# taz.de -- Kinoempfehlungen für Berlin: Psychedelisch in den Frühling | |
> Im Babylon Mitte startet die Filmreihe „Great Britain Greatest“. Die | |
> Hackeschen Höfe beenden den Winter mit der 35mm-Reihe ganz analog mit | |
> Komödien. | |
Bild: „Yellow Submarine“ (GB USA 1968), Regie: George Dunning | |
„All You Need Is Love!“ Äh, und was bitte ist mit Sauerstoff, Wasser und | |
Essen? Zweifellos haben die Beatles im Laufe ihrer Karriere Besseres | |
produziert, doch ihre naive Hymne an die Kraft der Liebe muss man wohl | |
einfach im Kontext der Zeit sehen: 1967 wartete die Welt im Summer of Love | |
auf eine simple „Botschaft“ – für die sich John Lennon ja bekanntlich nie | |
zu schade war. | |
Ein Jahr später fand sein musikalisches Werk dann noch einmal eine | |
Verwendung in dem von der Pop Art inspirierten Zeichentrickfilm „Yellow | |
Submarine“, in dem die Songs der Fab Four die traurigen und fiesen Blue | |
Meanies besiegen und das friedliche Pepperland von ihrer Tyrannei befreien. | |
Neben der spielerischen und fantasievollen grafischen Umsetzung der | |
Beatles-Musik durch Regisseur George Dunning und seinen Art Director Heinz | |
Edelmann besticht der Film mit einer Unzahl von surrealen Einfällen und ist | |
ein schönes Beispiel für die britische Variante der Psychedelia, die auf | |
der Insel letztlich immer eher eine kunterbunte Modeerscheinung als ein | |
tatsächlicher Lebensinhalt war. | |
„Yellow Submarine“ eröffnet offiziell die Filmreihe „Great Britain | |
Greatest“, [1][die bis zum 29. März im Babylon Mitte britische | |
Filmklassiker aus den letzten 100 Jahren zeigt]. Dazu gehören neben | |
wunderbaren Filmen von Michael Powell („The Red Shoes“, „Black Narcissus�… | |
„Peeping Tom“) beispielsweise David Leans nach einem Einakter von Noel | |
Coward entstandenes Drama „Brief Encounter“ (1945) um die unglücklich | |
endende Liebesgeschichte zweier verheirateter Menschen, die sich meist auf | |
einem Bahnhof treffen, wo ihre Züge symbolträchtig in verschiedene | |
Richtungen fahren. | |
Oder auch die britischen Filme von Roman Polanski: „Repulsion“ (1964) ist | |
eine penible Studie des geistigen Verfalls und erzählt von einer | |
Kosmetikerin (Catherine Deneuve), deren Ängste vor Männern und Sex | |
schließlich zu Halluzinationen, Wahn und Mord führt, während „Cul-de Sac“ | |
(1967, mit Deneuves Schwester Françoise Dorléac) absurde Machtspiele und | |
Abhängigkeiten innerhalb einer kleinen Gruppe auf einer abgeschiedenen | |
Insel erkundet (Yellow Submarine, 2. 3., 19.30 Uhr, Brief Encounter, 2. 3., | |
18.15 Uhr, 8. 3., 18.15 Uhr, Repulsion, 4. 3., 22.45 Uhr, Cul-de-Sac, 5. | |
3., 20.30 Uhr, [2][Babylon Mitte]). | |
Heute werden die meisten Filme in Digitalkopien vorgeführt, doch wer aus | |
nostalgischen (oder sonstigen) Gründen gern noch einmal auf analoges | |
Filmmaterial blickt, hat dazu die Gelegenheit in der 35mm-Reihe „Komödien | |
bis zum Frühlingsanfang“ in den [3][Hackesche Höfe Kinos], wo in dieser | |
Woche „Verrückt nach Mary“ (1998) noch einmal das Licht des Kinoprojektors | |
erblickt. | |
Die Regisseure Bobby und Peter Farrelly betten ihre berüchtigt | |
geschmacklosen Gags hier in die Struktur einer absurden romantischen | |
Komödie um das hübsche und liebenswerte All-American-Girl Mary (Cameron | |
Diaz), das von nach ihr geifernden Spinnern und Fieslingen umgeben ist, so | |
dass der trottelige Ted (Ben Stiller), den ein peinliches Missgeschick nach | |
dem anderen beutelt, noch wie der Normalste von allen wirkt. „True love is | |
not nice, true love is not civilised“, singt Jonathan Richman und hat damit | |
ganz recht (3. 3., 22 Uhr, [4][Hackesche Höfe Kin]o). | |
Einen verfallenen Vergnügungspark als Sinnbild für den traurigen | |
Gemütszustand eines kleinen Mädchens zum Thema eines | |
Abenteuer-Animationsfilms für ein Familienpublikum zu machen, ist durchaus | |
gewagt. Doch in „Willkommen im Wunder Park“ funktioniert die Mischung aus | |
Emotion, Komik und Action sehr ansprechend, wenn die kleine June und ihre | |
Tierfreunde versuchen, den von einer dunklen und alles verschlingenden | |
Wolke bedrohten Park mit viel Einsatz zu retten. | |
Die kreative Führungsriege der Produktion stammt aus den USA, technisch | |
umgesetzt wurde der Film jedoch von den Ilion Animation Studios in Spanien, | |
wo man längst das Knowhow für aufwändige Computeranimationen besitzt, die | |
sich in ihrer Ästhetik nicht wesentlich von amerikanischen Filmen | |
unterscheiden (4. 3., 11.30 Uhr, 5. 3., 10.30 Uhr, [5][CinemaxX Potsdamer | |
Platz]). | |
2 Mar 2023 | |
## LINKS | |
[1] https://babylonberlin.eu/programm/festivals/great-britain-greatest | |
[2] https://babylonberlin.eu/programm/festivals/great-britain-greatest | |
[3] https://www.hoefekino.de/filme/verrueckt-nach-mary-29429/ | |
[4] https://www.hoefekino.de/filme/verrueckt-nach-mary-29429/ | |
[5] https://www.cinemaxx.de/kinoprogramm/berlin | |
## AUTOREN | |
Lars Penning | |
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