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# taz.de -- Energiewende in Schleswig-Holstein: Gericht kippt Kieler Windkraftp…
> Unsicherheit beim Windkraft-Ausbau in Schleswig-Holstein:
> Verwaltungsrichter erklären Regionalplan wegen Verwaltungspanne für
> ungültig.
Bild: Nebulöse Aussichten nach dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts: Windrä…
Hamburg taz | Es ist ein schwerer Schlag für den Windkraftausbau in
Schleswig-Holstein: Das Oberverwaltungsgericht Schleswig hat die
Regionalplanung für den nördlichen Teil des Bundeslandes mit Blick auf die
Windenergie für unwirksam erklärt. Grund dafür ist, dass darin zwei
Landschaftsschutzgebiete vorkommen, die für Windräder tabu wären. Diese
Schutzgebiete sind aber gar nicht gültig.
Schleswig-Holstein war lange Zeit führend unter den Bundesländern, was den
Ausbau der Windenergie anging. Dem wurde [1][2015 ein schwerer Dämpfer
versetzt, als das Oberverwaltungsgericht die damaligen Regionalpläne
kippte]. Um einen Wildwuchs zu verhindern, verhängte das Land daraufhin ein
Moratorium für Neubauten. Jahrelang wurden neue Anlagen nur in
Ausnahmefällen genehmigt. Die Zahl der Neubauten brach dramatisch ein und
zieht erst langsam wieder an.
Die neuen Regionalpläne gelten seit Ende 2020. Sie bestimmen 344 Gebiete,
auf denen Windenergie Vorrang hat. Es geht um eine Fläche von rund 32.000
Hektar – rund zwei Prozent der Landesfläche. Die Pläne sind jedoch vielfach
vor Gericht angefochten worden.
Das aktuelle Urteil gibt der Normenkontrollklage einer Projektgesellschaft
statt, der verwehrt worden war, im nördlichen Kreis Schleswig-Flensburg ein
Windrad zu errichten, und die deshalb den Regionalplan insgesamt angriff.
[2][Dieser legt Vorranggebiete für Windenergieanlagen fest.] Zugleich
müssen aber die Grundsätze der Raumordnung beachtet werden, wonach
Landschaftsschutzgebiete freigehalten werden müssen.
## Landkreis ging nicht gegen Urteil vor
Der geltende Regionalplan berücksichtigte die Landschaftsschutzgebiete
„Wiedingharder- und Gotteskoog“ und „Ostenfeld-Schwabstedter Geest mit
vorgelagerter Marsch“ im Kreis Nordfriesland. Die entsprechenden
Schutzgebietsverordnungen des Kreises waren jedoch bereits im Mai 2020
gerichtlich gekippt worden und der Kreis ist nicht gegen diese Urteile
vorgegangen.
„Der Ausschluss dieser beiden Gebiete von der Windkraftplanung hätte
demnach nur nach einer ergänzenden Abwägung erfolgen können“, erklärte das
Gericht. Die habe das Land aber nicht getroffen.
Der festgestellte Fehler betreffe den gesamten Planungsraum I – bestehend
aus den Gebieten der kreisfreien Stadt Flensburg, der Kreise Nordfriesland
und Schleswig-Flensburg, schreibt das Gericht. Denn dadurch habe sich das
Verhältnis der Flächen, auf denen Windräder errichtet werden dürfen oder
eben nicht, insgesamt verändert.
Deshalb könne nicht mit ausreichender Sicherheit angenommen werden, „dass
der Plan mit den übrigen Festsetzungen genauso beschlossen worden wäre“,
teilte das Gericht mit.
## Innenministerin will Begründung abwarten
Die Projektgesellschaft hat mit dem Urteil nur eine erste Hürde überwunden,
weil sie den Regionalplan für den Raum I insgesamt angegriffen hat. In
einem zeitgleich verhandelten Verfahren ist eine
Bürgerwindpark-Gesellschaft deutlich weiter gekommen: Sie hatte vom
Landesamt für Umwelt einen positiven Vorbescheid für eine geplante
Windkraftanlage konkret im Gebiet „Wiedingharder- und Gotteskoog“
beantragt. „Mit der Unwirksamkeit des Regionalplans für den Planungsraum I
stehen diesem Vorhaben keine Ziele der Raumordnung mehr entgegen“, urteilte
das Gericht.
