| # taz.de -- Aktivist über Antifaschismus: „Man kann überall Verbündete fin… | |
| > Jakob Springfeld engagiert sich für Antifaschismus und Klimaschutz in | |
| > Sachsen. Über seine Erfahrungen und Anfeindungen hat er ein Buch | |
| > geschrieben. | |
| Bild: Möchte Springfeld mehr beachtet wissen: Engagement gegen Rechtsextremism… | |
| taz: Herr Springfeld, wann wurden Sie zuletzt bedroht? | |
| Jakob Springfeld: In Bautzen standen 10 bis 15 vermummte Neonazis vor dem | |
| Lesungsort. Ich wurde dann von der Security nach Dresden gebracht. Das war | |
| die letzte akute Bedrohungssituation. Es ist ansonsten länger nichts | |
| passiert. | |
| Hängt das mit Ihrem Umzug aus dem kleineren Zwickau ins größere Halle | |
| zusammen? | |
| In Halle bin ich einfach anonymer. Da hat auch niemand meine Adresse. Ich | |
| möchte aber auch betonen, dass ich die Möglichkeit habe, einfach meine | |
| Klappe zu halten und in eine Großstadt zu ziehen um irgendwann keinen | |
| Stress mehr mit Neonazis zu haben. Es gibt genug Leute, die das nicht | |
| einfach können, weil sie zum Beispiel von Diskriminierung betroffen sind. | |
| In Ihrem Buch „Unter Nazis. Jung, ostdeutsch, gegen Rechts“ beschreiben Sie | |
| sehr bedrohliche und gefährliche Situationen. Hilft es da, die Polizei zu | |
| rufen? | |
| So dumm wie es klingt, wir haben das natürlich versucht. Eine Anekdote | |
| dazu: Nach einer Demonstration kamen zwei, drei Neonazis auf uns zu und | |
| beleidigten und bedrängten uns. Wir riefen die Polizei und dachten jetzt | |
| ist der Moment, in dem endlich mal Daten aufgenommen werden und eine Ansage | |
| gemacht wird. | |
| Das war aber nicht der Fall? | |
| Nein, die Nazis rannten weg und die Polizei lief ganz langsam hinterher. | |
| Wir haben dann Anzeige gegen Unbekannt gestellt. Währenddessen kamen | |
| nochmal Nazis vorbei, beleidigten uns und die Polizei unternahm wieder | |
| nichts. Solche Erlebnisse häufen sich und sind massiv frustrierend. | |
| Reagiert das Publikum unterschiedlich, je nachdem, wo Sie lesen? | |
| Im Osten und auch in kleineren Orten ist eher so, dass die Menschen oft | |
| [1][ganz ähnliche Erfahrungen] schildern. Viele könnten das Buch genau so | |
| mit solchen Anekdoten schmücken. Wenn ich von Anfeindungen erzähle, melden | |
| sich danach Menschen, die teilweise zum ersten Mal von ihren Erlebnissen | |
| berichten. In Westdeutschland ist es häufig analytischer. Da fragt man sich | |
| eher: Wie ist das alles entstanden? | |
| Werden Sie häufig als „Nestbeschmutzer“ bezeichnet, wenn Sie die Zustände | |
| in Zwickau thematisieren? | |
| Es gibt ein Beispiel was mich in letzter Zeit massiv angekotzt hat: Ein Bus | |
| in Zwickau macht Werbung für ein Tattoo-Studio, das einen Wehrmachtsoldaten | |
| und einen Reichsadler tätowiert hat. Darauf habe ich in dem Buch und | |
| [2][auf Social Media] hingewiesen. Unter meinen Posts waren enorm viele | |
| Kommentare, die mich als Denunziant bezeichnet haben. | |
| Wie reagieren Sie auf diesen Vorwurf? | |
| Warum hätte ich meine ganze Jugend in der Stadt verbracht, wenn ich sie so | |
| hassen würde? Wenn mir Städte wie Zwickau und ihre Zivilgesellschaft nicht | |
| am Herzen liegen würden, täte ich das alles ja nicht. Meine Absicht ist es | |
| etwas zu benennen und dadurch zu verändern. Ich möchte die Menschen | |
| schützen, die coole Arbeit machen. | |
| Was muss sich denn ändern? | |
| Orte, die eine Zivilgesellschaft ermöglichen, müssen geschützt werden. Ich | |
| finde es wichtig, dass über jede Anfeindung berichtet wird, aber auch die | |
| Zivilgesellschaft sollte sichtbarer gemacht werden. | |
| Haben Sie deswegen das Buch geschrieben? | |
| Primär wollte ich verarbeiten was in Zwickau passiert war. Mir geht es | |
| nicht darum individuelle Anfeindungen aufzulisten. Es soll eine | |
| Wissensvermittlung zu extrem rechten Strukturen sein. Ich möchte ein | |
| Warnsignal senden: Wird die Zivilgesellschaft nicht unterstützt, bricht sie | |
| weg. Gleichzeitig soll das Buch auch Hoffnung machen. Selbst nach den | |
| Anfeindungen habe ich mit coolen Leuten zusammengefunden. Das hat uns sehr | |
| zusammengeschweißt. Egal wie beschissen es ist, man kann überall | |
| [3][Verbündete für Menschenrechte und Antifaschismus] finden. | |
| Sie sind Grünen-Mitglied. Ist das [4][mit Blick auf Hamburg] die richtige | |
| Partei für Antifaschismus? | |
| Ich bin bei den Grünen gelandet um erst Mal junge Leute für Weltoffenheit | |
| zusammenzubringen. Ich teile alle Kritik, die von außerparlamentarischer | |
| Seite herangebracht wird. Ich kritisiere auch [5][das Verhalten der Grünen | |
| in Hamburg]. Das ist keine antifaschistische und antirassistische Politik. | |
| Es gibt aber coole Leute, die sich über Kommunal- und Kreisverbände | |
| organisieren. Wenn ich dann zum Beispiel irgendwo im tiefsten Erzgebirge | |
| unterwegs bin, dann gehören die da zu den wenigen, die in einem total | |
| rechten Umfeld eine halbwegs stabile Politik machen. | |
| 10 May 2023 | |
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| ## AUTOREN | |
| Mona Rouhandeh | |
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