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# taz.de -- Straßensperrung für Marketing-Messe: Anwohner*innen not amused
> Hamburg sperrt für die Messe „Online-Marketing-Rockstars“ für vier Tage
> eine Hauptverkehrsstraße. Nun gibt es Ärger mit Politiker- und
> Anwohner*innen.
Bild: Unwohlsein mit der Hamburger Messe „Online Marketing Rockstars“: 2019…
Hamburg taz | Wenn Anfang Mai Tausende Werbeleute, Influencer*innen
und Start-up-Visionär*innen durch das Hamburger Karolinenviertel flanieren,
treffen sich die sogenannten „Online-Marketing-Rockstars“ (OMR) zum
Festival in der Stadt. In seiner elften Ausgabe kommt das Festival mit
einer Neuerung daher: Rund um das Marketingevent soll die durch das
Messegelände führende Karolinenstraße für vier Tage gesperrt und damit Teil
der Veranstaltungsfläche werden.
Nach Aussage der Festivalorganisator*innen sei die Straßensperrung
notwendig, um die OMR sicher zu realisieren. „Die Besucherströme sollen auf
dem Messegelände entzerrt werden, indem der Skywalk, der die Messebereiche
A und B in der ersten Etage miteinander verbindet, entlastet wird“, heißt
es von der OMR. Dabei berufen sich die Organisator*innen auf ein
Gutachten, das festgestellt habe, die Glasröhre oberhalb der
Karolinenstraße reiche allein nicht aus, um die erwarteten 70.000
Messegäste wie noch im Vorjahr zu überführen.
Von der geplanten Vollsperrung der viel befahrenen Karolinenstraße, die
auch Fußgänger*innen betreffen soll, erfuhren Anwohnende des
Karolinenviertels und der Bezirk Hamburg-Mitte allerdings erst, als die
Polizei die Sperrung bereits genehmigt hatte. Dieses Vorgehen entsetzt
Theresa Jakob, Fraktionsvorsitzende der Linken in der Bezirksversammlung
Hamburg-Mitte: „Wenn die OMR die Sondernutzung der Flächen für Foodtrucks
nicht beim Bezirk hätte beantragen müssen, hätten wir bis heute nicht von
der Straßensperrung und den damit verbundenen Einschränkungen erfahren.“
Wäre der Bezirk frühzeitig mit eingebunden worden, hätten
Alternativlösungen diskutiert werden können, statt die Karolinenstraße
zeitweilig zu „privatisieren“, so Theresa Jakob weiter.
Auch der Quartiersbeirat Karoviertel, dem Jakob ebenfalls angehört, ist
empört über die Pläne der OMR. Er verweist auf Alternativen zur
Straßensperrung: Es gibt einen Tunnel, über den Teilnehmer*innen des
Marketing-Festivals von der einen in die andere Messehalle gelangen
könnten. Zudem könne zusätzlich zum Skywalk eine provisorische Brücke
errichtet werden, wie sie etwa beim Marathon eingesetzt werde.
## Freier Eintritt für Anwohnende
Laut OMR sind verschiedene Möglichkeiten in Zusammenarbeit mit der Stadt
Hamburg bewertet worden, um Einschränkungen für Nachbarschaft und Verkehr
gering zu halten. Für Fußgänger*innen will die OMR einen
Shuttle-Service einrichten. Zudem sollen Anwohnende nach Aussagen der
Messe-Organisator*innen die Möglichkeit erhalten, das
[1][Marketingfestival] kostenfrei zu besuchen.
Für alle anderen, die sich zu Fuß zwischen Karolinenviertel und Univiertel
bewegen möchten, aber nicht im Gebiet wohnen, wird der Zugang in den vier
Tagen der Vollsperrung teuer: Die Tickets für das selbsternannte
Klassentreffen der deutschen Start-up-Szene kosten in diesem Jahr 399 Euro.
Wer noch exklusivere Informationen über aufkommende Trends und als
zukünftig relevant gehandelte Player in der Marketingwelt erhalten möchte,
muss 799 Euro zahlen. Für alle, die sich das nicht leisten können oder
wollen, verdreifacht sich die Wegezeit zu Fuß, wie der Quartiersbeirat
skizziert.
Der Quartiersbeirat Karoviertel warnt, die geplante Straßensperrung und die
damit einhergehende temporäre Privatisierung des öffentlichen Raumes rund
um die OMR dürfe nicht zum Präzedenzfall für zukünftige Veranstaltungen
werden.
Aus Sicht der Stadt Hamburg ist das OMR-Festival ein echter Gewinn. Während
[2][Teile der ansässigen Medienbranche straucheln], bringt die Digitalmesse
die Hansestadt ins Scheinwerferlicht der nationalen wie internationalen
Werbe- und [3][Kreativwirtschaft]. Selbst Hamburgs Bürgermeister Peter
Tschentscher, der nicht für Gefühlsausbrüche bekannt ist, inszeniert sich
als Fan der Messe. Bei seinem Messebesuch im vergangenen Jahr zeigte sich
der SPD-Politiker so begeistert, dass er prompt ein OMR-Erinnerungsfoto mit
zwei seiner Brüder auf seinen Social-Media-Kanälen postete.
## Gespräche erst, wenn alles vorbei ist
Auch die OMR-Veranstalter*innen bekennen sich zu Hamburg: „OMR versteht
sich als Hamburger Unternehmen und fühlt sich den Hamburger*innen eng
verbunden“, teilt das Presseteam mit. Startete das Marketing-Festival im
Jahr 2011 noch mit etwa 200 Besucher*innen in den Räumen der nahe
gelegenen Bucerius Law School, wuchs der Andrang von Jahr zu Jahr, sodass
die OMR stetig in größere Räumlichkeiten umziehen musste.
Nicht nur in Sachen Größe hat das Digitalfestival die Königsklasse
erreicht. Im vergangenen Jahr hatte OMR-Mitgründer [4][Philipp Westermeyer]
die Hollywoodgrößen [5][Quentin Tarantino und Ashton Kutcher auf der
Talkbühne begrüßt]. In diesem Jahr werden neben etwa 200 weiteren
Sprecher*innen die Ex-Tennisspielerin Serena Williams und die
Fitness-Influencerin Pamela Reif erwartet.
Anfang Juni, wenn die Digitalmesse einen Monat her sein wird, wollen sich
die OMR-Veranstalter*innen mit dem Quartiersbeirat Karoviertel erneut
zusammensetzen, um rückwirkend über Gelingen und Güte des
Veranstaltungskonzeptes zu diskutieren. Der OMR seien die Beziehungen zur
Nachbarschaft eben wichtig. Zumindest sobald ihr Klassentreffen vorbei ist.
28 Mar 2023
## LINKS
[1] https://omr.com/de/
[2] /Kultursenator-ueber-Ausverkauf-von-GJ/!5916725
[3] /Kreativwirtschaft/!t5044694
[4] /Magazine-fuer-B-Promis/!5593389
[5] /Onlinemarketing-Sause-in-Hamburg/!5852071
## AUTOREN
Nina Nevermann
## TAGS
Marketing
Hamburg
Messe
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Digitalisierung
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Philipp Westermeyer haben schon ein Heft. Wir hätten da noch ein paar
Ideen.
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