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# taz.de -- Die Wahrheit: Münster, wie es singt und kracht
> Was ist eigentlich in der Metropole an der Aa los? Exklusive Infos aus
> dem wie immer gut informierten Presseamt nach einer Geisterbahnfahrt.
Bild: Arbeitet Münsters ehemalige Bürgermeisterin jetzt als Gespenst in der G…
Endlich gibt es auch ein „Münster-Syndrom“. Endlich – und das neben den
bereits weltberühmten Jerusalem-, Stockholm- und Paris-Syndromen! Die
beschauliche kleine Stadt an der Aa darf sich jetzt laut exklusiven
Informationen aus dem Münsteraner Presseamt rühmen, alle paar Jahre ein
paar Einheimische derart zu verwirren, dass diese eine kurzfristige
Psychose entwickeln, während der sie sich für den gefürchteten Wiedertäufer
Bernd Knipperdolling oder die nicht minder gefürchtete ehemalige
SPD-Oberbürgermeisterin Marion Tüns halten. Tüns soll sich anno 1994 einmal
beim Friseur vorgedrängelt haben.
Zuerst aufgetreten ist das „Münster-Syndrom“ am 11. Februar 2023. Damals
wurde der Münsteraner Verleger Roland T. (der vollständige Name Roland
Tauber ist dem Presseamt bekannt) im Rahmen einer Geisterbahnfahrt derart
heimgesucht, dass er sich noch tagelang später schaumspuckend und jammernd
auf dem Boden einer Rollschuhbahn wälzte. Seiner Begleiterin Corinna S.
(vollständiger Name dem Presseamt leider nicht ganz bekannt) ging es fast
ebenso.
Die beiden Besessenen sollen sich der Überlieferung zufolge erbittert
darüber gestritten haben, wer Tüns sein muss und wer Knipperdolling sein
darf. Augenzeugen berichten, die beiden Kontrahenten hätten einander damit
gedroht, sich gegenseitig auf dem Prinzipalmarkt öffentlich mit glühenden
Zangen zu foltern. Außerdem sollen sie verdorrte Hände gen Himmel gereckt
und die Stadtmauer besudelt haben, dafür gibt es allerdings keine
Augenzeugen.
## Gesänge nach Humpen
Des Weiteren wird von Ohrenzeugen berichtet, die Beschuldigten hätten nach
mehreren Humpen Pinkus-Pils Gesänge angestimmt und während eines
Automatenspiels in der Südstraße laut geflucht. Professor Doktor Hartmut
Sandbaumhüter von der Universitätsklinik zu Münster steht noch vor einem
Rätsel, ist aber guter Hoffnung, jenes bald zu lösen, wie er jüngst dem
örtlichen Presseamt verriet: „Es scheint sich bei dem Leiden der beiden
Betroffenen um das bisher unbekannte ‚Münster-Syndrom‘ zu handeln, bei dem
Einheimische eine kurze Psychose entwickeln, während der sie sich wahlweise
für Bernd Knipperdolling oder Marion Tüns halten. Das ist aber noch nicht
hinlänglich erforscht.“
Es gelte aber jetzt schon als sicher, dass die Stadt Münster ihre
eingeborenen Einheimischen immer wieder so verwirre, dass sich mindestens
zwei Leute pro Jahr in eine Psychose begäben, die sie hinterher nicht mehr
adäquat beschreiben könnten. „Ich werde das darob“, so Sandbaumhüter
weiter, „in meiner neuesten Arbeit über Funktion und Nutzen von Psyche und
Gehirn ‚Münster-Syndrom‘ nennen. Das wird aber möglicherweise
wissenschaftlich nicht anerkannt werden.“
Andere Gerüchte sagen, dass ein gewisser Cherusker namens Hermann seine
zweifelhaften Finger bei der ganzen unangenehmen Angelegenheit im Spiel
gehabt habe, doch den konnte die Polizei bisher nicht ausfindig machen.
Zivilbürger werden davor gewarnt, den Cherusker bei Sichtung als Anhalter
mitzunehmen oder auf eigene Faust festzusetzen, denn er ist bewaffnet.
Des Weiteren gibt das Münsteraner Presseamt hiermit noch bekannt, dass es
sehr wahrscheinlich in den nächsten Tagen in und um Münster regnen oder
schneien wird. Und wenn beides passiert, ist Sonntag. Oder die Glocken
läuten.
29 Mar 2023
## AUTOREN
Corinna Stegemann
## TAGS
Münster
Kirmes
Psyche
Kolumne Die Wahrheit
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Ernährung
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Märchen
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