| # taz.de -- Die Wahrheit: Die geheime Tür im Schlafzimmer | |
| > Was könnte nicht alles in einem Extraraum aus einem Extratraum | |
| > untergebracht werden? Müllhalde, Schuhlager oder Tikibar? Aber das machen | |
| > ja alle … | |
| Manchmal träume ich, eine Tür direkt neben meinem Schlafzimmer zu | |
| entdecken, die mir früher nie aufgefallen war, und dahinter befände sich | |
| ein neues Zimmer. Ein leerer, nicht allzu großer Raum, den ich allein | |
| bespielen dürfte. | |
| Das wäre so schön! Ich bleibe dann liegen und male mir aus, was man mit dem | |
| Zimmer anstellen könnte. Müllhalde, weiteres Schuhlager oder Tikibar sind | |
| zu offensichtlich, das machen alle. Etwas pfiffiger wäre es, das neue | |
| Extrazimmer zu einem Bügelraum umzugestalten – nicht dass ich gern bügele, | |
| aber ich finde kaum etwas kontemplativer als das sanfte „Pfffffff!!“ | |
| sogenannter Bügelpuppen, Hemdbügelautomaten mit Dampffunktion, die Hemden | |
| von innen aufblasen, sodass sie aussehen wie ein Polizist auf | |
| Verkehrsposten an der Kreuzung oder wie George Harrison auf dem | |
| „Help“-Cover. Das einzige Problem ist, dass ich kaum Hemden besitze und | |
| nicht sicher bin, ob es arbeitsrechtlich illegal ist, unentgeltlich und aus | |
| reiner Gaudi anderer Menschen Hemden zu dampfbügeln. | |
| Den neuen Extraraum könnte man dennoch praktisch nutzen, nämlich als | |
| Beatles-Puzzle-Zimmer – mittlerweile besitze ich mehr Beatles-Puzzle als | |
| alle Beatles-Museen zusammen, weil mir Fremde und Bekannte seit Jahren ihre | |
| unvollständigen Beatles-Puzzles rüberschieben. Ich bräuchte nur einen | |
| kleinen Tisch für das aktuelle Puzzle und Rahmen, um die fertigen an die | |
| Wand zu hängen. Die Idee ließe sich sogar ausweiten durch einen | |
| Fehlende-Beatles-Puzzle-Teile-Service im Zimmer, Ravensburger versendet | |
| nämlich Ersatz erst bei Puzzles ab 9.000 Teilen. Und ich schneide gern mit | |
| der Nagelschere an Pappstückchen herum. Allerdings wirkt so etwas auf einer | |
| Visitenkarte doch ein bisschen zu unglamourös. | |
| Wenn die Zimmerwände ex-trem hoch wären, könnte man jedoch einen | |
| Zwischenboden einziehen und eine Bibliothek hineinbauen. Vorbild wäre etwa | |
| die Bodleian Library in Oxford, oder die Buchsammlung des Trinity College | |
| in Dublin, zu der auch das „Book of Kells“ gehört, eine überragend | |
| illustrierte, vor den Wikingereinfällen gerettete Handschrift aus dem | |
| achten Jahrhundert, von der jeden Tag nur zwei Seiten aufgeschlagen und | |
| ausgestellt werden dürfen, damit das Papier angesichts der | |
| Touristenschnappatmung und des Stadtsmogs nicht zu Staub verfällt. | |
| Ich würde für meine täglich wechselnde Ausstellung selbstverständlich ein | |
| anderes Buch wählen als die Iren, eher etwas Zugängliches: „Italienreise – | |
| Liebe inbegriffen“ von Barbara Noack zum Beispiel oder mein Lieblingsbuch | |
| „Daddy Langbein“ von Jean Webster. Allerdings befürchte ich, dass meine | |
| Besucher nicht aufhören werden, mir in meine Wahl hineinzureden: „Wieso | |
| stellst du nicht ‚Darm mit Charme‘ aus!?“, „Kennst du Virginia Woolf?�… | |
| auf derlei Gespräche habe ich keine Lust. Es ist schließlich ein Zimmer für | |
| mich allein. | |
| 6 Apr 2023 | |
| ## AUTOREN | |
| Jenni Zylka | |
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