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# taz.de -- Korruption und Justiz in Argentinien: 1.600 Seiten gegen Kirchner
> Ausführlich begründet ein Gericht die Verurteilung von Argentiniens
> Vizepräsidentin zu sechs Jahren Haft. Die Regierung hält das für rein
> politisch.
Bild: Cristina Kirchner wurde zu sechs Jahren Haft wegen Korruption verurteilt,…
Buenos Aires taz | Argentiniens Justiz hat die Begründung des Urteils gegen
Vizepräsidentin Cristina Kirchner wegen Korruption veröffentlicht. Am
Donnerstag veröffentlichten die drei Richter des Zweiten Bundesgerichts in
Buenos Aires ihre Argumente auf mehr als 1.600 Seiten. „Wir haben es mit
einem Akt staatlicher Korruption zu tun, der die Legitimität der
öffentlichen Institutionen, die Gesellschaft, die moralische Ordnung und
die Gerechtigkeit sowie die umfassende Entwicklung der Völker untergräbt“,
schreiben die Richter.
Cristina Kirchner war am 6. Dezember zu sechs Jahren Haft [1][verurteilt]
worden. Darüber hinaus verhängte das Gericht ein lebenslanges Verbot,
öffentliche Ämter zu bekleiden. Von den zwölf Mitangeklagten wurden acht
ebenfalls zu langen Freiheitsstrafen verurteilt, vier wurden
freigesprochen. Das Urteil wird jedoch erst dann rechtskräftig, wenn alle
Instanzen durchlaufen sind.
In dem öffentlichen Verfahren ging es um 51 Straßenbauprojekte in der
Provinz Santa Cruz, deren Aufträge vor allem die Baufirma Austral
Construciones des Unternehmers Lázaro Báez in den Jahren von 2003 bis
2015 von den damaligen Kirchner-Regierungen erhalten hatte. Dabei ging es
um umgerechnet fast 1 Milliarde Euro. Báez wurde zu einer [2][sechsjährigen
Haftstrafe] verurteilt.
Die Beteiligung von „Mitgliedern der höchsten Ebene der Exekutive, der
nationalen Straßenbehörde und der Straßenverwaltung der Provinz Santa Cruz
in Absprache mit einem Bauunternehmer“ sei erwiesen. „Das Ausmaß des hier
untersuchten kriminellen Unternehmens erforderte eine hervorragende Planung
und Raffinesse, wobei verschiedene Verwaltungsebenen mit demselben Ziel
handelten“, schreiben die Richter. Ziel war ein „wirtschaftlicher Nutzen
sowohl für den Unternehmer als auch für die eheliche Partnerschaft der
ehemaligen Präsidenten Néstor Kirchner und Cristina Fernández de Kirchner“.
## Der Weg durch die Instanzen kann Jahre dauern
Kirchners Anwalt Carlos Beraldi hatte einen Freispruch für seine Mandantin
gefordert, da „sie nie eine Weisung in Bezug auf die in diesem Fall
untersuchten Aufträge erteilt hat“. Das bewerteten die Richter anders.
„Kurz gesagt, auch ohne Freundschaft oder formelle Partnerschaft ist der
Gewinn, den Fernández de Kirchner dank Báez erzielt hat, mehr als genug, um
das Zustandekommen einer solchen betrügerischen Operation zu erklären“, so
die Richter.
Diese Feststellung ist für die mögliche Berufung von großer Bedeutung, da
Cristina Kirchner jegliche Geschäftsbeziehungen zu Báez zurückgewiesen
hatte.
Die erste Reaktion der Regierung kam von Innenmister Eduardo de Pedro. „Es
ist ein weiterer Tag der juristischen Verfolgung der Vizepräsidentin, ein
weiterer Tag, an dem die Justiz wieder einmal zeigt, welche Rolle sie
spielt, eine disziplinarische Rolle“, sagte er und spielte damit auf den
Vorwurf des „Lawfare“ an. Lawfare – law und warfare, Gesetz und
Kriegführung – meint die Verfolgung der progressiven linken Regierungen der
Nullerjahre mithilfe einer politisierten Justiz und der rechten Medien.
Die Staatsanwaltschaft und die Verteidigung haben nun zehn Tage Zeit, ein
Berufungsverfahren zu beantragen. Auch von der Anklage wird erwartet, dass
sie Berufung einlegen wird. Die Staatsanwaltschaft hatte eine Strafe von
zwölf Jahren Haft für Cristina Kirchner beantragt, da sie nach ihrer
Auffassung als Chefin einer illegalen Vereinigung handelte. Dieser
Anklagepunkt war von den Richtern mehrheitlich verworfen worden.
Der Gang durch die Instanzen könnte mehrere Jahre dauern. Deshalb steht
Cristina Kirchner bei den im Oktober anstehenden Präsidentschaft- und
Kongresswahlen offen, für jedes Amt zu kandidieren. Sollte das Urteil am
Ende bestätigt werden, müsste Cristina Kirchner dennoch nicht ins
Gefängnis. Am 19. Februar wurde sie 70 Jahre alt und kann aus Altergründen
nur unter Hausarrest gestellt werden.
9 Mar 2023
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## AUTOREN
Jürgen Vogt
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