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# taz.de -- Hannovers Buchhändler im Widerstand: Kampf um den Bibliotheksetat
> Lokale Buchhandlungen haben – vorläufig – verhindert, dass die
> Stadtbibliothek ihnen die Aufträge wegnimmt, um sie europaweit
> auszuschreiben.
Bild: Regal mit Reiseführern in der Stadtbibliothek von Hannover: wo kommen di…
Man hat sich ja doch ein bisschen gewöhnt an das Jammern und Wehklagen aus
der Buchhandelsbranche. Ja, ja, [1][alles wird immer schlechter], keiner
liest mehr, der böse Onlinehandel und so weiter … Um so verblüffender, wenn
es dann mal anders läuft: In Hannover haben sich die lokalen Buchhandlungen
auf die Hinterbeine gestellt und etwas geschafft, woran ihre Kollegen in
Berlin und Leipzig gescheitert sind. Sie haben – zumindest vorläufig –
verhindert, dass die Stadtbibliothek ihnen die Aufträge wegnimmt, um sie
gebündelt europaweit auszuschreiben.
Das Problem dahinter ist eines, das Buchhandlungen in vielen Städten
umtreibt. Traditionell vergeben die Stadtbibliotheken ihre
Beschaffungsaufträge oft freihändig oder über mehrere kleine kommunale
Ausschreibungen. Das ist oft nicht sehr transparent, aber historisch so
gewachsen – und für viele lokale Buchhändler immerhin eine halbwegs feste
Bank in Zeiten wackelnder Umsätze. Rund 35 inhabergeführte Buchhandlungen
gibt es in Hannover noch, zwischen 10.000 und 30.000 Euro pro Jahr bekommen
diese.
Wenn nun Stadtbibliotheken ihre Beschaffung bündeln und im Block vergeben,
minimiert das deren Bearbeitungsaufwand – vor allem, wenn man damit
verbundene Leistungen wie das Einbinden, Laminieren, mit Barcodes und
Diebstahlsicherungen versehen, gleich mit ausschreibt.
Das wollte auch die [2][Stadtbibliothek Hannover]. Der Haken: Wenn der
Auftrag damit 215.000 Euro überschreitet, muss zwangsläufig europaweit
ausgeschrieben werden. In Hannover ging es um mindestens 485.000 Euro, was
große Player bevorteilt, die das Rundum-Sorglos-Paket liefern können.
## Der Trend zum Outsourcing
„Das ist doch Irrsinn, weil man damit im Grunde [3][die Buchpreisbindung]
aushebelt“, sagt Caroline Momma vom hannoverschen
Buchhändlerinnen-Kollektiv Annabee. Bei Büchern gibt es im Grunde ja kein
Einsparpotential, weil die Preise festgeschrieben sind. Bei den sonstigen
Leistungen können die großen Händler aber mit Dumpingpreisen arbeiten und
so den begehrten Großauftrag quer subventionieren. Früher wurden die
meisten dieser Arbeiten in den Bibliotheken selbst erledigt, mittlerweile
greift der Trend zum Outsourcing um sich.
Gewarnt von Berlin und Leipzig, wo die Buchhändler zu spät realisierten,
dass sie ausgebootet werden und erst Alarm schlugen als die Ausschreibungen
praktisch schon vorlagen, wappneten sich die Hannoveraner frühzeitig. Sie
schlossen sich zusammen, gingen an die Öffentlichkeit, mobilisierten ihre
Kundschaft, setzten [4][eine Onlinepetition] auf, die in Rekordzeit von
4.800 Personen gezeichnet wurde – und damit das notwendige Quorum locker
übersprang.
Auch in der Politik kam der Gegenwind an: Der SPD-Europaabgeordnete und
Vorsitzende des Handelsausschusses im EU-Parlament, Bernd Lange, erklärte,
er halte eine europaweite Ausschreibung in diesem Fall für keineswegs so
zwingend, wie mancher es gern darstellt.
Am Ende gab es im Kulturausschuss der Stadt einen parteiübergreifenden
Konsens, Buchbeschaffung und sonstige Leistungen doch wieder getrennt zu
beauftragen. Letzteres soll möglichst eine soziale Einrichtung übernehmen.
Damit ist das Thema zwar noch nicht ganz erledigt, – die Verwaltung muss
einen neuen Vorschlag ausarbeiten, – aber immerhin ein beachtlicher
Teilerfolg errungen.
12 May 2023
## LINKS
[1] /Buchhandel-und-Corona/!5677006
[2] https://www.hannover.de/Leben-in-der-Region-Hannover/Bildung/Bibliotheken-A…
[3] /Preisgekroente-Buchhandlungen/!5896541
[4] https://www.openpetition.de/petition/online/lokale-buchhandelskultur-erhalt…
## AUTOREN
Nadine Conti
## TAGS
Hannover
Outsourcing
Schwerpunkt Stadtland
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Kolumne Der rechte Rand
Sprengel Museum Hannover
Greenpeace
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