# taz.de -- Gewalteskalation in Nahost: Drei Tote bei Attentaten | |
> Zwei israelische Frauen starben im Westjordanland. In Tel Aviv wurde ein | |
> italienischer Tourist getötet. Premier Netanjahu mobilisiert zusätzliche | |
> Sicherheitskräfte. | |
Bild: Die Polizei sichert den Tatort des mutmaßlichen Anschlags in Tel Aviv | |
TEL AVIV/BEIRUT dpa/afp | Nach der jüngsten Eskalation im Nahen Osten | |
bleibt die Lage auch am Samstag unberechenbar. Bei mutmaßlichen Angriffen | |
im Westjordanland und in Tel Aviv starben am Freitag mehrere Menschen. Im | |
Westjordanland wurden bei einem mutmaßlichen Angriff von Palästinensern | |
zwei Frauen getötet. Nach Angaben der israelischen Armee wurden sie in | |
einem Auto beschossen. Die beiden Schwestern im Alter zwischen 20 und 30 | |
Jahren hätten dann einen Unfall gehabt, teilte der Rettungsdienst Magen | |
David Adom mit. Eine weitere Frau, die Mutter der Toten, sei | |
lebensgefährlich verletzt worden. Die Schwestern besaßen die israelische | |
und britische Staatsangehörigkeit. Zu dem Angriff bekannte sich zunächst | |
niemand. | |
Bei einem mutmaßlichen Anschlag in Tel Aviv starb ein Tourist aus Italien. | |
Nach Angaben der italienischen Regierung handelte es sich um einen | |
36-jährigen Mann. Sieben weitere Touristen im Alter zwischen 17 und 74 | |
Jahren wurden laut Polizei und Rettungskräften verletzt. Nach Angaben eines | |
Krankenhauses in Tel Aviv waren unter den Verletzten drei Briten und ein | |
Italiener. | |
Ein Attentäter hatte laut Polizei am Freitagabend nahe der Strandpromenade | |
in der Küstenstadt eine Gruppe von Menschen mit seinem Auto gerammt. Das | |
Fahrzeug habe sich überschlagen. Als der Fahrer versuchte, eine Waffe zu | |
ziehen, sei er von einem Polizisten erschossen worden. Die Nachrichtenseite | |
ynet berichtete, der Täter sei ein israelischer Araber. Die israelische | |
Regierung kündigte die Mobilisierung zusätzlicher Polizisten und Soldaten | |
an. | |
Ministerpräsident Benjamin Netanjahu habe die Polizei angewiesen, „alle | |
Reserveeinheiten der Grenzpolizei“ in Bereitschaft zu versetzen, teilte das | |
Büro des Regierungschefs mit. Zudem habe Netanjahu die Armee angewiesen, | |
„zusätzliche Kräfte zu mobilisieren, um den Terroranschlägen | |
entgegenzutreten“, erklärte es weiter. | |
Die USA verurteilten die Attacken „auf unschuldige Zivilisten“. Das | |
Außenministerium in Washington hob Israels Recht auf Selbstverteidigung | |
hervor. „Die Vereinigten Staaten stehen an der Seite der israelischen | |
Regierung und des israelischen Volkes“, erklärte Ministeriumssprecher | |
Vedant Patel. | |
## So viele Raketen wie seit 2006 nicht mehr | |
Die Ereignisse folgten auf schweren Beschuss mit Raketen aus dem Libanon | |
auf Israel, [1][woraufhin Israel in der Nacht zum Freitag Stützpunkte | |
militanter Palästinenser im Nachbarland sowie im Gazastreifen aus der Luft | |
angegriffen hatte]. Die Armee machte sie für die heftigsten Angriffe aus | |
dem Libanon seit anderthalb Jahrzehnten verantwortlich. Auch in Israel gab | |
es mehrfach Alarm, weil Geschosse aus dem Gazastreifen abgefeuert wurden. | |
Am Donnerstag waren nach Angaben der israelischen Armee Dutzende Raketen | |
aus dem Libanon auf israelisches Gebiet gefeuert worden – so viele wie seit | |
2006 nicht mehr. Damals war zwischen den beiden Seiten ein Krieg | |
ausgebrochen. Bereits seit 1978 befinden sich die beiden Länder offiziell | |