Das Gericht ließ eine Revision des Urteils nicht zu. Schleswig-Holsteins
Innenministerin kündigte an, sie werde die schriftliche Urteilsbegründung
„abwarten und anschließend prüfen, ob wir gegen die heutige Entscheidung
Rechtsmittel einlegen können und werden“. Gegen die Nichtzulassung der
Revision käme eine Beschwerde infrage.
„Bis die Rechtskräftigkeit festgestellt wird, bleibt der Plan vorerst in
Kraft und Windprojekte können weiter in den ausgewiesenen Flächen genehmigt
werden“, sagt Marcus Hrach, Geschäftsführer des Landesverbandes Erneuerbare
Energien (LEE). Kippe der Plan vollends, gebe es keine Sonderregelung für
Windenergie und sie gelte als ganz normales „privilegiertes Vorhaben im
Außenbereich“. Das heißt: Windkraftanlagen könnten gebaut werden, „wenn
öffentliche Belange nicht entgegenstehen und die ausreichende Erschließung
gesichert ist“.
Trotzdem müsse die schwarz-grüne Landesregierung jetzt „schnellstens mit
einer neuen Flächenplanung für die Windenergie beginnen“, fordert Hrach.
Diese müsse rechtssicher sein und tatsächlich bebaubare Flächen für
Windenergieanlagen ausweisen.
## SPD fordert zügige Reaktion
[3][Oppositionsführer Thomas Losse-Müller von der SPD sieht das ähnlich].
Um mehr Rechtssicherheit zu schaffen, müsse die Landesregierung „binnen der
nächsten drei Monate eine neue Windkraftplanung machen“. Unbedingt zu
vermeiden sei Wildwuchs, denn der erzeuge Akzeptanzprobleme. Die jetzige
Windkraftplanung sei an vielen Punkten nicht konkret genug, sodass die
Verwaltung von Fall zu Fall entscheiden müsse. „Eine Abwägung ist aber
immer ein Risiko“, warnt Losse-Müller.
Innenministerin Sabine Sütterlin-Waack (CDU) versichert, die neue Planung
für die gesamte Landesfläche werde bereits vorbereitet und solle im Laufe
der aktuellen Legislaturperiode abgeschlossen werden. Sie soll zusätzliche
Flächen für Windräder ausweisen. [4][Der Koalitionsvertrag halte ohnehin
fest, „dass dabei alle Kriterien mit Ausnahme der Abstände zur Wohnbebauung
auf den Prüfstand gestellt werden]“.
Dringend ist das, weil auch gegen die Windkraftplanungen in anderen
Landesteilen Klagen und Normenkontrollanträge laufen. Am 6. Juni 2023 wird
sich das OVG mit einer Klage der Gemeinde Krummbek (Kreis Plön) im
Planungsraum II befassen. Diese moniert, dass ein Windkraft-Vorranggebiet
zu nah an ihr Gemeindegebiet heranreiche und ihre eigene Planungshoheit
verletze.
Und eine private Klägerin wendet sich dagegen, dass ihre im Kreis
Rendsburg-Eckernförde gelegenen Grundstücke nicht für Windkraft vorgesehen
sind, obwohl sie in der Nähe einer Potenzialfläche liegen. Danach hat das
Gericht noch über 43 Normenkontrollanträge und zwei Klagen für den
Planungsraum III, das südliche Schleswig-Holstein, zu entscheiden.
24 Mar 2023
## LINKS
[1] /Gruene-Energie-in-Schleswig-Holstein/!5849185
[2] /Repowering-und-alte-Windkraftanlagen/!5914176
[3] /Losse-Mueller-ueber-SPD-Spitzenkandidatur/!5792697
[4] https://sh-gruene.de/blog/2022/06/22/koalitionsvertrag/
## AUTOREN
Gernot Knödler
## TAGS
Erneuerbare Energien
Energiewende
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