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# taz.de -- Berliner Olympiapläne: Die wollen nur Spiele
> Der Begriff „Olympia ’36“ soll nicht mehr an schlimme Geschichte
> erinnern. Deshalb plant Berlin im Sommer 2036 ein „Megaevent“.
Bild: Ein Blick auf Olympia 1936
Das Kürzel ist in der Welt, und das ist beabsichtigt. Die neue Berliner
Landesregierung will ein sportliches Megaevent anschieben, und das wird so
heißen: Olympia ’36.
Dass die Weltöffentlichkeit bei [1][„Olympia ’36“] eher nicht an Kai Weg…
und Franziska Giffey denkt, sondern historische Assoziationen hat, ist eine
besondere Herausforderung. Die Welt soll sehen, dass das Deutschland 2036
ein anderes ist als [2][1936].
Nun könnte man einwenden, dass die Spiele des Jahres 1936 ja auch an eine
demokratisch regierte Stadt vergeben wurden, nämlich 1931, als die SPD den
Bürgermeister stellte, bekam Berlin den Zuschlag. Die NSDAP hetzte da noch
gegen die Spiele, doch als sie an der Macht war, erkannte sie deren
propagandistische Kraft, die, seien wir ehrlich, ungebrochen ist.
Aus 1931 könnte man lernen, dass eine „Bewerbung mit einem nachhaltigen
Konzept“ (Koalitionsvertrag) nicht unbedingt zu dem beabsichtigten Ergebnis
führen muss. Eine „große Chance für Berlin“ sei das, schreiben CDU und S…
aber seit wann werden in dieser Stadt Chancen genutzt?
Die Rhetorik von der Nachhaltigkeit überdeckt nicht zuletzt die
geschichtspolitische Dimension des Plans. Es sollen nämlich die vorhandenen
Sportstätten Berlins genutzt werden. Am prominentesten dürfte das
Olympiastadion sein. Es wurde gebaut für die Spiele 1936, und vor ihm
stehen Statuen von Arno Breker und Georg Kolbe, die überlegene arische
Wettkämpfer darstellen sollen. Alles erinnert hier an NS-Symbolik.
## Gentrifizierung und Geschichtsverdrängung
Es gibt Befürworter der Idee von Olympischen Spielen 2036, die hoffen, das
würde zu einer ernsthaften Auseinandersetzung mit 1936 führen. Doch es gibt
keinen einzigen Beleg für diesen Optimismus. Das Olympiastadion ist mit
Rundüberdachung und blauer Laufbahnfarbe für alles Mögliche kompatibel
gemacht worden, aber gewiss nicht für eine seriöse Geschichtsaufarbeitung.
Neben dem Stadion befindet sich der Olympiapark, der eine Art
1936-Freiluftmuseum darstellt, das sich anbietet, um die
Nazi-Inszenierungen kritisch aufzubereiten. Doch das geschieht nicht. Nein,
der Fußballverein Hertha BSC will sogar eine neue Fußballarena so bauen,
dass das historische Areal faktisch kaum noch zu erkennen ist.
Gegen Olympische Spiele lassen sich viele Argumente vortragen: Sie dienen
als Hebel einer Stadtentwicklung, zu der Vertreibung, Abriss und
Verteuerung gehören. Für die Spiele wird öffentliches Vermögen in privates
Kapital umgewidmet. Eine demokratische Kontrolle des Megaevents ist nicht
nur wegen dessen Größe nicht möglich, sondern auch wegen der diktatorischen
Bedingungen des Internationalen Olympischen Komitees.
Gegen Olympische Spiele in Berlin sind noch mehr und sehr gewichtige
Argumente vorzutragen: Sie sind vor allem der Versuch, die historische Last
vergessen zu machen. Mit dem Kürzel „Olympia ’36“ soll künftig nichts
historisch Belastetes mehr assoziiert werden.
14 Apr 2023
## LINKS
[1] /Vorschlag-fuer-Olympia-in-Berlin/!5758911
[2] /Olympia-1936-in-Berlin/!5322416
## AUTOREN
Martin Krauss
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