| # taz.de -- Bankenrettung in der Schweiz: Regierung will nicht diskutieren | |
| > Der Schweizer Bundesrat hilft mit 209 Milliarden Franken bei der Rettung | |
| > der Credit Suisse. Das Parlament wird nicht gefragt. | |
| Bild: Einsamer Protest vor der Credit Suisse Konzernzentrale am Montag in Züri… | |
| Berlin taz | Der Tenor in den Kommentarspalten der Schweizer Presse und auf | |
| Twitter ist eindeutig: ein ordnungs- und demokratiepolitisches Desaster. | |
| Die Schweizer Regierung, der Bundesrat, hatte am Sonntag verkündet, bei der | |
| [1][Rettung der Großbank Credit Suisse] mit Garantien behilflich zu sein. | |
| Nun übernimmt die zweite Schweizer Großbank UBS die CS für 3 Milliarden | |
| Franken. Kurz zur Erinnerung: Die UBS hatte selbst 2008 auf der Höhe der | |
| Finanzkrise vom Staat gerettet werden müssen. Im Nachklang verschärfte die | |
| Schweiz die Regularien für die Banken: „Too big to fail“ sollte der | |
| Vergangenheit angehören. | |
| Diese Regeln sahen neben einer höheren Eigenkapitalpflicht für die | |
| Geldhäuser vor, dass eine Bank im Krisenfall zerlegt wird. Das aber geht | |
| nicht bei einer der weltweit größten Banken wie der CS. Finanzministerin | |
| Karin Keller-Sutter und der Chef der Schweizer Nationalbank SNB | |
| verteidigten am Sonntag deshalb [2][die Rettung mit staatlicher Hilfe]: | |
| Eine Zerlegung hätte noch viel größere Verwerfungen an den Finanzmärkten | |
| ausgelöst. Nun ist die neue Superbank allerdings erst recht too big to | |
| fail: Der Kapitalwert der Bank übersteigt das BIP des Landes künftig um | |
| fast das Doppelte. Die Regularien, die das Parlament beschlossen hatte, | |
| sind im Krisenfall offensichtlich nicht viel wert. | |
| Bezeichnend ist auch, dass Bundespräsident Alain Berset die Pressekonferenz | |
| auf Englisch adressierte. Die Schweiz hat vier Landessprachen, Englisch | |
| gehört nicht dazu. Auch die Schweizer Presse wartete am Wochenende | |
| vergeblich auf Informationen: Während der mehrtägigen Krisensitzungen | |
| hüllte sich die Regierung in Schweigen. Durchgestochene Informationen | |
| landeten dann bei der Financial Times und Bloomberg. Die globale Finanzwelt | |
| ist offenbar das Publikum, das man informieren will – so die wahrgenommene | |
| Botschaft. Das wirkte auf viele Bürger:innen abgehoben. | |
| Der Bund sprach der UBS für den Kauf eine Garantie von 9 Milliarden Franken | |
| aus, falls im Keller der CS noch unangenehme Altlasten warten sollten. Dazu | |
| kommt eine Liquiditätshilfe von bis zu 200 Milliarden Franken, die je zur | |
| Hälfte die Nationalbank und der Bund leisten sollen. Das sind insgesamt 209 | |
| Milliarden Franken – ein Viertel des jährlichen Bruttoinlandprodukts der | |
| Schweiz. | |
| Das hat die Schweizer Regierung ohne Debatte im Parlament durchgedrückt – | |
| mit Rückgriff auf Notrecht nach Artikel 184 und 185 der Bundesverfassung. | |
| Die räumen der Bundesregierung erweiterte Rechte ein, „wenn es die Wahrung | |
| der Interessen des Landes erfordert“ oder um „unmittelbar drohenden | |
| schweren Störungen der öffentlichen Ordnung oder der inneren oder äußeren | |
| Sicherheit zu begegnen“. | |
| Der Finanzsektor in der Schweiz ist so aufgebläht, dass dessen Interesse | |
| offenbar deckungsgleich mit den Interessen des Landes ist. Für die | |
| Schweizer:innen, die viel von direkter Demokratie halten, ist das schwer zu | |
| schlucken: An vier fixen Terminen pro Jahr wird im Nachbarland in | |
| Volksentscheiden über alles von der Rentenreform bis zum Schulbau | |
| mitbestimmt. Bei der Bankenrettung wird aber nun am Parlament vorbei | |
| regiert. | |
| Einen schalen Beigeschmack vermittelt auch, dass die CS 2022 allen Parteien | |
| außer den Sozialdemokraten und den Grünen Spenden in Millionenhöhe zukommen | |
| ließ. Im Oktober wird in der Schweiz das Parlament neu gewählt. Bei der | |
| linken Wochenzeitung WOZ twittert man: „Die Wahl 2023 muss eine Wahl gegen | |
| die Bananenrepublik Schweiz werden.“ | |
| 20 Mar 2023 | |
| ## LINKS | |
| [1] /Bankenkrise-in-der-Schweiz/!5922675 | |
| [2] /Ende-der-Bank-Credit-Suisse/!5920092 | |
| ## AUTOREN | |
| Caspar Shaller | |
| ## TAGS | |
| Bankenkrise | |
| Schweiz | |
| Credit Suisse | |
| GNS | |
| Banken | |
| Credit Suisse | |
| Schwerpunkt Finanzkrise | |
| Zinsen | |
| ## ARTIKEL ZUM THEMA | |
| Finanzexperte Schick zur Bankenkrise: „System ist nicht stabiler als 2008“ | |
| Die Krise ist nicht vorbei, glaubt Finanzexperte Gerhard Schick – auch wenn | |
| sich die Märkte nach der Übernahme der Credit Suisse beruhigt haben. | |
| Ökonom Fratzscher zu Bankenkrisen: „Es ist nicht so besorgniserregend“ | |
| Bankenpleiten in den USA, Rettung einer Credit Suisse: Marcel Fratzscher, | |
| Chef des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung, erklärt die Lage. | |
| Turbulenzen bei Credit Suisse und SVB: Eine neue Krise rückt näher | |
| Die steigenden Zinsen haben aktuelle Turbulenzen in der Bankenbranche | |
| angestoßen. Nun ist bessere Regulierung von Geldinstituten in der EU nötig. | |
| Pleite der Silicon Valley Bank: Angst vor neuer Bankenkrise | |
| Nach dem Kollaps der Silicon Valley Bank (SVB) bangen Start-ups in den USA | |
| und Großbritannien um ihr Geld. An den Märkten wächst die Sorge vor einem | |
| Dominoeffekt. |