im Kriegszustand. Damals war Israel erstmals in den Libanon einmarschiert. | |
An der Grenze der beiden Staaten kommt es immer wieder zu Spannungen. Die | |
im Gazastreifen herrschende Hamas hat auch in den palästinensischen | |
Flüchtlingslagern im Libanon großen Einfluss. | |
Israels Armee nahm eigenen Angaben zufolge im Libanon „terroristische | |
Infrastruktur“ der Hamas zum Ziel. Bei den Angriffen sind Augenzeugen | |
zufolge mehrere Häuser nahe der Stadt Tyros beschädigt worden. | |
Der Libanon trage die Verantwortung für jeglichen Beschuss, der von seinem | |
Staatsgebiet ausgehe, hieß es in einer Erklärung des israelischen Militärs. | |
Dessen geschäftsführender Ministerpräsident Nadschib Mikati betonte: „Der | |
Libanon lehnt jede militärische Eskalation, die von seinem Land ausgeht, | |
sowie die Nutzung libanesischen Territoriums zur Durchführung von | |
Operationen, die die bestehende Stabilität gefährden kann, vehement ab.“ | |
In der Nacht zum Freitag und am Morgen flog Israels Armee auch Angriffe auf | |
den Gazastreifen. Israelische Kampfjets bombardierten nach Militärangaben | |
unter anderem Waffenfabriken sowie Angriffstunnel der islamistischen Hamas. | |
Verletzte oder Tote wurden zunächst nicht gemeldet. Ein Kinderkrankenhaus | |
wurde nach Angaben des palästinensischen Gesundheitsministeriums | |
beschädigt. Eine Sprecherin der israelischen Armee bestätigte Angriffe auf | |
Ziele in der Nähe, von einer Beschädigung des Krankenhauses wisse sie aber | |
nichts. | |
Auch in einigen israelischen Orten im Süden gab es mehrfach Raketenalarm. | |
Nach Angaben der Armee wurden mehr als 40 Geschosse in der Nacht aus dem | |
Gazastreifen auf Südisrael abgefeuert. | |
Der jüngsten Eskalation in Nahost vorausgegangen waren [2][Zusammenstöße | |
der israelischen Polizei mit Palästinensern auf dem Tempelberg] (Al-Haram | |
al-Scharif) in Jerusalem. Der Tempelberg steht unter muslimischer | |
Verwaltung, während Israel für die Sicherheit zuständig ist. Der Tempelberg | |
mit dem Felsendom und der Al-Aksa-Moschee ist die drittheiligste Stätte im | |
Islam. Er ist jedoch auch Juden heilig, weil dort früher zwei jüdische | |
Tempel standen. Auf dem Gelände um die Moschee kommt es immer wieder zu | |
gewalttätigen Konfrontationen. | |
Weil dieser Tage Ramadan, das jüdische Pessach-Fest sowie Ostern | |
gleichzeitig stattfinden, zieht es deutlich mehr Gläubige als sonst in die | |
Jerusalemer Altstadt. | |
## Protestmarsch abgesagt | |
Trotz der verschärften Sicherheitslage sollen die Proteste gegen die | |
Politik der rechts-religiösen Regierung von Benjamin Netanjahu weitergehen. | |
Die wöchentliche Kundgebung in Tel Aviv am Samstagabend werde wie geplant | |
stattfinden, teilten die Veranstalter mit. Ein anschließender Marsch sei | |
jedoch auf Bitten der Polizei abgesagt worden. | |
Seit mehr als drei Monaten kommt es in Israel [3][zu ständigen Protesten | |
gegen eine geplante Justizreform der Regierung], die nach Expertenmeinung | |
die Grundfesten der Demokratie bedroht. „Wir werden den Kampf gegen die | |
Diktatur fortsetzen, als ob es keinen Krieg gegen den Terror gäbe“, teilten | |
die Veranstalter mit. Gleichzeitig werde man die Sicherheitskräfte | |
unterstützen, „als ob es keinen Krieg gegen die Diktatur gäbe“. Bei der | |
Kundgebung in Tel Aviv solle auch der jüngsten Opfer gedacht werden. | |
8 Apr 2023 | |
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