| # taz.de -- Russlands Krieg gegen die Ukraine: Furcht vor einem zweiten Bachmut | |
| > Awdijiwka unweit von Donezk ist permanent Ziel russischer Angriffe. Nur | |
| > noch wenige leben dort. Wird die Stadt bald ganz umzingelt? | |
| Bild: Heftige Gefechte am 17. März in der Stadt Awdijiwka | |
| Berlin taz | „Evakuierungen sind ein schmerzhaftes Thema für uns“, sagt | |
| Oleksiy Sawkewitsch. Zwar seien sie nach wie vor möglich, doch könne nur | |
| noch eine Straße genutzt werden – die allerdings ständig beschossen werde. | |
| Freiwillige Helfer wie Sawkewitsch nutzen sie dennoch – irgendwie müssen | |
| sie ja zu den Menschen gelangen, um sie aus Awdijiwka zu retten. Denn die | |
| Stadt im Osten der Ukraine droht zu einem zweiten Bachmut zu werden, einer | |
| Stadt also, um die heftig gekämpft wird – und wo entsprechend viel [1][Leid | |
| und Zerstörung] zurückbleiben. | |
| Laut offiziellen Angaben leben noch etwa 1.900 Menschen in Awdijiwka. Vor | |
| [2][dem russischen Überfall im Februar 2022] waren es rund 32.000. Dabei | |
| dauert der Krieg mit Russland hier schon seit neun Jahren an, denn die 2014 | |
| besetzte Großstadt Donezk ist nur ungefähr 15 Kilometer entfernt. Seither | |
| ist Awdijiwka ukrainische Frontstadt, die unter andauerndem Beschuss steht. | |
| Allerdings gelang es der ukrainischen Armee mit der Zeit, die | |
| Verteidigungsanlagen entlang der Frontlinie deutlich auszubauen. Deshalb | |
| ist es den Besatzern bis heute nicht gelungen, die ukrainische Garnison von | |
| hier zu verdrängen und die Stadt einzunehmen. Für jene, die in Awdijiwka | |
| zurückgeblieben sind, ist das Leben beschwerlich: Seit einem Jahr gibt es | |
| kein Wasser, Strom und Gas. | |
| Erst am Montag hatte Witali Barabasch, Leiter der militärisch-zivilen | |
| Verwaltung von Awdijiwka, die Bewohner noch einmal aufgefordert, sich | |
| evakuieren zu lassen. „Es ist bedauerlich, das zuzugeben, aber Awdijiwka | |
| gleicht immer mehr einer Stadt aus apokalyptischen Filmen“, sagte er. Die | |
| Stadt befindet sich nun im „roten Bereich“, was bedeutet, dass Freiwillige | |
| und Medienvertreter ab sofort keinen Zugang mehr haben. Auch die | |
| verbleibenden Angestellten der Stadtwerke sollten evakuiert und der | |
| Mobilfunk abgeschaltet werden. | |
| ## „Eine schwierige Entscheidung“ | |
| „Dies ist eine schwierige Entscheidung“, aber es gebe keinen anderen | |
| Ausweg, erklärte er. Laut Barabasch sei die Versorgungsbasis in den | |
| vergangenen Tagen zweimal beschossen worden. Unter den Beschäftigten der | |
| Stadtwerke gab es Tote und Verletzte. Die Abschaltung des Mobilfunks | |
| begründete er mit Sicherheitsgründen. Der Mobilfunkmast steht neben einer | |
| Versorgungsabteilung, die diesen über Generatoren mit Strom versorgt. | |
| Anwohner kämen dorthin, um zu telefonieren und ihre Geräte aufzuladen. Eine | |
| tödliche Gefahr: Oft wird gezielt auf Menschenansammlungen geschossen. | |
| Aufgrund der Unmöglichkeit, die Stadt direkt zu betreten, beschloss die | |
| russische Armee, das von ihnen in Bachmut angewendete Szenario zu | |
| wiederholen: die Stadt also zu umzingeln und die Versorgungswege zu | |
| unterbrechen. Im Moment ist Awdijiwka zur Hälfte eingekreist. Für die | |
| Russen ist die Eroberung der Stadt taktisch viel wichtiger als die | |
| Eroberung von Bachmut. Da sich die Awdijiwka-Garnison nahe Donezk befindet, | |
| ist die russische Strategie, die Frontlinie so weit wie möglich von Donezk | |
| zurückzudrängen. Damit sollen die dort befindlichen Militäranlagen und die | |
| Logistik geschützt werden, welche die wichtigsten Angriffsziele der | |
| ukrainischen Armee darstellen. | |
| Da dieses Ziel während einer Bodenoperation kaum zu erreichen ist, besteht | |
| die russische Taktik darin, die Stadt aus der Luft zu zerstören, damit die | |
| Ukrainer sie nicht länger als befestigtes Gebiet nutzen können. Vor einigen | |
| Wochen haben russische Truppen mit massiven Luftangriffen begonnen. Während | |
| dieser Zeit wurde mehr als ein Dutzend zivile Gebäude in der Stadt | |
| zerstört. Alle sind Objekte der Infrastruktur – mehrstöckige Wohngebäude, | |
| Schulen und kommunale Einrichtungen. In einigen dieser beschädigten Gebäude | |
| leben immer noch Menschen. „Jeden Tag müssen wir Menschen dazu überreden, | |
| sich evakuieren zu lassen“, sagte Barabasch. Doch viele weigerten sich – | |
| trotz der unmenschlichen Bedingungen. | |
| Dass Awdijiwka jetzt zum „roten Bereich“ gehört, kann der Freiwillige | |
| Sawkewitsch verstehen, obwohl er noch nicht weiß, wie sich das auf sein | |
| Engagement auswirken wird. „Bisher haben wir genügend humanitäre Hilfe in | |
| die Stadt gebracht. Die Menschen sind versorgt“, sagt er. Fragt sich, wie | |
| lange noch. | |
| Aus dem Russischen Barbara Oertel | |
| 28 Mar 2023 | |
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| ## AUTOREN | |
| Anastasia Magasowa | |
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