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# taz.de -- Elon, Roger und die anderen: A great week for Antisemitismus
> Das Prinzip Antisemitismus funktioniert – immer anders, aber zuverlässig.
> Das haben diese Woche Elon Musk und Roger Waters vorgeturnt.
Bild: Protest gegen das Konzert von Roger Waters am 08. Mai in Köln
„A Great Day for Freedom“ heißt ein Song von Pink Floyd. Ein ziemlich
guter, wie viele ihrer Songs. Diese Woche war leider eher a great week for
Antisemitismus. Auch und vor allem dank [1][Roger Waters, einst Mitgründer
und Chef-Songschreiber von Pink Floyd], heute eher [2][singender
Reichsbürger].
Okay, den Davidstern auf dem Schwein lässt er inzwischen weg. Und er hat –
sicher ist sicher – vorher per Durchsage kundgetan, kein Antisemit zu sein.
Puh, ach so, na dann. Rock on. Die Show in Berlin war dann aber, nach
allem, was kolportiert wird, doch nur eine seiner Weltanschauung. Die ist
as plump as possible, Gut gegen Böse. Und böse ist nicht etwa Putin,
sondern Biden und Obama. Und wenn man schon nichts gegen Juden oder
Israelis sagen darf, buhu, dann halt: „Fuck Krieg gegen den Terror“, hehe,
immer schön quergeschnitten mit dem Leid der Palästinenser. Da versteht
auch jeder, wer und was gemeint ist. Das ist Gehirnwäsche, keine Kunst.
Deshalb sind auch alle Verteidigungen à la „Freiheit der Kunst“ bei solchen
Typen unangebracht. Klar, Kunst muss frei und in ihrer Freiheit geschützt
sein, das steht außer Frage. Aber sie muss halt den Anspruch von Kunst
erfüllen, um solche zu sein: Ein Mindestmaß an Transzendenz. Denn, sorry,
ein politisches Statement ist genau das – aber eben noch lange keine Kunst.
Aber genau deshalb kann natürlich Kunst selbst von solchen Firecrackers wie
Waters – sprich seine alten Songs – weiter Kunst und als solche geschützt
sein. Aber dazu haben sich diese Woche ein paar klügere Leute als [3][ich
im Haus der Wannseekonferenz Gedanken gemacht.]
Aber ganz ehrlich: In jüngster Zeit habe ich persönlich ziemlich viel
Agitprop gesehen, die sich einfach das Label Kunst aufgeklebt hat. Ja, ich
denke da auch an die vergangene documenta. Aber hey, in Berlin störte sich
anscheinend niemand an Waters’ Judenhass-Show – zumindest gab’s keinen
großen Protest. Aber vielleicht ist er in guter Gesellschaft.
## Israels Politik vergleichbar mit die der Nazis?
36 Prozent der Deutschen finden einer Studie der Bertelsmann Stiftung
zufolge, dass Israels Politik mit der der Nationalsozialist:innen
verglichen werden kann. Und die Amadeu Antonio Stiftung hat am Mittwoch ihr
jüngstes „[4][Zivilgesellschaftliche Lagebild Antisemitismus“] vorgestellt.
Darin geht’s unter anderem um die enge Verbindung des durchaus auch in
linken Kreisen verbreiteten Antiamerikanismus zu antisemitischen
Wahnvorstellungen; und darum, wie sich infolge des Ukrainekriegs, auch
getrieben von diesem Antiamerikanismus, eine neue „Friedens“-Querfront
bildet. Klar, der wahre Feind ist kein russischer Kriegsverbrecher, sondern
der Kapitalismus und dieser ganze modernistische Materialismus.
Wie absurd derlei Logiken sind, wurde die Woche perfekt vorgeturnt von Elon
Musk – einem, vorsichtig ausgedrückt, prominenten Vertreter des
Kapitalismus. Über den Finanzier und Holocaustüberlebenden George Soros
twitterte der Twitter-Chef, dieser hasse die Menschheit und wolle „die
Struktur der Zivilisation zersetzen“.
## Antisemitische Bilder immer zurechtgehauen
Er erinnere ihn an den Marvel-Schurken Magneto – in den Comics ebenfalls
ein Holocaustüberlebender und später selbst Massenmörder. Soros ist immer
wieder Angriffsziel von US-Rechten – denen Musk nahesteht. Einer ihrer
Vorwürfe: Soros unterstütze bei Wahlen eher tendenziell linke
Staatsanwälte.
Und genau darum geht’s doch eigentlich immer beim Antisemitismus: Die
antisemitischen Weltbilder werden von Linken wie Rechten, von
Friedensbewegten und Freiheitsfanatikern wie Musk jeweils passend
zurechtgehauen, um die eigenen politischen Interessen zu verfolgen. Von den
einen, um den Kapitalismus zu besiegen, von den anderen, um ihre
neoliberale, ultrakapitalistische Freifahrt nicht zu gefährden.
Und mit dem edlen Beharren auf Rede- und Kunstfreiheit kommen sie alle ganz
schön weit damit. Nächste Woche machen wir uns also alle bitte mal wieder
und weiter Gedanken, wie man diese zivilisatorischen Errungenschaften
schützen kann, ohne den Bullys und Hatern die Bühne zu überlassen.
21 May 2023
## LINKS
[1] /Roger-Waters-im-Konzert/!5932771
[2] https://www.rollingstone.de/roger-waters-live-in-berlin-symphonie-des-graue…
[3] https://www.ghwk.de/de/termine/termin/von-der-kunstfreiheit-gedeckt
[4] https://www.amadeu-antonio-stiftung.de/antisemitismus/lagebild-antisemitism…
## AUTOREN
Ariane Lemme
## TAGS
Kolumne Der rote Faden
Antisemitismus
Roger Waters
Elon Musk
Documenta
Kunstfreiheit
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BDS-Movement
Israel
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