einlegen zu wollen. | |
Bhakdi, der zu den bekanntesten Figuren der Coronaleugnerszene gehört und | |
[1][für die Querdenker-Partei] „Die Basis“ kandidiert hat, werden zum einen | |
Äußerungen in einem Videointerview vorgehalten, das er dem Fotografen Kai | |
Stuht gegeben hat. In dem Gespräch kritisiert er grundsätzlich den Umgang | |
von Politik und Wissenschaft mit der Coronapandemie: Dahinter stecke | |
[2][eine Verschwörung]. Sich gegen Covid, insbesondere mit | |
mRNA-Wirkstoffen, impfen zu lassen, sei Teil eines Menschenversuchs und | |
gefährlicher als das Virus selbst. | |
Als besonders negatives Beispiel für den Umgang mit der Pandemie nennt | |
Bhakdi den Staat Israel, weil dort die Menschen gezwungen worden seien, | |
sich impfen zu lassen und keiner mehr habe flüchten können. Er, Bhakdi, sei | |
einmal ein glühender Bewunderer Israels gewesen. „Die größten Geister waren | |
die Juden, es tut mir leid, dass ich das sagen muss“, sagt Bhakdi dann. Nun | |
zwinge ausgerechnet „das Volk, das aus diesem Land geflüchtet ist, das das | |
Erzböse war“, seine Bürger zur Impfung. Das mache Israel zur „living hell… | |
„Das ist das Schlimme an den Juden: Es gibt kein Volk, das besser lernt als | |
sie“, so Bhakdi weiter. | |
Die Staatsanwältin warf ihm vor, damit zum Hass gegen eine religiöse Gruppe | |
angestachelt zu haben. Er habe sich mit seinen Äußerungen vom Staat Israel | |
gelöst und sie verallgemeinernd auf alle Juden bezogen. Antisemitisch sei | |
auch, ihnen bestimmte Eigenschaften und Fähigkeiten zuzuschreiben. Mit der | |
Verbreitung über verschiedene Internetkanäle habe er ein großes Publikum | |
erreicht. | |
Im Rahmen eines „Hinweises vorab“ deutete Richter Grundmann allerdings an, | |
dass der Kontext der Äußerungen – das Interview – für eine strafrechtlic… | |
Verurteilung möglicherweise nicht ausreiche. Es kämen verschiedene | |
Deutungsmöglichkeiten in Betracht, wobei der Richter gehalten sei, die | |
günstigste Variante anzunehmen. | |
Auch bezüglich des zweiten Tatvorwurfs lässt der Richter Ähnliches | |
durchblicken. Zwar sei in dem Video von einer Wahlkampfveranstaltung der | |
„Basis“ zu hören, dass Bhakdi den Holocaust relativiere. Allerdings sei | |
zweifelhaft, ob die Rede vor 200 Menschen geeignet gewesen sei, den | |
öffentlichen Frieden zu gefährden. | |
## Anhänger Bhakdis vor dem Gericht | |
Bei dem Auftritt auf dem Kieler Rathausplatz im September 2021 warnte | |
Bhakdi vor einem „Tsunami“, der kaum aufzuhalten sei, wenn ahnungslose | |
Menschen genetisch modifizierte Substanzen gespritzt bekämen. Er sprach von | |
„der Abschaffung der Menschheit in der jetzigen Ausprägung“. Offensichtlich | |
ereigne sich vor unseren Augen ein weiterer „Holocaust“: „Vor 80 Jahren | |
waren es die Juden, die verteufelt wurden, heute sind es die Ungeimpften“, | |
sagte Bhakdi und fügte hinzu: „Ich glaube nicht, dass alle Politiker | |
schlecht sind.“ Viele seien einfach unwissend. | |
Nach mehreren Unterbrechungen wurden am späten Dienstagnachmittag die | |
Plädoyers gehalten. Die Vertreterin der Generalstaatsanwaltschaft hat eine | |
Geldstrafe von 180 Tagessätzen zu je 90 Euro gefordert. Die Verteidigung | |
hat auf Freispruch plädiert. | |
Vor Beginn des Prozesses hatten sich etwa 300 Anhänger Bhakdis vor dem | |
Gerichtsgebäude in Plön versammelt. Zeigte sich ihre Ikone am Fenster, | |
brandete Jubel auf. Justizpersonal bat darum, von den Fenstern | |
zurückzutreten, um andere Prozesse nicht zu stören. Auf einem Transparent | |
mit Herzchen stand „Freispruch für Prof. Dr. S. Bhakdi“. Presse war nicht | |
wohlgelitten. | |
Im Vorfeld hatte Bhakdi erklärt, dass er im Anschluss an den Gerichtstermin | |
eine Pressekonferenz plane, „um rein sachlich-wissenschaftlich von den | |
letzten Entdeckungen zu berichten“. Sie seien schrecklich. | |
23 May 2023 | |
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## AUTOREN | |
Gernot Knödler | |
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