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# taz.de -- Schulden eintreiben bei Otto: Extra kassieren gilt nicht
> Bei Inkassoverfahren der Otto-Gruppe sollen fiktive Kosten auf
> Schuldner:innen abgewälzt worden sein. Klage der Verbraucherzentrale
> hat Chancen.
Bild: Viele Firmen hinter einer Fassade: Otto
Hamburg taz | „Fiktive Kosten“ soll ein Tochterunternehmen der Otto-Gruppe
in Form von Inkassogebühren auf Schuldner:innen abgewälzt haben. Eine
entsprechende Klage der Verbraucherzentrale (Bundesverband) hat am
Donnerstag das Hanseatische Oberlandesgericht in Hamburg verhandelt. In der
Tendenz gab das Gericht zu verstehen, dass es der Klage wohl stattgeben
werde.
Die Verbraucherzentrale hatte bereits 2021 im Namen von fast 700
[1][Verbraucher:innen eine Musterfeststellungsklage] gegen die Firma
EOS- Investment eingereicht. Dabei handelt es sich um ein
Tochterunternehmen des Versandhauskonzerns Otto.
Die EOS-Investment vermittelt zwischen Gläubiger:innen und
Inkassounternehmen. Sie kauft Gläubigern ihre Forderungen gegenüber
Schuldner:innen ab. EOS-Investment leitet die Forderungen dann an ein
Inkassounternehmen weiter. In diesem Fall handelt es sich dabei um eine
weitere Otto-Tochter: die EOS-Deutscher Inkasso-Dienst. Diese Otto-Tochter
fordert dann das Geld von den Schuldner:innen ein und verlangt dafür
eine Inkassogebühr von EOS-Investment.
EOS-Investment zahlt also ihrer eigenen Schwesterfirma eine Gebühr dafür,
dass sie [2][Inkasso-Forderungen für sie eintreibt]. Diese Gebühr muss
letztlich von den eigentlichen Schuldner:innen bezahlt werden – neben
dem geschuldeten Betrag und Mahngebühren. Soweit entspricht das dem
klassischen Vorgang, wenn Kund:innen Rechnungen nicht begleichen, dadurch
zu Schuldner:innen werden und ein Inkasso-Unternehmen beauftragt wird.
## Theoretische Schuld
Der Knackpunkt steckt in einem Vertrag zwischen den beiden
Schwesterunternehmen. In diesem ist geregelt, was passiert, wenn
Schuldner:innen ihre Schulden und damit auch die Inkassogebühr nicht
begleichen. Dann würde EOS-Investment theoretisch ihrem
Schwester-Unternehmen die Inkassogebühr schulden. Das ist aber nur
theoretisch der Fall. Praktisch verfallen die Forderungen nach 30 Jahren,
so steht es im Vertrag.
Damit, so hält es das Gericht fest, trägt EOS-Investment zu keinem
Zeitpunkt ein Risiko. „Es ist kein Fall denkbar, bei dem der Musterbeklagte
(Anm. d. Redaktion: EOS- Investment) auf den Kosten sitzen bleibt“, sagte
die Vorsitzende Richterin Stephanie Zöllner. Eine Forderung, die nie
bezahlt werden müsse, könne auch nicht eingefordert werden.
Als Gebühren dürften nur tatsächlich entstandene Kosten in Rechnung
gestellt werden, sagte Zöllner. Diese vertragliche Regelung wird
voraussichtlich zu einer Entscheidung des Gerichts zugunsten der Kläger
führen.
Die Klage der Verbraucherzentrale beruft sich außerdem auf ein Gesetz,
wonach verbundene Unternehmen keine Rechtskosten untereinander erheben
dürfen. Der Vorwurf lautet hierbei, dass beide Schwestern ihren Gewinn an
den Otto-Mutterkonzern abführen. Salopp gesagt: Das eingenommene Geld
fließt [3][am Ende ohnehin in die Tasche der Otto-Gruppe] und trägt somit
zu deren milliardenschwerem Umsatz bei. 2021/22 waren das 16,1 Milliarden
Euro.
Dem Gericht trug das angeklagte Unternehmen vor, dass die
Gewinn-Abführungsverträge irrelevant seien, da beide Unternehmen rechtlich
unabhängig voneinander seien. Die Erhebung von Gebühren sei zu dem
„marktüblich“ und es dürfe daher nicht dazu kommen, dass manche
Schuldner:innen „besser gestellt“ würden.
Das Oberlandesgericht wird am 15. Juni sein Urteil fällen. Eine
Entscheidung zugunsten der Verbraucherschützer scheint nach den
Ausführungen der Vorsitzenden Richterin wahrscheinlich.
„In erster Linie profitieren an der Klage beteiligte Verbraucher von der
Entscheidung des Gerichts“, sagte [4][Patrick Langer von der
Verbraucherzentrale] nach der Verhandlung. Er sei sehr zufrieden mit deren
Verlauf und sehe die Hinweise des Gerichts zugunsten des
Verbraucherschutzes als „schöne Bestätigung“. Von dem Urteil erhofft er
sich, dass „grundsätzliche Rechtsfragen“ geklärt würden und das es auch …
andere Fälle ausstrahle.
Die angeklagte EOS-Investment wird in den nächsten Wochen zu der Begründung
des Gerichts Stellung nehmen. Zufrieden ist sie mit dem absehbaren Urteil
nicht: „Wir teilen die Rechtseinschätzung des Gerichts nicht und halten die
Klage weiterhin für unbegründet“, teilte Daniel Schenk, Sprecher des
Unternehmens mit.
14 Apr 2023
## LINKS
[1] /Sammelklagen-sollen-moeglich-werden/!5880158
[2] /Energiekrise-in-Berlin/!5877891
[3] /Namensstreit-vor-Entscheidung/!5516342
[4] https://www.vzbv.de/
## AUTOREN
Mona Rouhandeh
## TAGS
Justiz
Verbraucherschutz
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Verbraucherschutz
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